Den Nachbarn stinkt es schon seit Tagen, doch dem Verursacher sind die Hände gebunden. Grund ist das Tierbeseitigungsunternehmen.
Dem Dorf stinkt'sVerendete Kuh liegt seit Tagen in Lohmarer Scheune – Fachfirma hat keine Zeit
Durch Oberstesiefen zieht ein süßlich-fauliger Geruch. Die Terrassen und Gärten sind auch bei schönstem Wetter menschenleer. Den Nachbarn stinkt es schon seit Tagen, doch dem Verursacher, Bauer Rüdiger Ohmann, sind die Hände gebunden. In einer Scheune liegt seit Freitagfrüh eine verendete Kuh, doch das Tierbeseitigungsunternehmen hat keine Zeit.
Das rund 500 Kilo schwere Fleckvieh ist mit hellen Planen abgedeckt, Fliegen umschwärmen den mächtigen Körper. Ohmann, der eine Mutterkuhherde mit 90 Tieren hält, hatte Freitagfrüh die tote Kuh auf der Weide entdeckt und mit seinem Trecker in den abgelegenen, alten Stall gebracht, dann die Secanim GmbH verständigt, wie es seine Pflicht ist. Das Tierseuchengesetz sieht eine „unverzügliche Abholung“ vor, idealerweise innerhalb von 24 Stunden.
Wäsche aufhängen, im Garten sitzen, grillen, unmöglich bei dem Gestank
Die Fachfirma nannte ihm allerdings den Montag als frühestmöglichen Termin, und das vor dem Wochenende mit extrem heißen Temperaturen. Ohmann blieb nichts anders übrig, als abzuwarten bis zum Wochenanfang: „Doch niemand kam.“ Auch kein Anruf von Secanim. Dafür kamen die Beschwerden aus der Nachbarschaft: „Wir ziehen ins Hotel.“
Am Dienstag meldete sich der erfahrene Landwirt erneut bei den Beseitigern. Wieder eine Zusage, heute werde es etwas, abends dann die Absage: „Es wird frühestens Mittwoch.“ Bis zum Besuch unserer Redaktion am frühen Mittwochnachmittag war allerdings noch niemand da gewesen.
Schwägerin Dagmar Ohmann, die mit ihrem Mann Dirk neben der alten Scheune wohnt, ist froh, dass wenigstens an diesem Tag ein laues Lüftchen weht: „Der Geruch zieht überall rein.“ Wäsche aufhängen draußen oder gar Grillen, unmöglich. Noch viel schlimmer aber sei die mögliche Gesundheits- oder gar Seuchengefahr: „Wir wissen ja gar nicht, ob die Kuh krank war.“
Tierbeseitiger sind wegen Blauzungenkrankheit am Limit
In seiner Not hatte der 68-Jährige - seit 52 Jahren ist er im Beruf, vor 20 Jahren übernahm der den elterlichen Hof - das Veterinäramt des Rhein-Sieg-Kreises eingeschaltet; doch die Anrufe der Behördenvertreter bei der Firma und der Verweis auf die Dringlichkeit blieben ebenso erfolglos.
Ein anderes Unternehmen darf der Landwirt nicht beauftragen: Secanim mit Hauptsitz im westfälischen Lünen hat einen Exklusiv-Vertrag mit dem Kreis. Und mit vielen anderen Kommunen. Das ist die Regel: In Deutschland ist Tierkörperbeseitigung eine hoheitliche Aufgabe, in jedem Bezirk ist nur eine Fachfirma zuständig.
Nachfrage der Redaktion bei Secanim: Die Sprecherin ist gleich im Bilde, bedauert die Situation und bittet um Verständnis. Man arbeite am Limit, Grund sei vor allem die von Mücken übertragene Blauzungenkrankheit, die die Tiere der Halter, vor allem Schafe, massenhaft dahinraffe.
Am Donnerstag soll die verendete Kuh endlich abgeholt werden
Statt der üblichen 1000 Fälle habe man in den vergangenen Tagen zu 1800 ausrücken müssen, „dabei ging es nicht um einen Kadaver, sondern um sehr viele, 20, 30, manchmal 50“. Das Unternehmen habe schon Touren verstärkt und sei auch am Samstag gefahren. Mitarbeiter seien aus dem Urlaub zurückgeholt worden.
Aufträge an andere Transportunternehmen zu vergeben sei leider nicht möglich. Es brauche Spezialfahrzeuge und Fachleute für Hygiene und Desinfektion. Am Ende gibt die Sprecherin ein Versprechen: Die Kadaver-Experten seien quasi schon im Anmarsch, noch am Mittwoch werde der verwesende Tierkörper entfernt.
Ob das etwas wird? Das Veterinäramt des Kreises erklärt um 15.25 Uhr in einer schriftlichen Stellungnahme die Ausnahmesituation und teilt mit: Das Tier wird erst am Donnerstag abgeholt. Eine Woche nach dem ersten Anruf aus Oberstesiefen.