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Hengasch-KneipeMord mit Aussicht-Fanclub erwägt Ankauf des Gasthofs Röttgen in Seelscheid

Lesezeit 5 Minuten
Ein Fachwerkhaus liegt an einer Straße, im Hintergrund ist eine Kirche zu sehen.

Gasthof Röttgen soll verkauft werden, danach könnte der Abriss folgen.

Eine Schnapsidee der Mord-mit-Aussicht-Fanclub-Vorsitzenden hat ein unerwartet großes Echo.

Für Fans der ARD-Krimiserie „Mord mit Aussicht“ (MmA) ist der historische Gasthof Röttgen seit vielen Jahren eine Kultstätte. In der zweiten und dritten Staffel des TV-Krimis, der in dem fiktiven Eifelort Hengasch spielt, wurde das Lokal in „Gasthof Aubach“ umbenannt.

Nun steht der schmucke Fachwerk-Bau im Dorf Seelscheid für knapp 700.000 Euro zum Verkauf. Der Käufer könne ihn abreißen und dort ein Mehrfamilienhaus errichten, heißt es in der Offerte des beauftragten Immobilienmaklers. Damit würde der Ort ein gut laufendes Restaurant verlieren, einen Treffpunkt für Vereine und einen Ort für Kultur. Für die MmA-Anhänger aus nah und fern, die dort regelmäßig einkehren, wäre das ein Graus.

Wir bringen dann unsere Fanclubzentrale dort unter, vermieten die Zimmer und bieten täglich Führungen durch den Ort.
Administratorin der Facebook-Gruppe des „Mord-mit-Aussicht-Fanclubs“

Es gibt schon Überlegungen, den Hof zu übernehmen, sagt Christiane Todt-Höhndorf, die Vorsitzende des „Mord-mit-Aussicht-Fanclubs“, der Rundschau auf Anfrage. Auf der Facebook-Seite der MmA-Anhänger hatte Todt-Höhndorf, als sie von der Verkaufsabsicht erfuhr, eine zunächst nicht ganz ernst gemeinte Rechnung aufgemacht: 700.000 Euro wären für jeden der aktuell 15.442 Mitglieder 45,33 Euro.

„Wir bringen dann unsere Fanclubzentrale dort unter, vermieten die Zimmer und bieten täglich Führungen durch den Ort. Die Bewirtschaftung teilen wir uns, bei vier Personen pro Tag, müsste jeder alle 10,5 Jahre einmal einen Tag arbeiten“, schreibt die Administratorin der Gruppe.

„Gut, wir müssten dann zwar einmal alle gemeinsam zum Notar, aber wir werden uns ja wohl auf einen Termin einigen können. Das kriegen wir doch hin, oder? Den Kaufvertrag, der dann etwa 3000 Seiten lang ist und damit der längste der Welt, melden wir zur Eintragung im Guinness Buch an. Die Mitarbeiter des Grundbuchamtes hätten zwar einiges zu tun, 15.442 Miteigentümer einzutragen, aber das soll ja nicht unser Problem sein“, heißt es da.

Nach positiver Reaktion des Fanclubs steht Ankauf im Raum

Die Schnapsidee kommt offenbar bei den Mitgliedern der Gruppe gut an, berichtete Todt-Höhndorf am Montag auf Anfrage der Rundschau. Viele finden die Idee gut, sagt die Vorsitzende, die für ihre Liebe zu der Serie sogar aus Düsseldorf ins rund 20 Kilometer entfernte Liedberg gezogen ist, einem der Schauplätze der ersten Hengasch-Staffel. Hier steht auch der erste „Gasthof Aubach“, der eigentlich Gasthof Vennen Im alten Brauhaus heißt. Alljährlich steigt hier ein großes Fantreffen der MmA-Fans, das nächste am 30. September.

Ermuntert durch das große positive Echo der Mitglieder will Todt-Höhndorf sich auch tatsächlich mit einem möglichen Ankauf des Gasthofs Röttgen beschäftigen. Beispielsweise über den von ihr gegründeten Verein und ein Crowdfunding. Das werden wir prüfen, sagt sie. Der Gemeindeverwaltung in Neunkirchen-Seelscheid dürfte es recht sein.

