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Schwarzer Tag für EitorfZF Friedrichshafen schließt das Werk – 690 Jobs fallen weg

Lesezeit 3 Minuten
ZF-Eitorf

Das Werk von ZF Friedrichshafen in Eitorf. 

Eitorf – Das Unternehmen ZF Friedrichshafen macht seinen Standort in der Bogestraße dicht und schließt damit zum ersten Mal in der 100-jährigen Firmengeschichte ein Werk. Ende 2025 soll die Stoßdämpfer-Produktionstechnik in Eitorf auslaufen, das teilte die ZF-Gruppe mit.

Am Mittag hatte die IG-Metall zu einer Betriebsversammlung ins Werk eingeladen, dort informierte Peter Holdmann, Leiter der ZF-Division Pkw-Fahrwerktechnik aus Friedrichshafen die Beschäftigten.

Das Eitorfer Werk schreibt seit mehreren Jahren rote Zahlen

Betroffen sind 690 Beschäftigte, die schon seit Monaten und Jahren um ihre Jobs bangen. 2015 hatte das Unternehmen noch eine Standortsicherung bis 2022 mit dem Betriebsrat vereinbart. Doch die Situation in der Automobilbranche verschlechterte sich weiter, Eitorf schrieb rote Zahlen, führte Kurzarbeit ein. In den vergangenen vier Jahren machte das Werk 30 Millionen Euro Miese.

Die Produkte in Eitorf

Im Werk in der Bogestraßesind rund 690 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Sie produzieren vor allem Produkte aus dem Bereich Dämpfungsmodule, beispielsweise Kolbenstangen und Zweirohrdämpfer (Pkw-Achsdämpfer).

Weitere Produktgruppen umfassen unter anderem Nkw-Dämpfer sowie die elektronisch verstellbare Dämpfung CDC. Dies seien zumeist Produkte, die in sehr großer Stückzahl gefertigt werden und die daher einem starken Wettbewerb und Preisdruck ausgesetzt sind, teilte der Konzern mit.

Vor zwei Jahren begannen daher bereits Verhandlungen im Rahmen des deutschlandweit geschlossenen „Tarifvertrags Transformation“, wie Arbeitsplätze und Produktion an der oberen Sieg gesichert werden könnten.

„Am ZF-Standort Eitorf haben Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter seit Dezember 2020 in einem intensiven Austausch versucht, eine Zukunftsstrategie für das Werk zu entwickeln und diverse Szenarien erörtert. Dabei hat sich jedoch trotz aller Bemühungen keine nachhaltig tragfähige Perspektive ergeben“, schildert ZF-Pressesprecher Florian Tausch.

Daher plane ZF nun, die Produktion in Eitorf bis zum 31. Dezember 2025 auslaufen zu lassen. Bis dahin soll die Produktion bereits sukzessiv an andere Standorte verlagert werden.

Konzern sieht keine Perspektive trotz Ansiedlung neuer Produkte

Eine Perspektive für das Eitorfer Werk sieht der Konzern nicht: Trotz eines hohen Automatisierungsgrades und der Ansiedelung neuer Produkte sei auch künftig „keine positive Entwicklung zu erwarten, da der Preisdruck durch Wettbewerber immer weiter steigt“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

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Bereits seit längerem fertigten Konkurrenten an Standorten zu günstigeren Preisen. Darüber hinaus bestehe das Portfolio des Werks Eitorf überwiegend aus Produkten, für die an diesem Standort aus wirtschaftlichen Gründen kein Nachfolgegeschäft entwickelt werden könne.

Aus für ZF in Eitorf: Andere Standorte in Deutschland bleiben erhalten

Diese Entscheidung sei umso bedauerlicher angesichts der Tatsache, dass an anderen deutschen ZF-Standorten die Zielbildgespräche bereits erfolgreich abgeschlossen worden seien oder sich in einem weit fortgeschrittenen Stadium befänden, sagt Holdmann.

„Wir haben jede erdenkliche Option zur Zukunftssicherung des Werks geprüft. Dazu gehörten auch unsere Bemühungen, Alternativprodukte aus anderen ZF-Divisionen in Eitorf anzusiedeln. Am Ende hat sich kein Lösungsansatz ergeben, der die Wirtschaftlichkeit des Standorts entscheidend verbessert“, so Holdmann weiter.

„Auch die teilweise weitreichenden Vorschläge des Betriebsrats führen zu keiner ausreichenden Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und damit zu keiner nachhaltigen Sicherung des Standortes.“

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Michael Korsmeier von der IG Metall im Juni 2020 bei einer Demo für den Erhalt des Werks. 

IG Metall beklagt mangelnde Zusammenarbeit seitens des Konzerns in Friedrichshafen

Das bewertet Michael Korsmeier, Geschäftsführer der IG Metall Bonn-Rhein-Sieg anders: Schon lange habe die Gewerkschaft erkannt, dass es in der Automobilzulieferer-Branche ein Problem geben werde und frühzeitig Gespräche über eine Rettungsgasse für das Eitorfer ZF-Werk aufgenommen, um Perspektiven und Optionen zu entwickeln.

Aber, sagt Korsmeier: „Der Unternehmer hat nie mitgearbeitet. Es wurden zwar Daten zur Verfügung gestellt, aber keine Ideen entwickelt. Wir haben uns dumm und dämlich gearbeitet, haben Konzepte entwickelt und wurden nach Hause geschickt.“

Kampflos wolle die IG Metall das Werk nicht aufgeben, sagt Korsmeier: „Wir akzeptieren die Entscheidung nicht. Wir werden versuchen, unseren Einfluss geltend zu machen, dass es im Aufsichtsrat vielleicht zu einem Umdenken kommt.“

Schließlich betreffe das Aus in Eitorf nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Familien, sondern auch die Zulieferer und die Wirtschaft an der oberen Sieg. „Was gibt es denn dort sonst?“