Eine Lohmarer Kita soll umziehen, um die Anwohner zu entlasten, doch der neue Standort ist abgelegen, so dass die Zahl der Elterntaxis wächst.
AnwohnerprotestHol- und Bringverkehr in Lohmar wächst wegen Kindergarten-Umzug
Noch bevor die Bagger anrollen, wird schon Anwohnerprotest laut. Die Verlagerung der Kita Waldgeister an den Reiterhof, ans Ende einer Sackgasse, das bedeute erheblich mehr Verkehr für das Viertel zwischen Hauptstraße und Waldrand. Zudem: Die Zahl der Eltern, die den Nachwuchs zur Kita kutschieren, wachse noch, da das Grundstück so abgelegen ist. Was ist dran an der Kritik?
Nimmt man die nackten Zahlen, haben die Kritiker nicht Unrecht. Ein Gutachten prognostiziert, dass rund ein Viertel mehr Kinder mit dem Auto zur Betreuung gebracht werden, weil viele Familien nicht mehr im engeren Umkreis wohnten. Bei Wegen bis zu 500 Metern gingen die meisten Eltern mit ihren Kindern zu Fuß oder nutzten das Fahrrad; bei 500 bis 1000 Metern überwiege das Fahrrad, der Pkw-Anteil wachse; bei mehr als 1000 Metern würden die meisten den Pkw nutzten.
Machbarkeitsstudie: Anliegerstraßen in Lohmar sind dem zusätzlichen Verkehr gewachsen
Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Schluss, dass die Anliegerstraßen dem Verkehr gewachsen sind. Zugrunde gelegt wurden allerdings die heutigen Zahlen: Die Kita Waldgeister hat derzeit nur vier Gruppen und soll am neuen Standort auf sechs Gruppen wachsen.
Im Stadtentwicklungsausschuss, der die Bebauungsplanänderung beschließen muss, herrschte Uneinigkeit. Klar wurde, dass das Grundstück keine Ideal-, sondern eine Kompromisslösung ist. Bürgermeisterin Claudia Wieja (Grüne) sprach in Bezug auf den steigenden Pkw-Verkehr von einer „Kröte, die wir schlucken müssen“.
Laut Stadt gibt es nur noch ein weiteres geeignetes Grundstück in Lohmar-Ort
Es gebe in Lohmar-Ort nur ein weiteres geeignetes Grundstück für eine Kindertagesstätte dieser Größe, das aber wolle der private Eigentümer nicht verkaufen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Horst Becker betonte die Notwendigkeit, Kindergartenplätze zu schaffen. So habe die evangelische Kirche Abstand von den Plänen genommen, die Kita Sonnenschein um zwei Gruppen zu erweitern, so steht es im neuen Kindertagesstättenbedarfsplan.
Der kommende Jugendhilfeausschuss befasst sich auch mit der Problematik. Die Verwaltung erläutert in der Vorlage die Optionen. Es gebe fünf Kitas in Lohmar-Ort. Eine Aufstockung der Kita Agger Pänz sei zwar möglich, doch dann hätten die zwei Gruppen im Obergeschoss keinen direkten Zugang zum Außengelände. Durch die nötige Treppe wachse die Unfallgefahr, ein Aufzug zur Herstellung der Barrierefreiheit sei teuer.
Am Jabachkindergarten fehle der Platz für einen Anbau, die Dachkonstruktion erschwere eine Aufstockung. Die Kita Waldgeister nutzt derzeit Räume der Gesamtschule, die diese aber selbst benötige. Sowohl aus „kita-fachlicher Sicht und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten“ sei der Umzug in einen Neubau an der Pützerau aus Sicht der Stadt zu bevorzugen.
Die Diskussion um die Kita-Verlagerung hatte durch die Probleme mit den Elterntaxis an Grund- und Gesamtschule an Fahrt gewonnen. Die beiden Schulen liegen ebenfalls am Ende von zwei Sackgassen, so dass sich der Hol- und Bringverkehr, die Schulbusse und die Anwohner in die Quere kommen.
Eine Schulstraße ist laut Stadt Lohmar wegen der Kita nicht möglich
Eine Schulstraße, das heißt eine zeitweise Abriegelung des oberen Bereichs, sei wegen der Kita nicht möglich, für Eltern mit Kleinkindern sei der Weg hinauf zu beschwerlich.
Die CDU votierte gegen den Kita-Umzug zum Reiterhof, „da so eine Seite entlastet und eine Seite belastet wird“, sagte CDU-Ratsherr Frank Jonas, der als Nachbar von Wald- und Gesamtschule vom Verkehrschaos betroffen ist: „Ich haben jeden Morgen den Stau und das Gehupe vor dem Schlafzimmerfenster.“ Er bezweifele indes, dass die Verlagerung der Kita viel Entlastung bringe.
Auch das Verkehrsgutachten stellte er in Frage: „Die Pützerau, viel länger und verwinkelter als die Hermann-Löns-Straße, gibt es nicht her.“ Das Gutachten sei nur eine erste Abschätzung, sagte Bauamtsleiterin Kerstin Tillmann. Verkehrsberuhigende Maßnahmen brachte Horst Becker ins Spiel. Der Ausschuss votierte mehrheitlich für die Bebauungsplanänderung, die CDU geschlossen dagegen.
Die Anwohner haben in den sozialen Medien die Bürger dazu aufgerufen, zahlreich am Jugendhilfeausschuss teilzunehmen. Der tagt am Dienstag, 24. September, um 18 Uhr im Ratssaal, Rathausstraße 4. Einige haben schon zugesagt, darunter auch Befürworter.