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Einzelhandel im Rhein-Sieg-KreisInhaber begrüßten kurzfristige Aufhebung der Auflagen

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Nur wenige Kunden waren am Mittag in der Troisdorfer Fußgängerzone.

Rhein-Sieg-Kreis – Shoppen ohne Termin, ohne Registrierung, ohne Kunden-Quadratmeter-Quote – über die Dauer dieser Möglichkeit machte sich am Montagmittag kaum jemand Illusionen. „Die werden das wieder zurücknehmen“, mutmaßte Helga Beiza. Die 67-Jährige und Ehemann Rainer Tresemer waren aus Köln nach Siegburg gekommen, um Biber-Bettwäsche zu kaufen. Dafür hatten sie sich übers Internet bei zwei Geschäften angemeldet – was nur vorübergehend unnötig war.

Am Ende erwies sich die vorläufige Aufhebung von Auflagen für den Einzelhandel durch das Oberverwaltungsgericht Münster nicht mal als Eintagsfliege. Die Landesregierung reagierte prompt auf die gerichtliche Beanstandung der Ungleichbehandlung. Für Buchhandlungen, Blumenläden und Gartenmärkte sollen auch die strengeren Regeln gelten; die kurzzeitig aufgehobenen Beschränkungen für den Einzelhandel wurden wieder in Kraft gesetzt.

Klare Linie wird vermisst

„Ich habe es schon befürchtet“, kommentierte der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Hennef, Johannes Radschinski, das Hin und Her zwischen Gerichtsentscheid und Landesverordnung. Von „totaler Verwirrung“ spricht Uwe Madel von der Hennefer Buchhandlung am Markt, es fehle die klare Linie. „Ab morgen müssen wir wieder mit Terminvergabe arbeiten“, sagt Madel, aber übermorgen könne das schon wieder anders sein. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, weiß der 56-Jährige, habe schon eine Klage gegen die neue Verordnung angekündigt.

Mona Vassiliadis und Sissis Vassiliadis aus Siegburg begrüßten die kurzzeitige Gleichstellung.

In der Buchhandlung durften sich gestern noch bis zu 20 Kundinnen und Kunden aufhalten. Freiwillig hatten Madel und Mitgeschäftsführerin Julia Bank diese Zahl auf zwölf reduziert, ab morgen sind nur noch fünf Besucherinnen und Besucher gleichzeitig erlaubt. „Wir begrüßen die Gleichstellung sehr“, sagte der Vorsitzende des Siegburger Verkehrsvereins, Sissis Vassiliadis, während der Stunden, in denen seine Frau Mona Vassiliadis das Schild für die Terminbuchung aus dem Schaufenster des Design-Hauses „Absolut“ holen konnte. Bei den meisten anderen Geschäften in der Kreisstadt klebten die Beschränkungshinweise derweil nach wie vor an den Scheiben. Im Kaufhof hatten die Mitarbeiter noch keine offizielle Anweisung von der Zentrale und registrierten daher weiter die Kundschaft.

„Die Leute verhalten sich abwartend“

„Click and meet, click and connect, click und wieder was Neues?“ Vassiliadis, der sich mit dem Einzelhandelsverband und Mitgliedern des Verkehrsvereins fortlaufend über die aktuelle Lage austauschte, ahnte da schon, dass es nicht bei den Erleichterungen bleibt. Dabei seien diese sehr sinnvoll, „wenn die Hygiene-Regeln eingehalten werden“, sagte der 48-Jährige. Die Gefahr, dass sich zu viele Menschen in einem Geschäft aufhalten könnten, sieht er eher nicht. „Die Kundinnen und Kunden sind mittlerweile so sensibel, dass sie selbst darauf achten.“

 Kaufhof-Kunden Helga Beiza und Rainer Tresemer kamen eigens aus Köln.

„Sehr vorsichtig optimistisch“ hatte sich um die Mittagszeit Margarita Albanidou gezeigt, die Inhaberin der Troisdorfer Boutique Coccinella an der Kölner Straße. Auf der einen Seite sei die OVG-Entscheidung eine „Supermeldung“, auf der anderen Seite „weiß man, dass nachher die Ministerpräsidenten zusammensitzen und die Lockerungen wieder zurücknehmen“.

Petra Danco-Vollberg und Margarita Albanidou in der Boutique Coccinella an der Kölner Straße in Troisdorf hoffen auf die Gastronomie.

An den eingeübten Routinen wollten Albanidou und ihre Mitarbeiterin Petra Danco-Vollberg ohnehin erst einmal nichts ändern: Kontaktdaten aufnehmen, maximal zwei Kundinnen gleichzeitig im Laden, Maske und Desinfektion sowieso.

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Ein Wegfall von Auflagen helfe dem Einzelhandel aber ohnehin nur begrenzt, sagte die Inhaberin. Denn der sei ja nicht ohne Umfeld zu betrachten, zum Beispiel die nach wie vor geschlossene Gastronomie: „Eine Stadt lebt nicht von einzelnen Läden.“ Zum Einkaufserlebnis gehöre die Möglichkeit, essen zu gehen oder in einem Café Platz zu nehmen. „Es ist alles gedämpft, die Leute verhalten sich abwartend“, sagte Albanidou, die Ende Januar 2020 die Boutique übernahm – und schon wenige Wochen später in den ersten Lockdown gehen musste.