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Zu teuer, zu wenige LeuteLohmar steigt aus gemeinsamer Nachtstreife im Rhein-Sieg-Kreis aus

Lesezeit 3 Minuten
Elf Menschen gruppieren sich um ein Fahrzeug des Ordnungsamtes

2019 als Erfolgsmodell gefeiert: Der gemeinsame kommunale Ordnungsdienst mit einigen der damaligen Bürgermeister (r.) und dem früheren Lohmarer Ordnungsamtsleiter Jörg Maurer (l.). (Archivbild)

Die Nachtstreife sollte Geld sparen. Doch die Wege zu den Ruhestörungen sind weit, die Kosten unter den Kommunen unfair verteilt, beklagt Lohmar.

Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden: Sieben Kommunen stellten im Sommer 2019 einen gemeinsamen Ordnungsdienst auf die Beine, der zu nächtlichen Ruhestörungen ausrücken sollte. Durch die Zusammenarbeit wollte man vor allem Personalkosten sparen. Doch nach sechs Jahren verlässt Lohmar, wo die Streife stationiert und in der Verwaltung verankert war, das Projekt.

Hauptgrund: Das Gebiet war zu groß, hieß es im Haupt-, Finanz- und Beschwerdeausschuss. Beteiligt sind die Städte Sankt Augustin und Lohmar sowie die die kleineren Gemeinden Neunkirchen-Seelscheid, Much, Ruppichteroth, Eitorf und Windeck. Die Kräfte in dunkelblauer Dienstkleidung und stichsicheren Schutzwesten mussten bis zu 50 Kilometer zum Einsatzort fahren. Oft, so darf vermutet werden, war dann der Anlass für die Alarmierung schon vorbei.

Sankt Augustin lehnt höhere Personalkosten ab

Die Praxis habe gezeigt, dass der Personalaufwand deutlich umfangreicher sei, als zunächst erwartet, heißt es in einer Stellungnahme der Lohmarer Stadtverwaltung. Leute für diesen Job seien zudem kaum zu finden, was an den unattraktiven Arbeitszeiten liegen könnte: von 22 bis 4 Uhr an Wochenenden, freitags und samstags, sowie vor Feiertagen. Auch die Vergütung sei in der Entgeltgruppe 6 nicht grade üppig. Vollzeit liegt der Monatsverdienst bei etwa 3000 Euro.

Die Sachkosten seien zu niedrig angesetzt worden, der Abrechnungsschlüssel, der auf Einwohnerzahlen basierte, passte laut der Stadt Lohmar nicht zu den Einsätzen. Man zahle im Vergleich zu anderen Kommunen, wo das Nachtleben offenbar turbulenter ist, zu viel.

Eine Gebühr pro Einsatz sei laut Stadt Lohmar fairer als die Abrechnung nach Einwohnerzahl

2019 lagen die Gesamtkosten bei knapp 200.000 Euro. Sankt Augustin musste anfangs einen Anteil von 65.920 Euro, Lohmar 35.708 Euro, Neunkirchen-Seelscheid 23.250, Windeck 22.139, Eitorf 22.119 Euro, Much 17.001 und Ruppichteroth 12.200 Euro für das Team aus einer Vollzeitkraft und vier Halbtagskräften auf den Tisch legen, mit den Jahren stieg der finanzielle Aufwand.

Die Stadt Lohmar legte den sechs Partnern eine neue Gebührenkalkulation vor, mit einer Eingruppierung in die besser entlohnte Entgeltstufe acht und einer Dienstgruppenleitung sowie einer Gebühr pro Einsatz, ähnlich wie im Rettungsdienst. Das sei fairer und würde die Probleme lösen.

Da Sankt Augustin die Neuberechnung ablehnte, wird Lohmar nun die interkommunale Vereinbarung zum 31. Dezember 2025 fristgerecht kündigen, so beschloss es der Ausschuss. Bis Mitte des Jahres soll ein Konzept für die Neuorganisation des Ordnungsaußendienstes erarbeitet werden, teilte der städtische Beigeordnete Andreas Behncke mit. Er wolle „Synergien in den Bereichen Verkehrsüberwachung, Rufbereitschaft und Durchsetzung der Stadtordnung“ prüfen.

Warum war ein interkommunaler Streifendienst überhaupt nötig? Jahrzehntelang war die Polizei zu nächtlichen Ruhestörungen ausgerückt, meist alarmiert von Menschen, die durch Partys der Nachbarn nicht in den Schlaf fanden. Eine freiwillige Amtshilfe für die Kommunen, die die Polizei aufgrund anderer, dringenderer Aufgaben nicht mehr leisten wollte. Start des gemeinsamen Ordnungsaußendienstes sollte im Mai 2018 sein.

Der Leiter der Kreispolizeibehörde, Landrat Sebastian Schuster, hatte auf schnelle Umsetzung gedrängt. Doch zunächst musste jeder Rat die Vereinbarung politisch absegnen, erst dann konnte Lohmar die Stellen ausschreiben. Es gab rund 60 Bewerber. Die Polizei ist übrigens nicht ganz aus dem Spiel, sie leitet die Anrufe der Bürger an die Kommunalstreife weiter. Wird es brenzlig, ruft das Ordnungsamt die Freunde und Helfer hinzu.

Wie sieht es in den anderen Städten im Rhein-Sieg-Kreis aus? Siegburg hat ein eigenes Team im Nachteinsatz, ebenso Hennef, Troisdorf und seit kurzem auch Niederkassel. Die Stadt am Rhein war zuvor in den Sommermonaten vom Troisdorfer Ordnungsamt mitbetreut worden.