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„Hat die Neigung, Grenzen zu testen“ Sankt Augustiner postet Hakenkreuz und Hitlergruß „aus Spaß“

Lesezeit 3 Minuten
Amtsgericht Siegburg

Teuer zu stehen kommt einem 23-jährigen Abendschüler sein vermeintlicher Spaß. Das Amtsgericht verhängte eine Geldstrafe.

Teuer zu stehen kommt einem Abendschüler ein vermeintlicher Spaß. Er postete Hakenkreuz-Sticker und ein Selfie mit Hitlergruß.

Er tue etwas, ohne die Folgen zu bedenken, das sagte ein 21-Jähriger vor dem Amtsgericht. Angeklagt war er, weil er mehrfach Hakenkreuze in einer Whats-App-Gruppe gepostet hatte und ein Selfie, auf dem er den Hitlergruß zeigte. Ein „Spaß“ für ihn, aber sicher nicht richtig, das wisse er. Seine schräge Art von Humor rühre aus seiner Behinderung her: Der Sankt Augustiner hat das Asperger-Syndrom, eine leichte Art von Autismus.

Außerdem sei sein Mandant hochbegabt, führte sein Strafverteidiger aus. Dessen Lebensweg sei bislang holprig verlaufen, er sei von Schule zu Schule gereicht worden, früh ausgezogen, jobbte einige Jahre und besuche nun die Abendschule, Ziel: Abitur und Studium.

Social-Media-Gruppe des Sankt Augustiners war Sammelbecken Rechtsextremer

Die Social-Media-Gruppe hatte der Angeklagte 2024 selbst gegründet, ein Sammelbecken rechts gerichteter und rechtsextremistischer Meinungen, er habe sich da mit den falschen Leuten eingelassen, räumte er in der Hauptverhandlung ein – wohl auf der Suche nach sozialen Kontakten und nach Anerkennung. Mit der Szene habe er mittlerweile gebrochen, versicherte er.

Der 21-Jährige überschritt auch in der Vergangenheit schon häufiger die Grenzen des Legalen, davon künden zahlreiche Verurteilungen nach Jugendstrafrecht. Aktuell angeklagt war auch eine Urkundenfälschung und ein Betrugsversuch im Juni 2024.

Bei einem Altmetallhändler hatte er mit einem Kumpel ein drei Kilo schweres Kupferrohr versilbern wollen, ergänzte den ausgestellten Schein vor dem Gang zur Kasse handschriftlich um eine Neun, „eine dämliche Tat“, sagte der Staatsanwalt. Für 93 Kilogramm hätten die beiden rund 660 Euro statt nur 21,30 Euro erhalten. Die Fälschung fiel sofort auf. Motiv? „Wir brauchten Geld.“

Seit Februar geht der Sankt Augustiner wieder zur Schule

Derzeit sei sein Lebensunterhalt gesichert, er lebt in einer Eigentumswohnung, die die Eltern für ihn gekauft haben, und hat Schüler-BaföG beantragt. Seit Februar gehe er wieder zur Schule: „Ich möchte mich weiterentwickeln.“ Soziale Kontakte habe er wenige, seine Behinderung mache es ihm schwer, sagte der Angeklagte.

Seine Bewährungshelferin beschrieb ihn als „höflich, kooperativ, ehrlich und sehr direkt“. Er hätte allerdings die Neigung, Grenzen auszutesten. Sie könne nicht sagen, ob dies an dem Asperger-Syndrom liege „oder an seiner Einstellung“.      

„Jugendsünden“ nannte sein Verteidiger die Taten, die er allerdings nicht verharmlosen wolle. Sein Mandant sei wenige Tage zuvor erst 21 geworden und somit nach dem Strafrecht uneingeschränkt als Erwachsener zu behandeln. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 7800 Euro (180 Tagessätze à 15 Euro). 

Trotz seiner psychischen Erkrankung sei der Angeklagte verantwortlich, er habe ja auch die Whats-App-Gruppe gegründet, sagte Richterin Dr. Eva-Maria Marxen. Sie verhängte 140 Tagessätze, eine Strafe, die aus dem polizeilichen Führungszeugnis auftaucht. Die Geldstrafe von 2100 Euro kann der Abendschüler auf Antrag in Raten abzahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.