Königswinters Stadtverwaltung überraschtBauarbeiter entdecken alte Stadtmauer
Königswinter – „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, aber möglich ist alles“, hatten Albert Koch und Stefan Keuler Mitte April bei einem Ortstermin an der gerade gestarteten Kanalbaustelle in der Drachenfelsstraße gesagt. Da hatten der Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Tief- und Gartenbau und der Projektleiter im Gespräch mit dieser Zeitung darauf hingewiesen, dass die Bauarbeiten im Herzen der Altstadt zumindest auf den ersten Metern in einem Bodendenkmal stattfänden.
Jetzt ist der eher unwahrscheinliche Fall eingetreten: Bei den Arbeiten sind Reste der alten Stadtmauer ans Tageslicht gekommen. Das teilte die Stadt Königswinter am Freitag mit und spricht trotz der Vorahnungen ihrer Fachleute von einer „unerwarteten“ Entdeckung. Der Fund im Bereich Drachenfelsstraße 29-31 sei umgehend dem Amt für Bodendenkmalpflege gemeldet worden. „Die Tiefbauarbeiten, die Teile der mittelalterlichen und neuzeitlichen Altstadt umfassen, werden archäologisch begleitet. Die Mauerreste werden jetzt entsprechend den gesetzlichen Regelungen und den Vorgaben der Oberen Denkmalbehörde freigelegt und dokumentiert“, so die Stadtverwaltung.
Arbeiten für Kanal pausieren
Der Kanalbau kann demnach bis zur vollständigen Dokumentation der Mauerreste nicht weitergehen. Nach dem jetzigen Stand der Dinge führe das zu einem Stillstand von etwa zwei Wochen. Auswirkungen auf die Gesamtbauzeit – der Abschluss des Projekts war geplante für Ende Februar 2022 – habe der Fund bisher nicht, weil parallel andere anstehende Arbeiten vorgezogen werden könnten.
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Ungefähr an der Stelle des Fundes stand im Mittelalter eines von vier Stadttoren, das Kirkestor, dessen Bezeichnung wohl ursprünglich Kirchgassentor lautete und das bis 1845 stand, wie Elmar Scheuren erläutert, der langjährige Leiter des Siebengebirgsmuseums und ausgewiesene Kenner der Region.
Folgen für den Straßenverkehr noch offen
Ob mit dem historischen Fund auch eine längere Sperrung der Süd-Nord-Durchfahrt durch die Innenstadt verbunden ist, konnte Königswinters Technischer Dezernent Theo Krämer noch nicht sagen. Das hänge von den weiteren Untersuchungen ab.
Mit den Bauarbeiten ist zurzeit eine Kappung der Drachenfelsstraße in Höhe der Grabenstraße beziehungsweise der Remigiusstraße verbunden. Autofahrer aus dem Süden werden großräumig über die Bundesstraße 42 umgeleitet. Im Großen und Ganzen funktioniere die Lösung, sagte Krämer. Aber es gebe immer Autofahrer, die Verkehrsschilder nicht ernst nähmen. (csc)
Die drei anderen Stadttore waren das Untere Tor (im Norden der Hauptstraße), das Obere Tour (im Süden der Hauptstraße) und das Rheintor. An den einstigen Standorten sind 2015 – zum Jubiläum 1000 Jahre Stadt Königswinter – vier Bronzetafeln verlegt worden. Diese Initiative ging zurück auf den Bürger- und Verkehrsverein Alt-Königswinter.
Länge der Stadtmauer sind nicht genau bekannt
Königswinter habe, so Scheuren im 13. Jahrhundert eine ältere Stadtbefestigung gehabt, die im 14. Jahrhundert durch eine Mauer mit den vier Toren ersetzt worden sei. Allerdings sei nicht sicher, ob Königswinter wirklich rundum von einer Mauer umgeben gewesen sei, möglicherweise habe es bergseitig nur Palisaden gegeben. Ein Graben verlief auf der Bergseite zwischen der heutigen Grabenstraße und der Straße Kleiner Graben.
Auf den Bronzetafeln heißt es: „Nach 1600 verfiel die inzwischen nutzlose Mauer und wurde allmählich abgetragen. Um den Graben entstand ein Fuhrweg – die heutige Grabenstraße – und anstelle der Mauer die Straße Kleiner Graben. Die vor Hochwasser schützende rheinseitige Mauer wurde – wie die Tore – erst nach 1800 abgebrochen.“