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IHKFachkräftemangel, Energiekrise – Tourismus in Rhein-Sieg noch nicht da, wo er hinwill

Lesezeit 3 Minuten
Wanderer stehen an einem Aussichtspunkt.

Die schöne Natur an Rhein und Sieg lockt viele Touristen in die Region. (Symbolbild)

Die Touristen kommen wieder zurück in den Rhein-Sieg-Kreis. Dennoch plagen die Branche viele Sorgen – zahlreiche Betriebe mussten aufgeben.

Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK) hat sich grundsätzlich positiv zu den aktuellen Entwicklungen im Tourismusbereich geäußert. In einem Pressegespräch erläuterten IHK-Geschäftsführer Professor Stephan Wimmers und IHK-Vizepräsidentin Ruth Winterwerp-van den Elzen die Tendenzen bei den Übernachtungs- und Besucherzahlen, die im vergangenen Jahr zwar gestiegen sind, aber immer noch leicht unter den Werten aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 liegen.

„Der Geschäftsklimaindex hat sich stark verbessert. Jeder Zweite aus der Tourismusbranche bewertet die Lage als gut und nur jeder Zehnte als schlecht“, erläutert Wimmers, der von einer begonnenen Erholung nach der Pandemie bei Übernachtungszahlen und Umsätzen spricht. Allerdings würden die Zahlen immer noch hinter den Ergebnissen des Jahres 2019 liegen.

Rhein-Sieg: Viele Gastro-Beschäftigte sind während Corona abgewandert

Die Branche beschäftigen derzeit die Themen Energiekrise, Rohstoffpreise, Fachkräftemangel und Arbeitskosten. „Die gut gefüllten Bücher werden mit zu wenig Händen am Ende des Tages umgesetzt“, betonte Ruth Winterwerp-van den Elzen, die als Hotelmanagerin selbst einen guten Einblick in die Branche hat.

Es sei eine Herausforderung, der man sich tagtäglich stellen müsse. Viele Beschäftigte, gerade im Gastrobereich, seien während Corona abgewandert, würden aber langsam auch zurückkommen. Gastronomen hätten sich in der Vergangenheit daher auch schon mal für einen zweiten oder dritten Ruhetag in der Woche entschieden.

„70 Prozent der Befragten wollen weiter in den Betrieb investieren und modernisieren, auch in umweltfreundliche oder -schützende Maßnahmen“, fügte sie an.

Übernachtungszahlen sind gegenüber Vorjahr um 40 Prozent gestiegen

Zudem sei die Digitalisierung auf dem Vormarsch. Gäste würden häufiger kurzfristig buchen, aber auch gerne kurzfristig stornieren. Der Trend sei schwierig, und nicht immer sei alles umsetzbar. Kosten stiegen und müssten an die Kunden weitergegeben werden. „Das Schnitzel für 12,50 Euro funktioniert nicht mehr, und Gäste erwarten es zum Glück auch nicht mehr“, fügt die Hotelmanagerin an.

Die Übernachtungszahlen sind im März 2023 gegenüber dem Vorjahr um 40,3 Prozent gestiegen. Gegenüber 2019 liegt der Wert aber noch um 6,5 Prozent darunter. „Wir haben aufgeholt, sind aber immer noch nicht da, wo wir hinwollen“, erläutert Wimmers.

Die Zahl der Betriebe sei von 247 im Jahr 2019 auf 221 zurückgegangen. Der Gastgewerbemarkt in der Region sei mittelständig geprägt, und oft handele es sich im inhabergeführte Unternehmen.

Tourismusbranche: Immer weniger Auszubildende im Rhein-Sieg-Kreis

Das zur Jahreswende in Bonn entwickelte touristische Leitbild setzt auf Beethoven, Nachhaltigkeit und die Historie der Stadt Bonn als Bundeshauptstadt. Im Rhein-Sieg-Kreis sind die Naturregion Sieg und das Siebengebirge Hauptaugenmerke. Die Leitbilder würden eine Zusammenarbeit empfehlen.

Die aktuelle Geschäftssituation sei gut, die Bücher gut gefüllt. Es gebe aber viele Herausforderungen. Konzepte müssten stets angepasst werden, so Winterwerp-van den Elzen. Die Zahl der Kurzreisenden nehme zu, mehr Besucher kämen aus Deutschland. Familien und Kulturinteressierte kämen vermehrt. Die Branche blicke positiv auf die zehntägige Klimakonferenz ab 5. Juni in Bonn.

Die Beschäftigungssituation lasse hingegen zu Wünschen übrig. Aktuell gebe es 401 Auszubildende, im Herbst 2022 seien es noch 484 gewesen. Immerhin gebe es sieben neue Ausbildungsberufe. Hier sei man breiter aufgestellt als in der Vergangenheit. Klassische Restaurantfachkräfte würden jetzt zu Fachleuten für Restaurant- und Veranstaltungsgastronomie ausgebildet.

IHK übt Kritik an geplanter Erhöhung der Beherbergungssteuer

Dass die geplante Erhöhung der Beherbergungssteuer von fünf auf sechs Prozent vom Rat der Stadt Bonn geplant ist, schmeckt den IHK-Verantwortlichen überhaupt nicht. „Wir sind da gar nicht gefragt worden, und das hat uns schon gewundert“, kommentiert Wimmers das Vorhaben.

Die Beweggründe der Politik seien nachvollziehbar, aber die Kammer sei nicht einbezogen worden und lehne die Erhöhung daher ab. „Geht man mit einer Branche so um, die unter Corona so gelitten hat?“, fragt Wimmers.

Zudem treffe die Steuer nicht nur Touristen, sondern auch Geschäftsreisende. In Köln und im Rhein-Sieg-Kreis seien noch nicht alle Bereiche von der Beherbergungsstreuer betroffen.