Nach der Sanierung der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ ist bald auch die neu konzipierte Ausstellung in Rosbach fertig. Im November soll eine erste Führung stattfinden.
GedenkstätteAusstellung Landjuden an der Sieg mit neuem Konzept
Die Ausstellung von 1994 war schon etwas in die Jahre gekommen, als der Rhein-Sieg-Kreis vor rund sieben Jahren die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ in Rosbach für eine grundlegende Sanierung des Hauses vom Anfang des 19. Jahrhunderts an der Bergstraße schließen musste. Schon damals stand fest, dass auch die Ausstellung grundlegend neu konzipiert und modernen Anforderungen angepasst werden sollte. Jetzt steht das ehrgeizige Projekt vor der Vollendung. Handwerker legen letzte Hand an. Dr. Claudia Arndt und Saskia Klemp vom Kreisarchiv sind zuversichtlich, Ende November die erste Führung anbieten zu können.
Haus dem Kreis gestiftet
Noch sind die Räume kahl. Aus dem Fenster gleich neben der Eingangstür fällt der Blick auf das alte Fachwerkhaus gleich gegenüber. Dorthin und auf die Straße dazwischen wird die Familie Seligmann ängstlich geschaut haben, als sie von ihren Nachbarn angriffen wurden. Von als Rosbachern, die bislang ganz normal mit ihnen zusammengelebt hatten,und die nun Synagoge im Ort niederbrannten. Alfred und Hilde Seligmann emigrierten nach Buenos Aires. Angehörige der Familie wurden 1941 verschleppt und ermordet.
Die Eltern Max und Maria – eine zum Judentum übergetretene Christin – überlebten den Holocaust, teilweise im Versteck, teilweise in Zwangsarbeitslagern. Im Frühjahr 1945 kehrten sie nach Rosbach zurück. Sohn Alfred und seine Frau Hilde Seligmann zogen nach ihrer Rückkehr ins Land der Täterinnen und Täter nach Bonn. Die Eltern starben 1971 beziehungsweise 1974. Das Haus in Rosbach bot Hilde Seligmann 1987 dem Rhein-Sieg-Kreis zur Errichtung einer Gedenkstätte an. Der habe sich im Gegenzug verpflichtet, das Haus in Schuss zu halten, berichtet Claudia Arndt. 1994 wurde in Anwesenheit der Stifterfamilie Einweihung gefeiert, heißt es im Text zur neu geordneten Ausstellung. Gleich nebenan wurde ein Veranstaltungsraum neu errichtet.
Anlass für die Sanierung waren eingehende Untersuchungen durch Experten des Rhein-Sieg-Kreises. Die mussten das Haus 2016 sperren, weil es in Teilen einsturzgefährdet war. Balken mussten ausgetauscht werden, die wurmstichig oder faul waren. Elektrik und Putz wurden erneuert. Die Ausstellung sei damals nach Siegburg ausgelagert und unter anderem im Berufskolleg in Zange untergebracht worden, berichtete Claudia Arndt am Mittwoch. Corona, der Tod einer engen Mitarbeiterin im Kreisarchiv und zuletzt kräftige Kostensteigerungen hätten die Wiedereröffnung in Rosbach immer wieder verzögert. Mit Hausmeisterin Sabine Hermes und Archivmitarbeiterin Saskia Klemp begutachtete sie die Fortschritte. Arndt ist mit einer 25-Prozent-Stelle, Klemp mit zehn Stunden pro Woche für die Gedenkstätte im Einsatz.
Originalexponate aus dem Besitz der Familie
Aktuell sind in den Zimmern die meisten der neuen Ausstellungsmöbel bereits montiert. Hans-Georg Klein und Björn Schachte vom Inneneinrichter Jüngst aus Netphen sind gerade dabei, die letzten einzubauen. Eine Medienstation soll noch folgen. Im Obergeschoss steht auf A 4-Drucken bereits, was dort demnächst in großen Lettern zu lesen sein wird: Die Geschichte der Familie Seligmann, beispielhaft für die Schicksale jüdischer Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus auf dem Land und speziell an der Oberen Sieg.
Bei der Inventarisierung der Exponate sei aufgefallen, dass viele gar nicht aus dem Besitz der Familie Seligmann stammten, berichtet Arndt. „Seinerzeit ist die Ausstellung um Dinge erweitert worden, die im Handel oder online hinzugekauft wurden,“ erklärt sie. Das werde jetzt korrigiert. Eine Original-Shabbat-Tischdecke der Familie werde ebenso gezeigt wie ein Gebetsbuch, ein Kerzenleuchter und der Judenstern von Max Seligmann. Das Shabbat-Zimmer komme aber ohne wertvolle Exponate aus. Es entstehe eine Szene zum Anfassen.