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1,7 Promille beim TestSiegburger Rentner kriegt Führerschein erstmal nicht zurück

Lesezeit 3 Minuten
Polizeifahrzeuge parken an einer Straße. Im Vordergrund steht ein Schild mit der Aufschrift Polizeikontrolle.

Weil er mit 1,1 Promille erwischt wurde, muss ein Rentner aus Siegburg 1400 Euro bezahlen. Auch seinen Führerschein wird er nicht einfach so wiederbekommen. (Symbolfoto)

Gegen eine Führerscheinsperre und einen Strafbefehl hatte ein Rentner Einspruch eingelegt. So bald wird der 65-Jährige aber nicht wieder fahren dürfen.

Eine Führerscheinsperre ist viel mehr als ein Fahrverbot, diese Erkenntnis sorgte bei einem Rentner vor dem Amtsgericht für Schnappatmung. Der Mann hatte vor seiner Haustür „pusten“ müssen und gegen den Strafbescheid Einspruch eingelegt, in der Hoffnung, bald wieder Auto fahren zu dürfen.

Kräftiger Schluck aus der Pulle nach der Kontrolle

Es sei ja auch nichts passiert, argumentierte der Rentner. Nie und nimmer habe er an diesem Abend im Oktober 2022 mit mehr als 1,1 Promille hinter dem Steuer gesessen, so seine Begründung; der Alcotest müsse falsche Werte angezeigt haben.

Zwischen Alcotest und Blutprobe zwei Stunden später – Ergebnis: 1,76 Promille — habe er noch einen kräftigen Schluck aus der Pulle genommen, diesen „Nachtrunk“ könne seine greise Mutter bezeugen. Auch seine Fußballfreunde, mit denen er vor der Polizeikontrolle an der Theke gestanden hatte, wüssten mit Sicherheit, dass er nur wenige Biere getrunken habe.

Vor Gericht ließ er sich von einem Strafverteidiger vertreten, der mäßigend auf den 65-Jährigen einwirkte. Die pflegebedürftige Mutter müsse vor Gericht nicht aussagen und auch nicht die Kneipenkumpels. Sein Mandant, der im Minijob die karge Rente aufbessere, räume die Alkoholfahrt ein und bitte um eine niedrigere Geldstrafe.

Richter senkte Geldstrafe um 400 Euro

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft 30 Tagessätze à 60 Euro verhängt, in Summe 1800 Euro. Richter Michael Krah senkte die Tagessatzhöhe, die sich nach dem Einkommen richtet, auf 45 Euro, die verhängte Geldstrafe liegt nun bei 1400 Euro, in etwa das Monatseinkommen des Angeklagten. Gewonnen hat der indes dadurch nichts, da nun noch die Verfahrenskosten und das Anwaltshonorar hinzukommen.

Viel schwerer wiegt für den Rentner der Entzug der Fahrerlaubnis und die Führerscheinsperre, die ab 1,1 Promille gesetzlich zwingend verhängt werden müssen.

Führerschein des Siegburges bleibt vorerst gesperrt

Da die Sperre Ende August ablaufe, könne der Angeklagte zwar in Kürze beim Straßenverkehrsamt vorsprechen, den Führerschein erhalte er aber nicht einfach zurück, erklärte ihm der Richter. „Den müssen Sie neu machen.“ Woraufhin der 65-Jährige entgeistert nachfragte: „Neu machen?“ Er brauche doch schnellstmöglich den Führerschein, wegen seiner Mutter.

Die Folgen seines Leichtsinns sind erheblich teurer als eine Taxifahrt, die sich der Rentner sparen wollte. Denn zu den Kosten für Fahrstunden und Prüfung kommen voraussichtlich einige Hundert Euro für die fällige medizinisch-psychologische Untersuchung. Manche Autofahrer besuchen einen – kostenpflichtigen – Vorbereitungskurs.

Wie groß die Erfolgaussichten sind, darüber gebe es beim Straßenverkehrsamt des Rhein-Sieg-Kreises keine Erkenntnisse, heißt es in der Antwort der Kreispressestelle auf die Fragen der Redaktion. Die Durchfallquote werde nicht erfasst.


Wer mit mehr als 1,1 Promille Alkohol oder Drogen am Steuer erwischt wird, dessen Führerschein wird eingezogen. Seit 2015 ist die Zahl dieser Fälle im Rhein-Sieg-Kreis gestiegen: von 670 auf 699 im Jahr 2022. Ausreißer nach unten war nur 2021 mit 638 – vielleicht, weil in der Coronazeit mit Ausgangsbeschränkungen und Homeoffice weniger Menschen Auto fuhren.

Beim Blick weiter zurück zeigt sich aber keine klare Tendenz: Im Jahr 2010 gab es 804 Führerscheinsperren. Wie hoch der Anteil der Drogenfahrten war, wie viele Frauen ihre Fahrerlaubnis verloren, diese Fälle würden nicht getrennt erfasst, teilte die Pressestelle des Kreises mit.

Im Dunkeln bleibt auch die Anzahl derjenigen, die sich einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) stellen und die diese nicht schaffen.