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BestattungenIm Hennefer Ruhewald ist kein Grab mehr frei

Lesezeit 4 Minuten

Namensschilder kennzeichnen die Grabstätten im Ruhewald. Beigeordneter Michael Walter und Umweltamtsleiter Johannes Oppermann zwischen den Stelen.

Hennef – Im Wald statt auf dem Friedhof bestattet zu werden zählt für immer mehr Menschen zum letzten Willen. In Hennef lässt sich dieser nicht mehr erfüllen. Der Ruhewald ist voll.

Vor zehn Jahren wurden am Nordrand der Geistinger Waldes die ersten biologisch abbaubaren Urnen versenkt. Die Nachfrage war von Beginn an groß. Nicht zuletzt hatte eine „Abwanderungsbewegung“ zu dem Angebot geführt. Jährlich wurde die Asche von mehr als 100 verstorbenen Hennefern außerhalb der Stadt zumeist in Begräbniswäldern bestattet, als es den Hennefer Ruhewald noch nicht gab. Entsprechend sank die Zahl der Beerdigungen auf den zwölf Friedhöfen im Stadtgebiet.

Gräber nur für Hennefer

Seit der Eröffnung 2011 wurden im Hennefer Ruhewald 614 Urnen an 49 nummerierten Gemeinschaftsbäumen beigesetzt. Bei einigen handelt es sich um Jungbäume, die in Lücken des alten Baumbestands gepflanzt worden sind. Im Umkreis jedes Stammes sind zwölf Urnenplätze vorgesehen; in 26 Fällen wurde von der Möglichkeit der Doppelbelegung Gebrauch gemacht. Es gilt das Wohnortprinzip: Wer im Ruhewald bestattet werden will, muss zum Zeitpunkt des Ablebens Einwohner der Stadt Hennef sein oder während der letzten fünf Lebensjahre in Hennef gewohnt haben.

Weiße Schilder, etwa im Postkartenformat, mit dem Namen der Verstorbenen, dem Geburts- und dem Sterbedatum sowie der Nummer des Baumes, an dem die Urne beigesetzt wurde, sind hinter dem Zugang zum Ruhewald auf Cortenstahl-Stelen angebracht. Auf ein Provisorium aus Kunststoff folgt ein Emaille-Schild, das von einer Firma im sächsischen Muldenthal gefertigt wird. (kh)

Schon nach fünf Jahren zeichnete sich ein Kapazitätsengpass auf den 6500 Quadratmetern ab, die die Stadt für den Ruhewald erworben hatte. Deshalb dachte man 2016 über eine Erweiterung des Areals auf dem Wege der Erbpacht nach. Doch daraus wurde nichts.

Und jetzt ist der Ruhewald ausgebucht. Im Dezember 2020 fanden die letzten Beisetzungen statt. 49 ausgewiesene Bäume sind voll belegt, wie auch vier übermannshohe Cortenstahl-Platten beidseitig mit Namensschildern. Eine fünfte Stele wird nicht aufgestellt, kein weiterer Baum wird gesetzt.

Der Bestattungsstopp am Geistinger Wald ist von langer Dauer. Bei einer Ruhezeit von 25 Jahren werden Plätze für neue Urnen erst in 15 Jahren wieder frei. Reservierungen nimmt die Stadt nicht an. Ausnahmen bilden Doppelbelegungen von Urnenstellen, die jedoch von Angehörigen bei der ersten Beisetzung mitgebucht werden mussten. Nachträglich eine Doppelbelegung zu beantragen ist nicht möglich.

Hennef: Urnenbestattung auf Friedhöfen

Eine Alternative ist seit 2016 die Urnenbestattung an Bäumen auf Friedhöfen. Gibt es Pläne der Stadt für einen zweiten Ruhewald? „Wir haben immer wieder einmal Flächen gesucht“, antwortete Johannes Oppermann, Leiter des Umweltamts, in dessen Zuständigkeit die Friedhöfe liegen, auf diese Frage.

Ein so gut geeignetes und schönes Waldstück mit alten Eichen und Hainbuchen wie in Geistingen (inklusive Anbindung an einen Wanderparkplatz) sei aber nicht zu finden gewesen. Auch erneute Bemühungen um eine Erweiterung des bestehenden Ruhewalds scheiterten. „Wir haben bei den Grundeigentümern angefragt“, sagt Oppermann. Niemand sei bereit, Fläche abzugeben.

Verboten ist jeder Grabschmuck, woran sich aber etliche nicht halten.

Die Zahl der Bestattungen im Ruhewald war von Jahr zu Jahr gestiegen. Was als Nischenprodukt gedacht war, entwickelte sich zum Renner. „Ein Pull-Faktor, den wir gar nicht wollten“, betont Oppermann, sei dabei der Preis gewesen. Anfangs betrug die Bestattungsgebühr 827 Euro. 2018 sank die Gebühr auf 717 Euro, und seit 2019 wurden sogar nur noch 470 Euro (plus 590 Euro für die Grabbereitung) in Rechnung gestellt.

Aufwand bestimmt Gebührenhöhe

Die Bestattung auf einem der Friedhöfe kostet ein Vielfaches. Die Gebühren anzugleichen ist nicht ohne Weiteres möglich. Sie dürfen nur den jeweiligen Aufwand abdecken, der im Ruhewald deutlich geringer ausfällt als bei der traditionellen Friedhofsunterhaltung.

Der Ruhewald, den anfangs vor allem katholische Geistliche skeptisch sahen, hat aber auch Nachteile. Einer liegt für einige Hinterbliebene offensichtlich im „Gestaltungsverbot für Baumgrabstätten“, wie es in der städtischen Satzung heißt. Obwohl das Schmücken ausdrücklich untersagt ist, finden sich an etlichen Stellen abgelegte Blumen, Ornamente aus Blütenblättern und Steinen, hin und wieder eine Lampe und Plüschtiere. Wer jüngst im Ruhewald war, konnte sogar kleine Blumenbeete entdecken und mit Plastik-Ostereiern dekorierte Zweige. Das räumt die Stadt ab.

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Neben solchen Verstößen, die nicht geahndet werden, registriert der Umweltamtsleiter „eine manchmal merkwürdige Erwartungshaltung“. Da werde einerseits die Idylle eines naturnahen Waldes gesucht, andererseits aber der Komfort eines Friedhofs mit geräumten Wegen, Bänken und Gedenkplätzen gewünscht. Zuweilen gebe es auch Klagen über die Freizeitnutzung des angrenzenden Waldes etwa durch Jogger, Hundehalter und Reiter.