AboAbonnieren

St. JosefWas Bananensprayer Thomas Baumgärtel in seinem Museum in einer Eitorfer Kirche plant

Lesezeit 4 Minuten
Ein blonder Mann mit Daunenjacke und Umhängetasche steht in einem hellen, großen Raum mit Kirchenbänken und gemustertem Fußboden.

Thomas Baumgärtel besichtigt die Kirche St. Josef in Eitorf mit Bauexperten.

Der Kauf der 2020 außer Dienst gestellten Rundkirche im Eitorfer Ortsteil Harmonie steht kurz vor dem Abschluss. Was der Kölner Künstler dort plant.

„Ich habe schon einige Ausstellungen im Kopf“, sagt Thomas Baumgärtel und dreht sich in dem zwölfeckigen Kirchenraum um die eigene Achse. Er mustert die hohen weißen Wände, runzelt kurz die Stirn. „Die Strahler müssen weg. Aber hier sind neun Felder, und ich habe ja große Formate.“

Seine Kunst kann der Bananensprayer schon sehen an den hohen Wänden der Kirche St. Josef im Eitorfer Ortsteil Harmonie. Die profanisierte Kirche hat es Baumgärtel angetan, seit er sie vor vier Jahren zum ersten Mal erblickte. Nach zähen Verhandlungen steht der Kauf nun kurz vor dem Abschluss – fehlt nur noch die Einschätzung von Bauexperten zum Zustand der 1970 geweihten Backsteinkirche des Siegburger Architekten Hans Lob.

Thomas Baumgärtel will St. Josef zum Museum machen: Kein Atelier, kein Depot soll es hier geben

Brandschutz, Heizung, Dach, Dämmung, Keller, Elektrik: Mit Experten und Architekten sichtet der Künstler das Gebäude, das seit seiner Außerdienststellung 2020 ungenutzt ist. 2021 wurde die Kirche des Dominikus-Böhm-Schülers Lob unter Denkmalschutz gestellt, das bedeutet: Kirche, Glockenturm und Grundstück müssen erhalten bleiben, die Sanierung muss mit den Denkmalschützern abgestimmt werden. Viel ändern möchte Baumgärtel an der Kirche mit ihren 500 Quadratmetern Nutzfläche aber gar nicht: „Der Innenraum des Rundbaus soll Ausstellungsraum werden, aber es wird kein Atelier, keinen Wohnraum, kein Depot hier geben.“

Von einer weiß verputzten Wand mit Rohren bröckelt Putz, der karierte Steinboden ist mit bräunlichem Wasser bedeckt.

Der Gang in den Keller offenbart Feuchtigkeit: Schlammiges Wasser bedeckt den Boden, der Putz bröckelt.

Nur der verwinkelte Windfang hinter dem großen Eingangstor müsse wohl weg, überlegt Baumgärtel: Große Kunstwerke oder Skulpturen seien hier nicht durchzubekommen. Dafür bleiben vier Kirchenbänke. Die restlichen werden – ebenso wie der Altar, das große Holzkreuz und wohl auch die Glocke aus dem Turm – an eine katholische Gemeinde nach Polen übergeben, wie Georg Ahr vom Kirchenvorstand der Gemeinde St. Patricius berichtet, deren Filialkirche St. Josef war.

In der knapp 22 Quadratmeter großen Sakristei mit Holzboden wirft Baumgärtel einen Blick auf den alten Schaltkasten mit seinen dicken, gelben Leuchtpunkten. Das Außenlicht ist bereits automatisch eingestellt, die restliche Beleuchtung kann hier gesteuert werden. Im hölzernen Wandschrank hängen aufgereiht noch Soutanen auf dem Bügel, ein Foto von Papst Franziskus schmückt die Wand. Im Obergeschoss befindet sich ein ehemaliger Jugendraum, im Treppenhaus eine Toilette, alles in die Jahre gekommen.

