Neun Filialen schließt das Schuhhaus bis Ende 2024. Wie Geschäftsführerin Nicole Landgraf die Schließung begründet.
SchuhhausErste Landgraf-Filiale schließt im Januar 2024 – Wie es in Siegburg weitergeht
Mit dem Schuhhaus Landgraf zieht sich ein weiteres Traditionsunternehmen aus der Region zurück. Geschäftsführerin Nicole Landgraf hatte am vergangenen Samstag zunächst die insgesamt 78 Angestellten informiert – am Dienstagabend folgte eine Mitteilung an die Medien.
„Für mich war der Gang zur Belegschaft die größte Hürde“, sagt die 45-Jährige im Gespräch mit der Redaktion. Es gebe zahlreiche Mitarbeiter, die das Unternehmen schon ein Leben lang begleiteten. „Am Samstag wusste ich nicht, was kommt. Wenden sich die Leute von mir ab, oder kann ich sogar mit einer Umarmung rechnen?“ Am Ende sei sie auf viel Verständnis gestoßen. Trotz der endgültigen Entscheidung, die sie mit ihrem Bruder Alex für das Familienunternehmen getroffen hat.
Landgraf-Geschäftsführerin kritisiert Verkehrspolitik der Stadt Bonn
Bis zum 31. Dezember 2024 werden alle neun Filialen des Schuhhauses schließen. Damit trifft es außer den Häusern in Bonn, Bornheim und Rheinbach auch das Geschäft in der Siegburger Innenstadt. „Die Entscheidung ist uns überhaupt nicht leichtgefallen, zumal keine wirtschaftlichen Gründe maßgeblich waren“, sagt Landgraf. Ausschließlich persönliche Gründe und äußere Umstände hätten dazu geführt, diesen Schritt zu gehen.
Der Schwerpunkt des Unternehmens habe immer auf dem stationären Einzelhandel gelegen. „Hier haben sich in den vergangenen Jahren grundlegende Dinge verändert“, erklärt die Geschäftsführerin. Die Umsätze im Schuhhandel hätten sich massiv verschoben. 20 Prozent des Umsatzes würden mittlerweile im E-Commerce generiert. Als weiteren Grund für die Aufgabe des Unternehmens führt die 45-Jährige den Personalmangel an. „Selbst wenn wir wollten, könnten wir keine neuen Filialen mehr aufmachen.“ Und auch für verdiente Mitarbeiter, die in den Ruhestand gingen, sei kaum noch gleichwertiger Ersatz zu finden.
Deutliche Kritik übt Landgraf an der Stadt Bonn: „Die Verkehrspolitik in unserer Stadt ist für mich in großen Teilen nicht mehr nachvollziehbar“, sagt die 45-Jährige. Ein Großteil der Kunden komme mit dem Auto, diese Gewohnheiten könne auch die Politik nicht einfach durchbrechen. „Auch wenn natürlich klar ist, dass mit Blick auf den Klimawandel etwas passieren muss – die Bonner Verkehrspolitik agiert einseitig und hört den Menschen nicht zu.“ All das führe zu einer „Lahmlegung der Bonner Innenstadt“.
Filialen in Bonn, Siegburg, Bornheim und Rheinbach schließen
Eine Beschäftigungsgarantie bis zum 31. Dezember 2024 gab die Unternehmerin ihren 78 Angestellten. Diejenigen, die in den schon vorher schließenden Filialen eingesetzt sind, sollen in andere Häuser wechseln. Das erwartet zuerst die Mitarbeiter der Filiale an der Bonner Vivatsgasse, die bereits im Januar schließen soll.
Andere Filialen werden im Laufe des Jahres folgen, abhängig von den Kündigungsfristen in den Mietverträgen für die Ladenlokale. Das Geschäft am Markt werde den Siegburgern noch bis Ende 2024 bleiben, betont Nicole Landgraf. Dort arbeiten aktuell acht Mitarbeiter.
Siegburger Verkehrsvereins macht sich keine Sorgen um Nachfolge
„Das ist natürlich traurig, dass Landgraf nach so vielen Jahren schließt“, kommentiert Sissis Vassiliadis, Vorsitzender des Siegburger Verkehrsvereins, das angekündigte Aus. Sorgen um einen lang anhaltenden Leerstand in der Immobile in bester Lage am Markt mache er sich indes nicht: „Das ist eine der wenigen großen Flächen für den Einzelhandel, die eigentlich in der Innenstadt fehlen.“ Mit einem Nachbesatz werde es sicherlich keine Schwierigkeiten geben. Vassiliadis hebt auch hervor, dass die angekündigte Schließung nicht am Standort liege: „Siegburg ist nach wie vor beliebt.“
Wie es mit dem Familienunternehmen weiter geht, bleibt vorerst offen. Sie werde nun abwarten, ob ein potenzieller Käufer auf sie zukomme, sagt Nicole Landgraf am Mittwoch. „Wenn alles passt, wären wir offen für einen Verkauf.“