Eventuell ist Vorkaufsrecht möglich

Das etwa 130 Jahre alte Bauwerk steht nicht unter Denkmalschutz, liegt aber laut der dortigen Verwaltung im Denkmalbereich des malerischen alten Ortskerns unterhalb der evangelischen Kirche, der durch das schwarz-weiße Fachwerk geprägt ist. „Jede Veränderung bedarf einer Erlaubnis“, teilt Wirtschaftsförderer Thomas Maffei mit, „da das Erscheinungsbild schützenswert ist.“ Dazu gehöre auch ein Abbruch. Wie die Gemeinde einen Abriss verhindern könnte, darüber werde man „zu gegebener Zeit mit der Politik beraten“.

Es gebe hierfür baurechtliche Instrumente wie eine Veränderungssperre, eventuell sei auch ein Vorkaufsrecht möglich. Für solche Schritte sei es aber noch zu früh, so Maffei: „Der Verwaltung ist aktuell nicht bekannt, was ein potenzieller Käufer mit dem Gebäude vorhaben könnte.“ Grundsätzlich sei es sehr bedauerlich, „wenn ein solcher Betrieb aufgegeben würde“. Vor allem in Hinblick auf die kulturellen Angebote.

Seelscheider Ehepaar Rogawski hofft auf Weiterführung des Gasthofs

Das Seelscheider Ehepaar Sabine und Andreas Rogawski hat den Gasthof 2019 gepachtet, sie habe nur eine erste Information erhalten und die Hoffnung, dass es weitergehe, sagt die Wirtin. Zumindest dieses Jahr sei gesichert: „Bis Ende 2023 läuft unser Vertrag.“ Ihr Veranstaltungskalender ist gut gefüllt, mit Jazzsessions, Rockmusik, einer Tanzparty, mit einem Mitsing- und einem Dinnerkonzert. Auch Lesungen und Vorträge, Comedy und Kabarett gab es schon.

Der Saal im ersten Stock des Hauses Röttgen bietet 199 Plätze und ein Ambiente, das wohl nicht mehr oft zu finden ist. Seit Jahrzehnten befindet sich der Gasthof im Familienbesitz, war wohl schon immer eine Restauration. Ein Foto von 1915 zeigt eine Biergartenszene, ein anderes die Senior-Wirtin Lotte Haas hinter der Theke. Als sie starb, vererbte sie das Anwesen an Tochter und Sohn. Klaus Haas führte mit seiner Frau Jutta die Gaststätte bis 2019. Was er von einem möglichen Abriss hält, ist unklar. Der 69-Jährige war telefonisch für die Redaktion nicht erreichbar.

Die Zukunft der Gastronomie sieht Sabine Rogawski insgesamt düster, nicht nur in Seelscheid, dabei seien die Restaurants gut ausgelastet. Doch auf den Betreibern lastete der Mindestlohn sowie die steigenden Preise für Lebensmittel und Energie. „Wenn der Wirt am Ende des Tages derjenige ist, der am wenigsten verdient, machen wohl etliche Lokale dicht.“


Dreharbeiten für fünfte Staffel

Die Kult-Fernsehserie Mord mit Aussicht war 2014 der meist geschaute TV-Mehrteiler in Deutschland. 2021 registrierte die ARD noch 6,6 Millionen Zugriffe auf Teile der Serie in der Mediathek.

Sophie Haas (Caroline Peters, M.) trifft sich mit Andreas Zielonka (Max Gertsch, l.) und dessen Vater Hans (Michael Hanemann, r.) im Gasthof.

An der Theke des „Gasthofs Aubach“: Kommissarin Sophie Haas (Caroline Peters) zwischen Andreas Zielonka (Max Gertsch, l.) und dessen Vater Hans (Michael Hanemann).

Der Hengasch-Fanclub bei Facebook hat mehr als 15.000 Mitglieder, es gibt regelmäßige Fantreffen und Rudelgucken. Seit der vierten Staffel ermittelt ein neues Team um Katharina Wackernagel im fiktiven Eifelort Hengasch. Derzeit werden in Kürten-Olpe 13 neue Folgen gedreht. (kmü)