Verzweifelte Autofahrer fahren in Menden über die Bürgersteige, um voranzukommen. Anwohner beklagen „unzumutbare Belastung“.
MendenKanalarbeiten sorgen in Sankt Augustin für Chaos – Autofahrer und Anwohner verzweifelt
Im Berufsverkehr morgens und abends ist auf der Siegburger Straße in Sankt Augstin-Menden kein Durchkommen mehr. Verzweifelte Autofahrer fahren sogar über die Bürgersteige, um voranzukommen. „Das ist verboten“, so die Polizei. Doch die genervten Menschen am Steuer stört das nicht. Sie wollen endlich ihr Ziel erreichen. Seit dem 25. November 2024 ist das so. Und ein Ende scheint erst in Monaten in Sicht.
Der Kanal unter der parallel verlaufenden Martinstraße Straße muss saniert werden. Sie wurde deswegen für circa sechs Monate voll gesperrt. Der gesamte Verkehr, auch die Linienbusse, wird deswegen über die benachbarte Siegburger Straße umgeleitet.
Das Chaos in der Siegburger Straße in Sankt Augustin brach im November wie vorhergesagt aus
Die Anwohner der Siegburger Straße in Sankt Augustin-Menden hatten es geahnt und deswegen am 16. November 2024 einen Brief an Bürgermeister Max Leitterstorf geschickt, der der Redaktion vorliegt. Er ist sehr deutlich formuliert. „Die geplante Verkehrsführung stellt ein hohes Gefahrenpotential und eine unzumutbare Belastung für alle Anwohner dar“, ist unter anderem dort zu lesen. Da die Bürgersteige in vielen Bereichen der Siegburger Straße nur 50 Zentimeter breit sind, müssten Fußgänger, auch mit Kinderwagen und Gehhilfen, ständig die Straßenseiten wechseln.
In dem Brief wurde deshalb gefordert, den Verkehr durch die Einsteinstraße im benachbarten Gewerbegebiet zu leiten. Diese Strecke sei aufgrund der Lärm- und Abgasbelastung viel geeigneter. Doch es passierte erst einmal nichts. Das Chaos brach wie vorausgesagt aus.
Eine Umleitung der Busse über die Einstraße in Sankt Augustin verlängert die Fahrzeit um Minuten
Beteiligt war auch der Rhein-Sieg-Kreis mit Christoph Groneck als Projektleiter Nahverkehrsplanung. Den hatte Leitterstorf nach dem Brief der Anwohner eingeschaltet und nach Lösungen gefragt. Groneck argumentierte, „eine Umleitung der Busse über die Einsteinstraße würde je Richtung circa 3-4 Minuten mehr Fahrzeit erfordern. In den Hauptverkehrszeiten wären darüber hinaus unkalkulierbare Verlustzeiten zu erwarten, da sich der Verkehr in Richtung Autobahn auf der Straße Am Bauhof regelmäßig staut.“
Unabhängig davon würde bei einer Umleitung via Einsteinstraße die Haltestelle „Menden Haas“ ersatzlos entfallen und „könnte nicht wie bislang vorgesehen in die Siegburger Straße verschoben werden. Diese Haltestelle wird von über 500 Fahrgästen pro Tag genutzt.“
Wenn es Probleme mit dem Verkehr gibt, der zu Rechtsbrüchen führt, ist auch die Polizei gefordert. Es gab Ortstermine mit der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG). Sie finden aktuell weiter statt. „Ob und wie die Probleme gelöst werden können, muss nun abgewartet werden“, so Polizeipressesprecher Stefan Birk. Wenn zum Beispiel die RSVG ihre Busse anders fahren lassen würde, seien da noch einige Abstimmungen wie zum Beispiel Änderungen der Fahrpläne nötig. Eine ad hoc Lösung sei nicht zu erwarten.
Die Siegburger Straße in Sankt Augustin darf ab jetzt nur noch von Anliegern befahren werden
Immerhin hat die Stadt nun reagiert. Die Siegburger Straße wird für die Dauer der Vollsperrung der Martinstraße mit einem Durchfahrtsverbot für den Kraftfahrzeugverkehr mit Zusatzzeichen „Anlieger frei“ versehen. „Um die Verkehrsbelastung der Siegburger Straße etwas zu entzerren, wird für den Kraftfahrzeugverkehr kurzfristig eine Umleitungsbeschilderung über das Gewerbegebiet Menden eingerichtet“, so Pressesprecher Benedikt Bungarten.
Wegen der Belange des öffentlichen Personennahverkehrs müsse die Umleitung des Busverkehrs weiterhin über die Siegburger Straße erfolgen, sodass diesbezüglich das Durchfahrtsverbot mit einem Zusatzzeichen „Linienverkehr frei“ versehen werde.
Laut Andreas Fey, einer der Betroffenen und Sprecher vieler Anwohner ist die „jetzige Mitteilung der Stadt sicherlich positiv zu bewerten. Dennoch sehen viele Anwohner die Maßnahme nur als einen Tropfen auf den heißen Stein. Ein Versuch, Ruhe in die Sache zu bringen.“ Das Kernproblem, die große Anzahl von Bussen, die täglich durch die engen Bereiche der Siegburger Straße drücken, seit hingegen nicht gelöst. „Wir sehen weiterhin Gefahr für Anwohner - auch spielende Kinder.“
Anwohner kritisieren Lärm, Abgasbelastung und Zerstörung des ohnehin maroden Straßenbelages
Lärm, Abgasbelastung, abgängige Parkplätze und die weitere Zerstörung des ohnehin maroden Straßenbelages blieben. Dass ein Anliegerschild jetzt andere Autofahrer daran hindert solle, weiterhin die Straße zu benutzen, dürfe bezweifelt werden. Es sei kaum nachvollziehbar, warum nicht auch die Busse über die jetzt von der Stadt vorgeschlagene Pkw-Route, nämlich Siegstraße, Am Bauhof, Einsteinstraße, Friedrich-Gauss-Straße fahren können. Die einzige noch angefahrene Haltestelle könne verlegt werden und sei dann noch immer fußläufig leicht zu erreichen.
„Die von der Stadt angeführten Belange des ÖPNV sind nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit dem einzustellenden öffentlichen Interesse der Vielzahl der betroffenen Bürger eher als ein Bequemlichkeitsinteresse des ÖPNV zu werten. Denn die alternative Verkehrsführung ist genauso geeignet, nur dass sie die Bürgerinnen und Bürger in der Siegburger Straße weniger belastet“, so Fey. Er hat gezählt, dass „sich von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts über 200 Busse durch die Siegburger Straße drängen.“