Krimi aus dem Siebengebirge„Gülichplatz“ handelt von Korruption und Meinungsfreiheit
Königswinter – „Gülichplatz“ heißt der dritte Band der Trilogie um den – fiktiven – Christoph Sechem von Merhoffen. Gabriele Hamburger hat sich tief hineingekniet in das Leben im Rheinland des 17. Jahrhunderts. Und dabei stieß sie immer wieder auf den Kölner Rebellen. „Kaum jemand kennt Niklaß, Nikolaus, Gülich“, wundert sich die 67-Jährige. „Das ist so eine tolle, moderne Geschichte.“
Selbst vielen Kölnern ist der oft als charismatisch dargestellte Lintenkrämer, Kaufmann für Band- und Manufakturwaren, kaum bekannt. Dabei verweist sogar der Name einer berühmten Parfüm-Firma auf ihn – Farina gegenüber dem Jülichsplatz, der heute Gülichplatz heißt. Dort lebte der Anführer der Bürgerbewegung. Sein Haus wurde nach seinem Tod abgerissen. Ein kaiserliches Dekret verfügte, dass dort nie wieder gebaut werden dürfe. Das ist bis heute so, das Haus Neuerburg gegenüber dem Wallraff-Richartz-Museum ist drumherum entstanden. Einzig der 1913 entstandene Fastnachtsbrunnen ziert heute die Fläche.
Königswinterer Autorin ist historisch sehr genau
Die Geschehnisse von 1680 bis 1686 hat Hamburger akribisch recherchiert. Sie hat alte Quellen durchforstet, in Ratsprotokollen gelesen und zeitgenössische Schriften studiert, geschrieben von Protagonisten, teils in Latein. Die historische Genauigkeit geht bis hin zu Wetterberichten. In Auszügen fügt sie Originalschriften ein, sonst verwendet sie eine barockisierte, aber problemlos zu lesende Sprache.
Geschickt verwebt die Autorin die Anschuldigungen Gülichs gegen die Herrschenden und deren Reaktion mit einer Familiensaga und einem Kriminalfall, spart nicht mit Anklängen an die politisch schwierige Gemengelage. Köln war eine reichsfreie Stadt, unterstand nur dem Kaiser, der sich aber des Angriffs der Türken auf Wien 1683 erwehren musste. Auch der Erzbischof und seine Berater hatten die Finger drin in den politischen Ränkespielen.
Und doch bleibt noch Platz für eine schwierige Ehe des Christoph Salentin und zarte Musik, Liebeständeleien und raue Wirtshausszenen. „Diese privaten Geschichten sind rein fiktiv, da gibt es auch sehr wenige Quellen“, sagt Hamburger.
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Ihre Hauptfigur, so räumt sie ein, moderiert die Abläufe durchaus aus heutiger Sicht. „Mit historischen Romanen ist es schwierig, es kann nicht immer alles stimmen“, erklärt die Regierungsdirektorin im Ruhestand. Schon auf der ersten Seite entdeckt sie da oft Unstimmigkeiten. „Da habe ich gedacht, ich schreibe mir selber einen.“
Für ihren Debütroman „Vanitas“ benötigte sie rund zehn Jahre, für „Gülichplatz“ waren es immerhin fünf. Es ist eine spannende Geschichte um Korruption und Ämterhandel, um Bürger- und Meinungsfreiheit. „Das kam alles von der Straße her“, sagt Hamburger, „das finde ich bemerkenswert in diesem Zeitalter“.
„Gülichplatz“, Gabriele Hamburger, Edition Lempertz, Königswinter. ISBN: 978-3-96058-352-3, 432 Seiten, 14,99 Euro.