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Architektur-StudieIm Siegburger Kaufhof gibt es wieder Playmobil

Lesezeit 3 Minuten
Drei Studenten mit dem Modell eines Kaufhauses.

Studenten der Alanaus-Hochschule Alfter haben sich mit Nutzungsmöglichkeiten für das Siegburger Kaufhof-Gebäude beschäftigt.

Absolventen der Alanus-Hochschule Alfter haben ein Kaufhof-Modell gebaut und zeigen das Potenzial des Betonbaus aus den 70er Jahren auf.

Es könnte so einfach sein: Freundlich lächelnd nimmt eine Horde kunterbunter Zeitgenossen den Kaufhof in Beschlag, pflanzt auf einer Etage Gemüse für den Gemeindebedarf, schlemmt in einer Stadtmensa, arbeitet in einem Co-Working-Space an einer Reihe von Start-ups, während im Erdgeschoss eine Kinderbetreuung nebst Markthalle angeboten wird. Und, nicht zu vergessen, in der vierten Etage wird Theater gespielt.

Frappierend naturgetreues Modell des Siegburger Kaufhofs

Die Vision für das Kaufhofgebäude stammt von Bachelor-Architektur-Absolventen der Alanus-Hochschule Alfter, dargestellt mit einem frappierend naturgetreuen Modell im Maßstab 1:24. Statt Beton kommen Holz und Pappe zum Einsatz, wobei der Kaufhof drei aufklappbare Segmente bildet. Ironie der Geschichte: Die Nutzer des drei Meter langen, zwei Meter tiefen und zwei Meter hohen Bauwerks sind Playmobilfiguren, wie sie vor gar nicht allzu langer Zeit noch eine Etage tiefer verkauft wurden.

Theater-Vorstellung mit Playmobil-Figuren.

Wie in der Realität gibt es ein Theater im Kaufhof-Modell.

Auf der Ebene der Studiobühne kann das Modell besichtigt werden, „so lange wie möglich“, hofft die Geschäftsführerin des Theaters, Claudia Böttcher. Was ist möglich, wenn man den Kopf öffnet? Der Frage lasse sich mit dem Modell nachgehen. In der Studiobühne merke sie, dass das Gebäude von den Siegburgern immer noch sehr wertgeschätzt werde.

Was spielerisch wirkt, ist von Peter Jüssen, Yann Engelen und Leon Krug wohldurchdacht: Sukzessive solle der Kaufhof wiederbelebt und so ein Nutzungsmix gefunden werden. „Die Akteure sollen sich gegenseitig Frequenz bringen“, erläutert Jüssen, so könnten etwa in einer „Urban Production“ Möbel und Kulissen für das Theater gebaut werden. Das Trio will aber keine Nutzungen festlegen, sondern sieht den Miniatur-Kaufhof eher als Instrument, um bei Workshops über Verwendungen nachzudenken.

CO-2-Bilanz als Argument gegen den Abriss des Siegburger Kaufhof-Gebäudes

„Ich habe mich in das Gebäude verliebt“, lautet Yann Engelens Antwort auf die Frage, wie es denn für einen Architekturstudenten sei, sich mit einem für die Ära des Brutalismus typischen Betonklotz aus den 1970ern zu beschäftigen. Peter Jüssen ist sicher: „Der Blick auf die Gebäude dieser Zeit wird sich verändern.“

Ein tiefgreifender Umbau, wie ihn etwa die jüngste Machbarkeitsstudie vorsieht, ist jedenfalls nicht das Ding der Modellbauer, auch ein Abriss nicht: Dagegen spreche auch das viele CO₂, das im Beton gebunden sei und dem Ausstoß eines Kleinwagens entspreche, der 900 Jahre lang ununterbrochen fahre. Zwei Monate ohne Wochenenden, rund 1000 Arbeitsstunden investierten sie.

Playmobil-Figuren in einer Gärtnerei.

Auch Gärtnern soll im Kaufhof der Zukunft möglich sein.

„Zwischennutzungen sind erstmal etwas Positives“, sagt Ole Erdmann, Amtsleiter für Umwelt und Wirtschaft. Er gehe davon aus, dass es einige Jahr brauchen werde, bis der Preis für die Immobilie sinke, der derzeit noch ein Hemmnis für Investoren darstelle. Bürgermeister Stefan Rosemann betont: „Am Ende muss das bezahlt werden und sich rentieren.“ Auf Nachfrage, wie es mit der Studiobühne im Kaufhof weitergehen werde, sagt er, eine Verlängerung über den Juli 2025 sei denkbar. Voraussetzung sei der politische Wille im Rat und natürlich auch der Wille des Eigentümers.


Nach ihrer Inszenierung „Kaufhof Monopoly – eine Anleitung, wie werde ich Milliardär?“ widmen die Studiobühne und die Evangelische Erwachsenenbildung An Sieg und Rhein dem Schicksal des Kaufhofs ein Bürgertheater-Projekt. Statt des Immobilienspekulanten René Benko werden Kunden und Beschäftigte in den Fokus gerückt.

Sind Einsparungen und Opfer sinnlos, zumal das Management ungestraft davonkommt? Werden staatliche Hilfen ohne ausreichende Sicherheiten gewährt und verplempert? Was lässt sich tun gegen Ohnmachtserfahrungen angesichts von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen? Solche Fragen sollen mit Interviews angegangen und in einem Dokumentartheater und mit Kreativ-Workshops für Erstwählende weitergeführt werden. Thema werden auch politische Entscheidungen und ihre Auswirkungen rund um die Bundestagswahl sein.

Ein Mann neben einer Schaufensterfigur, deren Kopf in einem Zellophanwürfel steckt.

Eine Kaufhof-Arena mit verschiedenen Theaterprojekten legen die Studiobühne und die Evangelische Erwachsenenbildung An Sieg und Rhein auf, die künstlerische Leitung hat Bardia Rousta.

Die künstlerische Leitung dieser „Kaufhof-Arena“ hat Bardia Rousta, der betont: „Wichtig ist uns die andere Perspektive.“ Unterstützung kommt von der Stiftung der VR-Bank Bonn Rhein-Sieg. Mit den Interviews soll im Januar begonnen werden, Workshops folgen im Februar, die Theaterführungen im August/September. Informationen und Anmeldung im Internet.