Mobilitätstag in Sankt AugustinVom Lastenrad in den Rennflitzer – wir machen den Test
Lesezeit 3 Minuten
Sankt Augustin – „Die ersten zwei Tritte in die Pedale sind die wichtigsten“, sagt Marcus Hiersemann. „Dadurch holt man den nötigen Schwung, um nicht ständig hin- und herzuschwanken.“
Wir befinden uns auf dem Parkplatz der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin, wo ich in wenigen Sekunden zum ersten Mal ein Lastenrad fahren werde.
Trotz der Einweisung des Mitarbeiters der Firma Naturstrom AG ist mir etwas mulmig zumute: Auf dem Gefährt die Balance zu halten ist eine Herausforderung. Hat man aber einmal ein gleichmäßiges Tempo aufgebaut, klappt es ganz gut – nur in den Kurven kommt das Rad noch ins Schlingern. Beinahe krache ich in die geparkten Autos eines Carsharing-Anbieters, aber nur beinahe.
Die Gelegenheit, klimaneutrale Transportmittel auszuprobieren und sich über den Verkehr der Zukunft zu informieren, nutzen an diesem Mobilitätstag Dutzende interessierte Besucher. Auf dem zur „Aktivfläche“ umfunktionierten Parkplatz haben Unternehmen und Initiativen ihre Stände aufgebaut.
Viele Besucher sind mit dem Fahrrad oder E-Bike gekommen, so auch Luzia und Peter Frank aus Sankt Augustin. „Wir sind begeisterte Radfahrer, auch wenn wir beide schon 75 Jahre alt sind“, erzählt sie. Ähnlich geht es Studentin Lara. „Mein Fahrrad ist schon stolze zehn Jahre alt – so viel zum Thema Nachhaltigkeit“, sagt die 24-Jährige. Die treuen Drahtesel bekommen an Ort und Stelle auch gleich noch eine Grundreinigung in der Fahrradwaschanlage von Sachin Kumar, Chef des Kölner Start-Ups „Cycle Wash“. Drei Minuten und wenige Liter kaltes Wasser später sehen die Räder aus wie neu.
Für mich geht es als nächstes auf einen E-Scooter. „Am besten beide Bremsen gleichzeitig drücken“, rät Max Delmes vom Unternehmen „Tier“. Diesen Tipp beherzige ich – zwar erreicht der Roller nur eine Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern, doch sobald man aufs Gas drückt, schießt er ziemlich plötzlich nach vorn. Besucherin Tanja Berger ist da schon mutiger. „Ich wollte so einen Scooter einfach mal unter fachkundiger Anleitung ausprobieren“, sagt die Troisdorferin. Sie nimmt die Kurven dann auch deutlich eleganter.
Elektro-Rennflitzer
Sogar eine virtuelle Formel-1-Strecke können die Gäste ausprobieren. Das Motorsportteam „BRS“ der Hochschule hat zwei Rennwagen mitgebracht. „In den ersten Jahren haben wir noch Verbrenner gebaut, aber seit 2014 nehmen wir nur noch mit E-Autos an Rennen teil“, sagt Alexander Busch vom BRS.
Einen der Wagen hat das Team zum Simulator umgebaut, den ich nun testen darf. Aber schon der Einstieg ist schwierig: erst auf den Sitz stellen, dann in die Hocke gehen und ein Bein nach dem anderen nach vorne schieben. Kaum habe ich das geschafft, beschleichen mich Zweifel, dass ich aus dem Gefährt jemals wieder herauskomme. „Pech gehabt“, sagt ein älterer Herr, der die Szene mitbekommen hat. „Müssen Sie eben bis zum Abend drin sitzen bleiben.“
So schlimm kommt es aber nicht. Lenkverhalten und Beschleunigung des schicken Flitzers sind zwar ungewohnt für jemanden, der an einen altersschwachen Kleinwagen gewöhnt ist. Aber die rasante Fahrt über die Strecke auf dem Bildschirm macht Spaß. Und danach gelingt sogar der Ausstieg aus dem Rennwagen.
Anregungen zum Nachdenken über mögliche Ausstiege und Umstiege bietet der Mobilitätstag zur Genüge: vom Verbrenner aufs E-Auto, vom Auto aufs Fahrrad oder in den öffentlichen Nahverkehr. Auch, wenn man noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat: Das Ausprobieren lohnt sich.