Der Kirchenraum muss barrierefrei, Toiletten müssen eingebaut werden

Der Weg in den Keller ernüchtert: Schlammiges Wasser hat sich ausgehend vom Heizungsraum auf dem Boden ausgebreitet, die Metalltüren sind vom Rost angefressen. Wo kommt es her, wie kann man es beseitigen? „Als wir 2001 eine neue Heizungstechnik bekommen haben, musste dafür ein Schacht gegraben werden, um sie in den Keller zu bekommen“, sagt Ahr. Geheizt wird St. Josef mit Gas, über Rohre wird die Wärme unter den Marmorboden des Kirchenraums geleitet und durch Lüftungsgitter verteilt.

Damals seien Drainage-Rohre gesetzt und der Schacht mit Rollkies ausgestattet worden, so Ahr. Ob das Wasser dennoch durch den Schacht kommt? Oder die alten Drainage-Rohre aus Ton verstopft sind, die beim Bau der Kirche um das Gotteshaus herum verlegt wurden? Michael Anselment, der in Eitorf einen Meisterbetrieb für Elektrotechnik führt und unter anderem Trockenbau macht, wirft einen Blick in den Schacht. „Alles trocken, gut ausgeführt.“

Ein Mann in einem blauen Arbeitsoverall kniet auf einen Dach.

Der Eitorfer Dachdecker Frank Hauptmann lobt die Qualität des Dachs aus Zinkfalzblechen. Die hochwertige Arbeit erkenne man an den unter anderem an den perfekt gearbeiteten Ablaufecken für die Dachrinne.

Von wo das Wasser in den Heizungskeller eindringt, wie man die Wand trockenlegen kann, ob vielleicht der Einsatz einer Tauchpumpe schon Abhilfe schaffen kann, das wird Baumgärtels Architekten noch beschäftigen. Ebenso wie die Frage, wie der Kirchenraum barrierefrei zugänglich gemacht werden kann: Stufen führen vom großen Eingangstor in den Saal und hinauf zum 25,4 Quadratmeter großen Gang zur Sakristei, wo Toiletten für Ausstellungsbesucher gebaut werden könnten. Ob eine zweite Fluchttür geschaffen werden muss, ist noch zu klären: Der Rundgang mit Eitorfs Feuerwehrchef Jürgen Bensberg zum Brandschutz steht noch an.

Ein blonder Mann lacht in die Kamera, neben ihm ein großer Pinienzapfen aus Kupfer.

Ein Selfie auf dem Dach muss sein: Thomas Baumgärtel ist von dem Pinienzapfen in der Mitte begeistert, ein Symbol der Auferstehung und Unsterblichkeit.

Letzter Posten: Das Dach. Mit dem Hubsteiger fährt Dachdecker Frank Hauptmann den Bananensprayer 16 Meter hinauf auf das Flachdach, das vor einigen Jahren erst mit Zinkfalzblechen neu eingedeckt wurde. Hauptmann ist begeistert. Nicht nur vom Blick weit über Eitorf und das Siegtal, sondern vor allem von der Qualität des Dachs: „Das ist hochwertige, handwerkliche Arbeit! Hier habe ich keinerlei Bedenken, hier kann man einen teuren Kostenpunkt ganz weit nach hinten schieben!“

Der Blick auf den Glockenturm beflügelt Baumgärtels Fantasie: „Das wäre ideal für eine Dachterrasse!“ Die verfaulte Holztreppe und das halsbrecherische Leitersystem solle eine Industrietreppe ersetzen, „und dann oben mit Förderern, Sammlern und Besuchern etwas trinken – das wär's doch!“

Ein Mann mit Schiebermütze und Brille zieht an einem dünnen Seil.

Georg Ahr vom Kirchenvorstand bedient das Glockenseil im ebenfalls denkmalgeschützten Turm. Die Glocke wird wahrscheinlich auch an eine Gemeinde in Polen gehen.

Als zweite Chance begreift der Kölner Künstler die Kirche St. Josef: Vor vielen Jahren wollte er schon einmal eine ausgediente Rundkirche kaufen, die ehemalige Kirche St. Ursula in Hürth-Kalscheuren, erbaut in den 50er Jahren von Gottfried Böhm. Damals kam es nicht dazu; der Galerist Rafael Jablonka betreibt heute einen viel beachteten Kunstort dort. St. Josef sei eigentlich viel besser für seine Kunst geeignet, sagt Baumgärtel. Und nach dem Rundgang erst recht: „Die Kirche ist in einem Zustand, dass man alles stemmen kann!“