Auf das Konto des Wolfes „GW1896m“ aus dem Leuscheider Rudel gehen mehrere Risse im Rhein-Sieg-Kreis, darunter erstmals auch der eines Kalbes.
Leuscheider RudelWolf hat Kalb in Eitorf gerissen – jetzt wird er zum Abschuss freigegeben
In Rheinland-Pfalz soll nach mehreren Rissen von Nutztieren bald das erste Mal ein Wolf abgeschossen werden. Das Tier „GW1896m“, das vor einigen Jahren das Leuscheider Rudel aus Windeck übernahm, sei erneut an einem Übergriff auf eine gesicherte Nutztierhaltung beteiligt gewesen, teilte das rheinland-pfälzische Umweltministerium mit. Seit Mittwochabend liege das Ergebnis der die DNA-Untersuchung vor, die den Wolfsrüden eindeutig identifizierten.
„Das bedeutet für ihn jetzt leider, dass er mehrfach wolfssichere Zäune überwunden hat und dass wir hier einen Antrag zur Entnahme stellen müssen“, sagte Ressortchefin Katrin Eder (Grüne) am Rande der Umweltministerkonferenz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord bereite nun die Genehmigung zum Abschuss vor. „Es wird dann jemand gesucht, der professionell in der Lage ist, das Tier entsprechend zu entnehmen“, sagte Eder.
Im August riss der Wolfsrüde erstmals ein Kalb im Rhein-Sieg-Kreis
Für Biobauer Tim Schiefen aus Eitorf nur ein kleiner Trost: Am 30. August riss der Wolfsrüde eins seiner Kälber, einen nur wenigen Wochen alten Bullen, der mit seiner Zwillingsschwester und den anderen Kälbchen auf einer Weide direkt am Wohnhaus der Familie stand. Zum ersten Mal wiesen die DNA-Untersuchungen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (Lanuv) nach, dass im Rhein-Sieg-Kreis „GW1896m“ ein Kalb riss. Im Oktober machte unterhalb des Bauerngofes die Wildtierkamera ein Foto eines Wolfes.
Einen wolfssicheren Schutzzaun hatte die Familie an der Weide nicht: Insgesamt 150 Milchkühe und Kälber besitzen Tim Schiefen und sein Vater Markus. Als Biobauern lassen sie ihre Tiere verteilt auf zehn bis 15 Weiden laufen; die alle mit dem vorgeschriebenen Schutz einzuzäunen, sei nicht leistbar, ebenso wenig wie die Pflege des Zauns. „Die erste Stromlitze muss 20 Zentimeter über dem Boden liegen“, erläutert der 23-Jährige. „Das muss ja regelmäßig von Bewuchs freigeschnitten werden; und in den Sommermonaten arbeiten wir ohnehin schon 20 Stunden am Tag.“
Das getötete Kalb war den Schiefens besonders ans Herz gewachsen. „Es war ein Zwillingskalb“; diesen Jungtieren müsse man „mehr helfen“, beschreibt es der Junior. Extra Fütterung in einer Box habe es für die beiden Kälbchen gegeben, die immer eng zusammen gelegen hätten. Das Überlebende habe dann auch nach dem Riss den Bruder gesucht. Den finanziellen Schaden kann er nur grob angeben: 250 bis 300 Euro würden für Bullenkälber ab vier Wochen bezahlt, das getötete Tier war etwas älter.
Den geplanten Abschuss des Problemwolfs begrüßt der betroffene Bauer. Er fragt sich jedoch, wie ein Jäger das Tier eindeutig als „GW1896m“ identifizieren will. Und was passiert, wenn der Wolf aus Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen überwechselt. „Wir wohnen hier nun mal an der Landesgrenze.“
Wolf soll gelerntes Verhalten nicht seinen Jungtieren beibringen
Dann darf der beauftragte Jäger das Tier nicht mehr schießen, erläutert Lanuv-Pressesprecher Wilhelm Deitermann auf Anfrage. Um den Problemwolf auch im Rhein-Sieg-Kreis schießen zu dürfen, brauche es auch hier einen entsprechenden Beschluss. „Der Rhein-Sieg-Kreis muss einen Antrag auf Entnahme stellen, mit Unterstützung des Ministeriums“, so Deitermann und verweist auf den geplanten Abschuss der Wölfin Gloria in Schermbeck, der kassiert wurde, weil das Gericht nicht zustimmte. „Das muss juristisch sattelfest sein!“
Bei der Bewertung, ob es sich um ein problematisches Tier handele, werde das Lanuv mit seinen Daten unterstützen. Bei „GW1896m“ sei die Zahl der Nutztierrisse schon auffällig, aber: „In der Ernährung machen die Nutztierrisse nur einen kleinen Teil aus“, sagt Deitermann, es stelle sich aber die Frage, ob das Tier mit den Rissen das Überwinden von Zäunen lerne.
Dass der Wolf das gelernte Verhalten fortsetze und es seinen Jungen beibringe, soll die Abschussgenehmigung in Rheinland-Pfalz unterbinden. Mindestens zweimal hatte der Wolfsrüde in Windeck schon Nachwuchs gezeugt.
Auch Landrat Sebastian Schuster befürworte die Entnahme, wie die Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises auf Anfrage mitteilte. Ob der Kreis einen entsprechenden Antrag stellen werde, wurde nicht beantwortet.
Der aus Bayern nach NRW gekommene Wolf mit der Kennzeichnung GW1896m überquerte auf seiner Reise Mosel und Rhein mehrfach und ist für viele nachgewiesene Nutztierrisse im Rhein-Sieg-Kreis, im Oberbergischen Kreis und in Rheinland-Pfalz verantwortlich. Zuletzt wurde er als Verursacher von zwei gerissenen Schafen in Eitorf am 19. Oktober nachgewiesen, weitere Fälle sind beim Lanuv noch in Bearbeitung.