Lohmar nach der Flut„Auf dem Campingplatz wollen alle wieder an den Fluss“
Lohmar – Charlotte Schwadorf streicht sich mit der Handkante über den Hals: So hoch, bis Oberkante Unterlippe, stand auf dem Campingplatz Meigermühle im Uferbereich das Wasser. Es hinterließ Schäden, Schlamm und Schimmel. Und Ärger.
Der steigt wieder in ihr hoch, wenn sie heute, am Jahrestag der Flut, die Bilder betrachtet, wenn sie an die Wochen danach denkt: „Viele Camper haben vor allem mich dafür verantwortlich gemacht“, sagt die Platzbetreiberin. „Die wollten vor allem ihren Frust loswerden.“
Schweres Wohnmobil drehte sich um 180 Grad
Schwadorf und die Sülz, das ist eigentlich eine Liebesgeschichte: „In dem Fluss habe ich als Kind schwimmen gelernt“, erzählt die 57-Jährige. Ihre Eltern Johanna und Werner Hackmann, gründeten den Campingplatz in den 1960er Jahren zwischen der Autobahn 3 und der Sülztalstraße, der Familie gehört auch das Restaurant auf der anderen Seite der L 288, das dahinter liegende, kleine Seniorenheim, die beiden Tennisplätze und der Minigolfplatz. Auch heute noch nimmt Schwadorf an der Einstiegsstelle auf dem Platz gern ein Erfrischungsbad.
Acht Campingplätze an Agger und Sülz
Ufernutzung nicht verboten
Acht Campingplätze gibt es in Lohmar, fast alle liegen an Agger und Sülz, stellenweise kam es vor einem Jahr zu dramatischen Szenen, als Menschen in ihren Wohnwagen eingeschlossen waren, und zu Rettungsaktionen. Politik und Verwaltung beratschlagen zur Zeit über einen besseren Hochwasserschutz.
Die Platzbetreiber können nicht gezwungen werden, den Uferbereich frei zu lassen, sagt Kreis-Umweltdezernent Christoph Schwarz. Nach Informationen dieser Zeitung war ein Versuch der Stadt, ein Areal zu kaufen, wohl an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert. Auch die Bezirksregierung hätte etwas draufgelegt.
Der Rhein-Sieg-Kreis könne lediglich vermitteln, so Schwartz, habe für Grunderwerb keine Mittel. Ebenso wenig der Aggerverband, sagt dessen Sprecher Axel Blüm. Dafür gebe es keine Förderung. Nur wenn Betreiber ihre Plätze aufgeben, gebe es eine Chance zur Renaturierung, wie in Lohmar-Peisel.
Die Stadt kontrolliere, dass die Landesverordnung eingehalten werde, schildert Charlotte Schwadorf, Betreiberin des Platzes Meigermühle: „Die Wohnwagen dürfen nur Vorzelte haben und keine Anbauten, Schuppen und Hütten sind verboten. Wir stellen jetzt Rasenmäher und Gartengeräte für die Camper.“ (coh)
Kauf an Preisvorstellungen gescheitert
Die Platzbetreiber können nicht gezwungen werden, den Uferbereich frei zu lassen, sagt Kreis-Umweltdezernent Christoph Schwarz. Nach Informationen dieser Zeitung war ein Versuch der Stadt, ein Areal zu kaufen, wohl an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert. Auch die Bezirksregierung hätte etwas draufgelegt. Der Rhein-Sieg-Kreis könne lediglich vermitteln, so Schwartz, habe für Grunderwerb keine Mittel. Ebenso wenig der Aggerverband, sagt dessen Sprecher Axel Blüm. Dafür gebe es keine Förderung. Nur wenn Betreiber ihre Plätze aufgeben, gebe es eine Chance zur Renaturierung, wie in Lohmar-Peisel.
Anbauten sind verboten
Die Stadt kontrolliere, dass die Landesverordnung eingehalten werde, schildert Charlotte Schwadorf, Betreiberin des Platzes Meigermühle: „Die Wohnwagen dürfen nur Vorzelte haben und keine Anbauten, Schuppen und Hütten sind verboten. Wir stellen jetzt Rasenmäher und Gartengeräte für die Camper.“ (coh)
Nur einmal habe sie zuvor ein starkes Hochwasser erlebt, 1975. Kein Vergleich zum 14. Juli 2021, als am Abend innerhalb von zehn Minuten der Pegel um einen halben Meter stieg. Als sich unter dem starken Druck ein Wohnmobil um 180 Grad drehte.
15 Dauercamper verließen den Platz
Als drei Wohnwagen in den Fluss rutschten. Als Wohnwagen von Campingplätzen flussaufwärts, mitgerissen von der Strömung, vorbei trudelten.
Von den 35 Dauercampern habe sie etwa 15 verloren, alle langjährige Stammgäste. Die seien sofort gegangen, ihr noch Geld schuldig geblieben: „Es wäre ja richtig gewesen, bis zur Wiederherstellung des Platzes nichts zu bezahlen, aber die Verträge liefen ja noch bis Jahresende.“ Etwa 25.000 Euro habe die Familie investiert in eine neue Stromversorgung, die nach vier Wochen stand, in Zufahrten und Wege. Die Versicherung habe nur einen Teil getragen, den Versicherungsschutz habe sie nun aufgestockt.
Schäden gab es an fast allen Wohnwagen-Plätzen, am schlimmsten hatte es die Camper nahe am Wasser getroffen, nur ein einziger blieb verschont, Charlotte Schwadorf deutet auf die Einfahrt: „Dort ist die höchste Stelle.“ Sie sei an besagtem 14. Juli nachmittags von der Stadt verständigt worden, habe ihren Mitarbeiter auf dem Platz alarmiert und versucht, die Gäste, die nicht auf dem Platz waren, telefonisch zu erreichen, was nicht in allen Fällen gelang.
Camper achten viel mehr aufs Wetter
Als das Wasser abgelaufen war, bot sich ein Bild der Zerstörung. Schwadorf mietete einen Radlader, um den Sperrmüll zu einem Berg zusammenzuschieben. Die Stadt stellte die Container. Überall wurde geputzt und gewerkelt. „Heute ist nichts mehr zu sehen.“
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Wer genau hinschaut, bemerkt allerdings, dass alle Wohnwagen gleich ausgerichtet sind, mit der Anhängerkupplung zur Ausfahrt hin: „Damit die Leute ihr Hab und Gut im Ernstfall schnell wegziehen können.“
„Die Leute wollen wieder in die erste Reihe“
Sie spüre auch ein Jahr danach eine erhöhte Nervosität, erhalte häufiger besorgte Anrufe der Gäste: „Geht die Sülz wieder hoch?“ Sie sei gerne optimistisch, glaube nicht, dass ein solches Starkregenereignis so bald wiederkehrt, habe sich aber, sicher ist sicher, eine Warn-App aufs Handy geladen.
Die 57-Jährige gibt einen Stoßseufzer von sich: „Gut, dass nicht noch viel Schlimmeres passiert ist.“ Niemand sei in Lohmar ernsthaft verletzt worden, niemand getötet. Die Sülz plätschert dahin, das Ufer ist längst wieder belegt, ein Jahr nach der Flut: „Die Leute wollen in die erste Reihe.“