Mt einem Festakt wurde die neue Dauerausstellung an der Bergstraße gefeiert, genau 30 Jahre nach der Eröffnung der Gedenkstätte.
Gedenkstätte Landjuden an der SiegEin Fachwerkhäuschen gegen das Vergessen und den Antisemitismus
Claudia Maria Arndt, Leiterin der Gedenkstätte in Rosbach, hatte den Festakt gut terminiert: Auf den Tag 30 Jahre war es her, dass das Fachwerkhäuschen der Familie Seligmann an der Bergstraße eine neue Bestimmung fand und, so Landrat Sebastian Schuster, zu einem Ort des „Gedenkens und Nachdenken“ wurde, den es für nachfolgende Generationen zu bewahren gelte.
Lob für die Arbeit der Gedenkstätte in Windeck-Rosbach, aber auch mahnende Worte
Gefeiert wurde in der nahe gelegenen Gesamtschule, da der Veranstaltungssaal der Gedenkstätte für die rund 90 Gäste zu klein gewesen wäre. Es gab viel Lob für die Arbeit der Gedenkstätte und für die Neuerungen mit einem neuen Konzept und digitalen Elementen, aber auch mahnende Worte.
Abraham Lehrer, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, machte unmissverständlich klar, dass es besonders der Sinn der Gedenkstätte sei, Kinder und Jugendliche vor dem Einfluss von „Rattenfängern von rechts“ wie auch von Islamisten zu schützen.
Seit dem Massaker gegen Juden vom 7. Oktober hätten antisemitische Vorfälle „katastrophal“ zugenommen. Er vermisse die Solidarität, die vor einigen Jahren noch weit stärker gewesen sei. „Zeigen Sie, dass Sie das nicht mittragen“, appellierte er.
Online zugeschaltet wurde die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker als Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte. Auch sie sprach „von einem starken Antisemitismus in unserem Land“, der sich aus vielen Vorurteilen, aus Hass und Fanatismus und aus fehlendem Wissen speise.
Zwar habe sie derzeit Mitgefühl für die Opfer auf palästinensischer Seite, sagte sie mit Blick auf die derzeitigen Auseinandersetzungen. Einer Täter-Opfer-Umkehr müsse man aber entscheiden gegenübertreten. Es sei Israel, das sich gegen Raketenbeschuss, gegen Hamas und Iran verteidige.
Alexandra Gauß: Der Holocaust war nicht nur ein städtisches Phänomen
„Wir müssen schauen, dass das, was passiert ist und zu unserer Vergangenheit gehört, nicht in Vergessenheit gerät“, sagte die Windecker Bürgermeisterin Alexandra Gauß. Oft werde der Holocaust für ein städtisches Phänomen gehalten. Aber auch auf dem Land seien Menschen aus ihren Dörfern gerissen und umgebracht worden. „Das Böse fängt damit an, dass man Menschen zu einer Sache macht.“
Applaus gab es für ehemalige Schüler der Hennefer Gesamtschule Meiersheide, die in einem Projekt Videos samt Texten für die neue Ausstellung erarbeitet hatten. Dazu gingen sie den Begriffen Freundschaft, Ausgrenzung, Glaube und Heimat nach und stellten in den Kurzfilmen jüdische Jugendliche aus dem Jahr 1938 Altersgenossen von 2020 gegenüber.
Erleben und verstehen, wie grausam und sinnlos Antisemitismus ist
Mit viel Einfühlungsvermögen machten sie die Träume, Hoffnungen und Enttäuschungen sowie das Entsetzen der jungen jüdischen Rosbacher erlebbar, die sich unter den Nazis auf einmal dem Hass, der Gewalt und der Gleichgültigkeit der Nachbarn gegenüber sahen.
Dass Besucher der Gedenkstätte „erleben und verstehen, wie grausam und sinnlos Antisemitismus ist“, das sei das Ziel ihres Projekts. Den musikalischen Rahmen gestaltete das Duo Tangoyim mit Stefanie Hölzle an der Geige und Daniel Marsch am Akkordeon.
Ende 2015 waren an der Gedenkstätte Schäden an der Bausubstanz festgestellt worden, 2018 begann die Instandsetzung des Fachwerkhauses, das, so Leiterin Claudia Maria Arndt, Empathie und Emotionen bewirken solle. Für die neue Ausstellung habe man Texte reduziert und besser strukturiert. Zielgruppe seien insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene wolle man ansprechen.