Charlotte Seeger aus Hennef ist 102 Jahre alt. An ihrem Geburtstag erinnert sich ans Tanzen und an eine Flucht in letzter Minute.
Charlotte SeegerHenneferin feiert 102. Geburtstag – mit 90 noch Fahrrad gefahren
Darf es ein Glas Sekt sein? Charlotte Seeger wiegt den Kopf, „nein, lieber nicht“, sagt sie. Fraglos hätte die Henneferin einen triftigen Grund zum Anstoßen. Sie feiert ihren 102. Geburtstag. Unter den mehr als 100 Bewohnerinnen und Bewohnern im Geistinger Altenzentrum Helenenstift ist sie die Älteste.
Rezept für langes Leben: „Sich auch immer geistig beschäftigen“
Tochter Brigitte Piesker (74) kommt vorbei, um ihre Mutter abzuholen. Das „Geburtstagkind“ wird in der Familie gefeiert. Vorher nimmt sich Charlotte Seeger Zeit zum Plausch mit dem Zeitungsreporter. „Ich habe schon von einer Frau in Frankreich gelesen, die ist 116 Jahre alt“, erzählt sie. „Sich möglichst auch immer geistig beschäftigen“, lautet ihre Antwort auf die Frage, wie man ein so hohes Alter erreichen kann. Und: „Bewegung, Bewegung, Bewegung.“
Ein bewegtes Leben hatte Charlotte Seeger mit Mann und Tochter vor allem im Jahr 1961. Die Familie lebte in Berlin, als die Mauer gebaut wurde. „Unser Gartenzaun war quasi die Grenze“, sagt Piesker. Die Seegers befanden sich auf der Ostseite. „Wir sind gerade noch über den Zaun rüber“, erinnert sich die Mutter an die Flucht in letzter Minute. „Das war furchtbar.“
Die Familie kam nach einem Lageraufenthalt nach Waldbröl und zog später nach Hennef-Weldergoven. „Da haben die Eltern dann wieder neu angefangen“, sagt die Tochter. Charlotte Seeger stammt gebürtig aus Glienecke.
Von Beruf war sie Stenotypistin, „eine Zeitlang war ich auch Rotkreuzschwester“, sagt sie. Gern habe sie außerdem im Garten gearbeitet. Sie hatte eine 16 Jahre ältere Schwester und drei jüngere Brüder. Von den Geschwistern lebt niemand mehr, ihr Mann ist 1986 gestorben.
102-Jährige ist stolz auf einen ganz großen Großenkel
Stolz ist die 102-Jährige auf den Enkelsohn Stefan und auf ihren Urenkel Colin, der 18 Jahre alt und „ein ganz, ganz Großer“ ist. „Wenn der den Arm hochhebt, kann ich darunter stehen“, berichtet die Seniorin lachend.
„Ja, das hat Spaß gemacht“, sagt Charlotte Seeger strahlend, als die Sprache aufs Tanzen kommt. In einem Tanzkreis hat sie beim Formationstanz mitgemacht. „Vor-Rück-Drehen-Seit“ – im Kopf geht sie eine Schrittfolge durch, die sie sich gemerkt hat und gestikuliert mit den Händen. „Da braucht man das Gedächtnis für.“ Und das funktioniert bei ihr ausgezeichnet.
Erstaunlich ist auch, dass Charlotte Seeger bis zu ihrem 90. Lebensjahr Fahrrad gefahren ist. „Ja“, sagt sie, „freihändig sogar“ – das freilich nicht mehr 90. Inzwischen ist der Rollator ihr Gefährt. Im Fernsehen schaut sie sich am liebsten Tierfilme an und das Quiz „Wer weiß denn sowas?“ Und „Tatort“? Sie schüttelt den Kopf, Krimis sind nichts für sie.
Zwischenzeitlich wohnte Charlotte Seeger in Süchterscheid. Ins Altenzentrum Helenenstift ist sie erst Ende Januar dieses Jahres gezogen. „Alle sind hier lieb und hilfsbereit“, sagt sie. Dann bricht sie mit der Tochter zur Geburtstagsfeier im Kreis ihrer Lieben auf.