Stadt Blankenbergs ZukunftHennefer Politiker streiten heftig über Millionenprojekt
Hennef – Wie werden spätere Generationen über das Millionenprojekt denken? „Sie werden uns verdammen“, sagte Harald Chillingworth (Unabhängige). „Warum habt ihr das damals nicht gemacht?“ Das, so Regina Osterhaus-Ehm (CDU), werde man gefragt, wenn Hennef die „historisch einmalige Chance“ jetzt nicht nutze.
In diesem Spannungsfeld bewegte sich die Aussprache über das Integrierte Handlungskonzept Stadt Blankenberg, mit der die jüngste Sitzung des Ausschusses für Dorfgestaltung und Denkmalschutz begann. In zwei geheimen Abstimmungen stellte sich anschließend eine breite Mehrheit hinter das Vorhaben. Mit 17:6 beziehungsweise 18:5 Stimmen brachten die Kommunalpolitiker den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan voran.
Einmal mehr wurden die Kosten diskutiert. Für das Gesamtpaket mit Sanierung der mittelalterlichen Stadtmauer, Panoramaweg, Feuerwehr-Neubau, Kultur- und Heimathaus nebst Ausstellung, Parkplatz, Lehrgarten und grünem Klassenzimmer vor der Stadtmauer, einer Aufwertung der S-Bahnstation und Kleinbuslinie sind 41,2 Millionen Euro kalkuliert.
23,6 Millionen Euro kommen aus diversen Fördertöpfen. 17,6 Millionen Euro beträgt der Eigenanteil der Stadt. In etwa gleich viel müsste die Stadt laut Rechnung der Verwaltung bei einem Ausstieg aus dem Handlungskonzept für die Pflichtaufgaben Feuerwehr und Mauersanierung aufbringen. Dazu kämen bereits angefallene Planungs- und Grunderwerbskosten. „Es ist teurer, aus dem Projekt auszusteigen, als es durchzuführen“, resümierte Anke Trockfeld.
Grüne hegen große Zweifel wegen der Kosten
Nicht zuletzt wegen explodierender Bau- und Materialkosten hegten die Grünen große Zweifel an der Kalkulation. „Wir werden deutlich höher liegen“, prophezeite Detlev Fiedrich; Peter Enzenberger sprach von „Zockermentalität“. Fiedrich übergab Bürgermeister Mario Dahm eine Liste mit 156 Unterschriften, die man in Stadt Blankenberg gegen das Projekt gesammelt habe.
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Auch die Unabhängigen hatten Bürgerinnen und Bürger befragt und stießen laut Chillingworth innerhalb der Stadtmauern auf 69 kritische Stimmen. Hanna Nora Meyer (SPD) trat dem Vorwurf entgegen, die Sozialdemokraten hätten eine 180-Grad-Wende vollzogen.
Die SPD habe im Wahlkampf versprochen, das Projekt kritisch zu begleiten. Das habe man getan und Verbesserungen erzielt. „Wir wollen einen Mehrwert erreichen“, sagte Meyer. Wenn nur die Mauer saniert werde, ändere sich nichts in Sachen Besucherlenkung, schauten die Touristen den Stadt Blankenbergern nicht weniger durch die Fenster in die Wohnhäuser. Auch gehe es darum, mit Räumen für die Vereine das gesellschaftliche und kulturelle Leben zu stärken.
Michael Marx (FDP) warf den Kritikern „unlautere“ Argumentation vor, indem etwa die Folgekosten des Heimathauses mit täglich 1000 Euro hochgerechnet würden. Natürlich rechne sich das Haus nicht, das „tut eine Bibliothek aber auch nicht“. Hennef brauche einen Veranstaltungsraum auch außerhalb des Zentralorts.
Scharfer Vorwurf der CDU
Die Chance, die das Integrierte Handlungskonzept biete, werde „systematisch von zwei Fraktionen kaputtgemacht“, klagte Elisabeth Keuenhof (CDU) vor der Abstimmung. Ein letzter Versuch der Unabhängigen, das von allen Fraktionen befürwortete Feuerwehrhaus aus dem Beschluss ausklammern, scheiterte. Das sei rechtlich nicht möglich, erklärte Planungsamtschefin Gertraud Wittmer: „Es ist ein Gesamtpaket, da heißt es ganz oder gar nicht.“
Bei der offensichtlichen Unterstützung durch CDU, SPD und FDP stehen die Zeichen auf „ganz.“
Widerstand gegen das Projekt auch außerhalb des Stadtrates
Prominentester „außerparlamentarischer“ Kritiker des Großprojekts ist der städtische Denkmalbeauftragte und Stadt-Blankenberg-Forscher Helmut Fischer. Er wendet sich gegen „die vorgesehenen massiven Eingriffe“, die fatal seien. Das identitätsstiftende Erscheinungsbild von Stadt Blankenberg bedarf nach Fischers Ansicht keiner „Inwertsetzung“.
Das geplante Kultur- und Heimathaus leide an der „überzogenen Begrifflichkeit“ und erwecke unerfüllbare Erwartungen, führte der 86-Jährige in seiner offiziellen Stellungnahme aus und regte stattdessen ein „Bürgerhaus“ innerhalb des Mauerrings an. „Nicht realisierbar“ heißt dazu von der Stadt, die auch die von Fischer beklagten Verstöße gegen die Denkmalbereichssatzung „Historische Kulturlandschaft Unteres Siegtal“ nicht nachvollzieht.
Bewohner angeblich im Unklaren über Projekt gelassen
Ein Antrag auf eine Bürgerbefragung in Stadt Blankenberg sei abgelehnt worden, man habe den Einwohnern nie exakt gesagt, was geplant werde, moniert Fischer. Auch sei er in seiner Eigenschaft als Denkmalbeauftragter nicht hinzugezogen worden.
Weil der Stadt Blankenberger Heimat- und Verkehrsverein das Thema in seinen Jahreshauptversammlungen 2019 und 2020 nicht diskutiert habe, was er laut Satzung habe tun müssen, kehrte Fischer dem Heimat- und Verkehrsverein, der ihn ehedem zum Ehrenvorsitzenden ernannt hatte, nach fast 70-jähriger Mitgliedschaft voriges Jahr den Rücken.