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BürgerentscheidInitiative will den Bau einer ZUE in Niederkassel verhindern

Lesezeit 4 Minuten
Auf diesem Grundstück an der Spicher Straße zwischen Niederkassel-Ort und Uckendorf soll die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes für bis zu 350 Geflüchtete entstehen.

Auf diesem Grundstück an der Spicher Straße zwischen Niederkassel-Ort und Uckendorf soll die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes für bis zu 350 Geflüchtete entstehen.

In Niederkassel soll eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für bis zu 350 Geflüchtete entstehen. Eine Initiative will das verhindern.

Die Pläne von Stadt und Bezirksregierung, auf einem Grundstück zwischen Niederkassel-Ort und Uckendorf eine sogenannte Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Geflüchtete zu bauen, stoßen auf Widerstand. Eine Gruppierung um führende Köpfe der neu gegründeten Wählerinitiative Niederkassel (WIN) will das Vorhaben mit einem Bürgerentscheid stoppen. Dessen Ziel ist es, den zwischen der Stadt und der Bezirksregierung abgeschlossenen Vertrag unverzüglich zu kündigen.

„Wir wollen, dass die Errichtung und der Betrieb einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für 350 Flüchtlinge in Niederkassel, mittels des basisdemokratischen Instrumentes Bürgerbegehren/Bürgerentscheid entschieden wird“, begründen die Initiatoren Edward Knieling, Benjamin Meybohm und Ralf Spickenbaum, die auch dem Vorstand der WIN angehören, ihren Vorstoß. Sie wollen, dass Flüchtlinge wie bisher schon dezentral im Stadtgebiet untergebracht werden. Eine Unterbringung in einer „Massenunterkunft“ sei nicht menschenwürdig.

Einrichtung soll zwischen Uckendorf und Niederkassel entstehen

Der Stadtrat hatte sich in seiner Sitzung am 26. September vergangenen Jahres mit großer Mehrheit für den Bau der ZUE auf einem mehr als 9000 Quadratmeter großen Areal in unmittelbarer Nähe des Niederkasseler Kreisverkehrs ausgesprochen, das inzwischen der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) gehört und von einer Kiesgrube, der L 269 und der Spicher Straße begrenzt wird. Für das Vorhaben votierten seinerzeit 29 Ratsmitglieder von CDU, SPD, Grünen und FDP, dagegen stimmte der Vertreter der AfD. Vier Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme: Marcus Kitz (CDU), Ulrich Buchholz und Sascha Essig (Grüne) sowie Eckart Rüther (BSW).

Die große Mehrheit der Ratsmitglieder erhofft sich von der ZUE vor allem finanzielle Vorteile für Niederkassel. Denn die Kosten für Bau und Betrieb der Einrichtung werden komplett vom Land übernommen. Trotzdem werden die in der ZUE aufgenommenen Geflüchteten in vollem Umfang auf die Unterbringungsverpflichtung der Stadt angerechnet. In einer Kalkulation hatte die Stadtverwaltung vorgerechnet, dass sie während der zunächst zehnjährigen Vertragsdauer rund 26 Millionen Euro sparen wird. Würde die ZUE nicht gebaut, müsste die Stadt, die sich seit Ende vergangenen Jahres in der Haushaltssicherung befindet, diesen Betrag für den Bau und den Betrieb eigener Unterkünfte für die Geflüchteten selbst aufbringen.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens bezweifeln allerdings die Berechnungen der Stadtverwaltung und legen sogar die Vermutung nahe, dass diese nicht seriös rechne. „Eine offene und nachvollziehbare Rechnungslegung darüber, welche realen Kosten bisher angefallen sind, lassen dann erst überhaupt seriös bewerten, ob die prognostizierten Einsparungen realistisch sind oder nur ein Rechentrick der Verwaltung“, heißt es auf der Internetseite der Initiative. „Jeder sollte, diese Zahlen kritisch hinterfragen. Eine langfristige Entscheidung für unsere Stadt sollte auf fundierten Fakten basieren, nicht auf spekulativen Berechnungen.“

Initiatoren beklagen Entscheidung über die Köpfe der Niederkasseler Bürger

Weitere Argumente, die die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen eine ZUE anführen sind unter anderem mögliche Wertminderungen von Immobilien, ein „Verlust an Wohn- und Standortattraktivität“, fehlende Kapazitäten bei der Infrastruktur, eine „langfristige Fremdbestimmung der Stadt“, ein fehlendes Integrationsangebot für Geflüchtete sowie „erhöhte Sicherheitsbedenken“. Zudem fordern sie bei einer Entscheidung für oder gegen den Bau der ZUE mehr Bürgerbeteiligung an. „Sollte eine solche Entscheidung mit einer solchen Tragweite über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger getroffen werden, wie es bereits bei der Grundsteuererhöhung und dem Schulzentrum Nord passiert ist?“, heißt es auf dem Online-Auftritt der Befürworter.

Ungeachtet der Diskussion in Niederkassel hält die Bezirksregierung bislang an ihren Plänen fest. „Die Bezirksregierung Köln hat weiterhin ein großes Interesse an der Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete in Niederkassel“, sagt deren Pressesprecher Dennis Heidel auf Anfrage dieser Zeitung. „Die avisierten Plätze sind in unsere Gesamtkapazitätsplanung fest eingeplant.“ Das Vorhaben werde „im Rahmen der Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der gebotenen Wirtschaftlichkeit diesseits weiter vorangetrieben“, teilt die Behörde mit.

Da man sich noch im Planungsstadium befinde, würden derzeit ohnehin nur vorbereitende Maßnahmen getroffen. „Klar ist jedoch, dass die Bezirksregierung die geplante Unterkunft nicht gegen den Willen der Bürgerschaft errichten wird“, betont Heidel.


Mit einem mehrstufigen Verfahren zum Bürgerentscheid

Ein Bürgerbegehren ist ein Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Das Bürgerbegehren gegen die geplante ZUE muss bis zum 11. März von mindestens 2165 in Niederkassel stimmberechtigten Personen mit ihrer Unterschrift unterstützt werden. Diese Zahl kann sich noch geringfügig ändern, weil sich die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt laufend verändert.

Kommt dieses Quorum zustande, muss sich der Stadtrat mit dem Bürgerbegehren beschäftigen. Er muss dabei zunächst entscheiden, ob es formell zulässig ist. Ist dies der Fall, kann der Stadtrat das Begehren inhaltlich übernehmen. Tut er das nicht, folgt der Bürgerentscheid. An ihm können alle stimmberechtigten Niederkasselerinnen und Niederkasseler teilnehmen.

Bei der Abstimmung können sie die Frage – in diesem Fall, ob der ZUE-Vertrag mit der Bezirksregierung aufgehoben werden soll – mit Ja oder Nein beantworten. Die Mehrheit entscheidet. Allerdings muss diese Mehrheit im Falle Niederkassels mit seinen rund 40.000 Einwohnern mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen. Die Initiatoren des Bürgerentscheides benötigen – Stand heute – mindestens 6168 Ja-Stimmen.