Bewegtes LebenChrista Stephan feiert ihren 100. Geburtstag
Sankt Augustin – Dramatisch war die Flucht aus dem kleinen Dörfchen Ohlau bei Breslau im Jahr 1945. Mit ihrer Mutter Maria Liebetanz wollte die 23-jährige Christa die schlesische Heimat verlassen. Ihr Vater war zwei Jahre zuvor an Tuberkulose gestorben. Heute, am 24. September 2022, feiert Christa Stephan ihren 100. Geburtstag. Sie wohnt noch immer im Reihenhaus in Menden. Ihre beiden Söhne Bernhard und Klaus kümmern sich liebevoll um sie.
Die Flucht von Mutter und Tochter endete in der Tschechei. „Wir wurden von Soldaten aus dem Zug geholt und mussten ins Arbeitslager“, erinnert die Jubilarin sich. Eine „schlimme Zeit“ sei das damals gewesen. Nach einem Jahr durften sie die Tschechei verlassen und fuhren mit dem Zug nach Gera in Thüringen. „Dort lernte ich meinen späteren Mann Herbert bei einer Tanzveranstaltung kennen.“ Beide kamen aus der Gegend um Breslau und so war schnell ein Gesprächsthema gefunden.
Von Russen festgenommen
Dann wurde Herbert Stephan im Jahr 1949 von den Russen festgenommen. Als Mitarbeiter der Reichsbahn sei er auch ein Spion gewesen. 25 Jahre Gefängnis lautete das Urteil des Gerichtes. Er musste seine Haft im berüchtigten Zuchthaus Bautzen antreten und lernte dort den bekannten Schriftsteller Walter Kempowski kennen, der in dem Roman „Ein Kapitel für sich“, der 1975 erschien, die Erlebnisse dort in der Haft beschreibt. „Mein Mann hat immer erzählt, dass es wirklich so war“, berichtet Christa Stephan. Walter Kempowski war dann auch mehrmals in Menden zu Gast.
Herbert Stephan wurde 1956 aus der Haft entlassen und das junge Paar ging sofort nach Köln. 1957 wurde Sohn Bernhard geboren. 1963 zogen beide aus beruflichen Gründen nach Bonn-Duisdorf. Dort kam 1964 Sohn Klaus zur Welt. 1970 war das eigene Haus in Menden fertig.
Christa Stephan ist gelernte Buchhalterin und hatte eine Anstellung bei der Volksbühne in Köln. Doch wie das früher so üblich war: Nach der Geburt der Kinder führte sie den Haushalt. Zum Urlaub ging es zum Schwimmen an die Nordsee und Wandern in die Alpen.
Nach der deutschen Wiedervereinigung fuhr das Ehepaar 1991 erstmals wieder nach Breslau, um die Orte der Jugend zu besuchen. Gekocht wurde übrigens schon immer schlesisch . In Menden kamen auch die bekannte „schläsche Weißwurscht mit Tunke“ aus der früheren Heimat auf den Tisch. Ihren leckeren Apfelkuchen und die köstliche Schokoladentorte schätzen die beiden Söhne sehr.
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Seit Nikolaus 2020 ist Christa Stephan Witwe. Ihr Mann Herbert starb als eines der ersten Corona-Opfer in der Stadt drei Wochen vor seinem 97. Geburtstag. Am Tag des hundertsten Geburtstag wird gemeinsam mit den Nachbarn und der Familie im Reihenhaus in Menden gefeiert.