Langstrecken-JoggerHennefer liefen 1000 Kilometer weit quer durch Namibia
Hennef – Es war beileibe keine Schnapsidee. Der Veranstaltungsmanager Rafael Fuchsgruber war im Mai 2020 am Boden. Im Januar ein Bandscheibenvorfall, im März nach dem James-Blunt-Konzert in der Hamburger Elbphilharmonie Schluss mit dem Job, im April eine Stressfraktur, und im Mai starb seine Mutter.
Wochenlang saß er auf der Terrasse seines Hauses in Niederhalberg, sprach nicht mehr. „Ich hatte depressive Anwandlungen“, erinnert er sich im Gespräch mit dieser Zeitung. Seine Partnerin Tanja Schönenborn litt darunter ebenso wie seine Tochter, die mit den beiden zusammenlebt. Fuchsgruber reiste nach Südfrankreich, an die Stätten seiner Kindheitsurlaube.
Sieben Läufer starteten am 20. Mai
Dort, an der Küste, drängelte sich eine Idee in seinen gequälten Geist. „Wir haben im Mai und Juni Geburtstag, 2021 werden wir zusammen 100 Jahre alt“, skizzierte er den Gedanken, „Tanja 40 und ich 60.“ Er spann weiter: „Zum 100. laufen wir 1000 Kilometer durch die Namib-Wüste.“
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Nun sind beide erfahrene Wüstenläufer, ob Sahara oder Gobi. Aber noch nie hat ein Paar zusammen eine solche Strecke geschafft. „Jetzt ist er durchgedreht“, habe sie gedacht, sagt Schönenborn, als ihr Mann ihr seine Idee vorstellte. Doch da kannte sie ihren Mann schlecht. Mit Feuereifer stürzte er sich in die Vorbereitung. „Ich habe ja die ganze Zeit gearbeitet, den größten Teil musste er erledigen“, schildert die Bankkauffrau.
Ab August gingen die ersten E-Mails nach Namibia, für Drohnenfluggenehmigungen, Arbeitserlaubnisse für das Drehteam, Einfuhr von Kameras – es musste viel geregelt werden. Denn die ARD zeigt Anfang 2022 eine 90-minütige Reportage über die Wüstenquerung. Sieben Leute waren schließlich am Start, darunter ein Arzt.
Am Sossusvlei, eine der kargsten Gegenden der Welt, ging es am 20. Mai 2021 los. Jeden Tag schafften sie gut 60 Kilometer, von 7 Uhr, teils bei Minusgraden, bis 19 Uhr. Tagsüber waren es mehr als 40 Grad. „Wir mussten jeder jeden Tag 15 Liter Wasser trinken“, berichtete Schönenborn.
„Im Film bin ich nur am Heulen, vor Schmerz, vor Freude, vor Frust, vor Hunger.“ Am zweiten Abend waren ihre Füße voller Blasen, der Doc flickte sie täglich zusammen. Heftiger Gegenwind machte ihnen zu schaffen. An der Skeleton Coast war die Luft feucht, rund um den Brandberg drückte die Hitze.
Als sie in Dörfer kamen, rannte die komplette Bevölkerung mit ihnen wieder hinaus. Ein Skorpion und eine Hornviper begegneten ihnen. Der Höhepunkt für Schönenborn, die zu ihrem 40. ein Krönchen aufgesetzt bekam: „Ein schwarzes Wüstenchamäleon hat auf mich gewartet.“
Eigentlich wollten sie genau bei 1000 Kilometern an der Junior School Mount Etyo ankommen, wo sie 3000 Euro spendeten. Doch die Ziellinie lag 43 Kilometer davor. Also hängten sie einen 17. Tag und den Marathon dran. Vermisst haben sie in der Wüste nichts. „Meine größte Sorge war Langeweile, bei elf Stunden mit mir allein, aber die kam nie auf“, sagt Schönenborn.
Sie habe noch nie so schönes Licht gesehen. Das goldgelbe, wogende Gras hat Fuchsgruber besonders begeistert. Am Freitag erzählen sie in der NDR-Talkshow „3 nach 9“ mehr von ihrem Trip, zu dem auch ein Buch erscheint.
Rafael Fuchsgruber, Tanja Schönenborn: „Running wild in Afrika – Paarlauf der Extreme“, 29,90 Euro, 160 Seiten, ISBN 978-3-667-12254-4, Delius-Klasing-Verlag, Bielefeld.