Mit allen Jazz-Größen aufgetretenEitorfer gehört zu Top-Schlagzeugern der Welt
Eitorf – „Endlich, Supersache.“ Michael Küttner freut sich über die Entscheidung der Landesmusikräte, das Drumset zum Instrument des Jahres 2022 zu erklären. Der renommierte Eitorfer Schlagzeuger arbeitet schließlich selbst seit vielen Jahren daran, die hierzulande „geringere Wertschätzung“ von Trommel, Becken und Co. abzubauen. „In den USA erntest du höchsten Respekt, wenn sie dich als Schlagzeuger erkennen“, sagt Küttner, unter dessen Schirmherrschaft das Instrument in Rheinland-Pfalz steht.
Am klassischen Klavier beginnt sein Musikerleben, das bis heute „leidenschaftlich“ glühe und in dem er alle Kontinente, die großen Bühnen und die Weltbesten des Jazz-Metiers kennenlernen soll. Der Zufall bringt Küttner als 16-Jährigen zum Schlagzeug.
Bei einer Coverband („Kann ich mal gucken kommen?“) kann er Probenluft schnuppern. Da der Bandschlagzeuger fehlt, fragt man ihn, ob er einspringen könne. „Obwohl ich keine Ahnung hatte, ließ ich mich überreden“, erinnert er sich. „Ich bekam es hin, und sie konnten das synkopische Riff von Chicagos »I’m A Man« üben.“
Wie ein Besessener geübt
Für den Teenager ist sofort klar: „Das ist mein Instrument.“ Am nächsten Tag kauft er sich ein Schlagzeug. Es soll die Initialzündung für den späteren Profi-Drummer sein. Das für andere Menschen vernichtende Urteil eines erfahrenen Schlagzeugers („Du kannst nichts. Aber was du daraus machst, ist genial“) ist Ansporn für Küttner, der schon früh „Kütti“ genannt wird. Er habe geübt „wie ein Besessener“ und Unterricht genommen, so oft es angesichts des geringen Lehrerangebots ging: „Irgendwie hat mich das Schlagzeug gerufen.“
So beginnt eine Laufbahn, die ihn nach Studien in Köln (klassisches Schlagzeug), in der Trommlerstadt Boston (Jazz) und Kokrobite, Ghana (Afrikanische Musik bei Mustapha Tettey Addy) als Dozent und später als Professor an die Musikhochschulen Mannheims und Kölns bringt, wo er bis heute einen Lehrauftrag hat.
Festival in Montepulciano
Schnell ist er auf den Bühnen zu sehen. Bereits sieben Jahre nach seiner „Schnupperstunde“ wird er beim Festival in Montepulciano gefeiert. Internationale (Peter Giger’s Family Of Percussion, Charlie Mariano, Dave Liebman, Lee Konitz, Pat Martino) und nationale Größen (Michael Sagmeister, Albert Mangelsdorff, Wolfgang Dauner, Markus Stockhausen, Klaus Lage) kreuzen Küttners Weg.
Michael Küttners Top 7 der Drummer
Elvin Jones, 1927-2004, USA, Jazz-Schlagzeug (John Coltrane Quartett) und Bandleader; Erneuerer des Drum-Spiels im Modern Jazz.
Jack DeJohnette, *1942, USA, Jazz-Schlagzeug und Pianist; Mitglied Miles Davis-Band, Komponist („Ahmad the Terrible“).
Jon Christensen, 1943-2020, Norwegen, Jazz, führender Vertreter des „Broken Swing“, trat regelmäßig mit Jan Garbarek und Keith Jarrett auf.
Michael Giles, *1942, England; Jazz-Rock, Mitbegründer von King Crimson.
Peter Giger, *1939, Schweiz; Percussionist, Gründer der legendären Family Of Percussion (FOP) , lehrt an der Musikhochschule Köln.
Billy Lewis Brooks, *1943, USA, Jazz-Percussionist, wichtiger Lehrer dieses Genres.
John Bonham, 1948-1980, England, Rock-Schlagzeug, Led Zeppelin, einer der einflussreichsten Drummer des Genres. (loi)
Als Bandmusiker oder mit eigener Band spielt der heute 67-Jährige auf allen Kontinenten. Sein ständiger Begleiter ist das Interesse an Neuem: „Ich wollte immer wissen, wissen, wissen und hatte Riesenglück, viele wichtige Menschen getroffen zu haben.“ Das betrifft auch die afrikanische Musik, die er bei langen Aufenthalten „immer weiter studiert“ und mit Berühmtheiten wie Matchume Zango auftritt.
Auch Indien bereist er, stößt auf Zakir Hussain und U.K. Sivaraman. Stets im Fokus: Trommeln und Percussion-Instrumente. Viele davon sind heute fester Bestandteil des Jazz, Rocks und R’n’B. Auch durch Küttners Einfluss.
Mehr als 60 Alben eingespielt
Der Wissensdurst des rastlosen Trommlers und Buchautors, der im Lauf seiner Karriere mehr 60 Alben einspielt und für Musik von Stravinsky bis Led Zeppelin offen ist, ist nicht zu stillen. „Tradition ist wichtig, um etwas voranzubringen“, sagt er. So bleibt er seiner Devise treu: „Ratschläge sind immer gut, ganz alleine geht ja nicht.“
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Hinsichtlich seiner Zukunft hat der Vater einer Tochter feste Vorstellungen. „Die nächsten 20 Jahre möchte ich noch machen, ich muss mich fit halten“, sagt er, begleitet von einem Lächeln. Die 15-minütige Kostprobe im Keller seines Hauses lässt seine Absicht nachvollziehen angesichts unglaublich energiegeladenen Spiels, das mühelos, federleicht und jugendfrisch anmutet.
Ein Leben ohne Musik ist nicht in Aussicht. Noch immer tritt er mit dem Sagmeister Trio, einem eigenen Trio, seinem Drumset-Trio und Soloprogrammen auf.