Das Waldfreibad in Much leidet unter Personalmangel – mitten in den Sommerferien. Wir haben unseren Reporter als Aushilfe hingeschickt.
SelbstversuchPommes, Eis und eine Kasse – So läuft ein Tag als Aushilfe im Mucher Waldfreibad
Sommer, Sonne, Freibad-Pommes. Die gehören zu einem Tag im Wasser einfach dazu. Das Waldfreibad in Much wird ehrenamtlich betrieben – und leidet unter Personalmangel. Ohne freiwillige Helferinnen und Helfer, die ein paar Stunden ihrer Zeit opfern, gibt es keine Pommes, kein Eis und niemanden, der an der Kasse sitzt. Zeit für den Autor, eine Schicht zu übernehmen.
Das Waldfreibad besteht seit fast 100 Jahren. Seit 2007 wird es von der Bürgerstiftung Waldfreibad betrieben, weil sich die Gemeinde den Betrieb nicht mehr leisten konnte. Den Betrieb leisten die rund 60 Mitglieder komplett ehrenamtlich, lediglich die Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer und die Bademeisterin erhalten eine Aufwandsentschädigung. Aber die Wiese, die Gastronomie, die Kasse, das alles betreuen die Ehrenamtlichen selbst.
Hilfe ist immer willkommen. Neben einem blauen Team-Shirt erhalte ich eine Schürze – zum Glück, denn ich werde mich heute noch mit Mayonnaise bekleckern. Die Schicht in der Pommesbude teile ich mir mit Hatice Ceylan. Sie hilft seit acht Jahren freiwillig mit. Warum? „Weil ich will, dass das Freibad erhalten bleibt. Uns sieht man, aber die Leute, die die Mülleimer leeren, sieht man nicht.“
Ehrenamtliche kam schon als Kind hierher zum Schwimmen
Die 49-Jährige ist selbst schon als Kind hier geschwommen. „Da gab es noch keine Pommesbude, keine Rutsche, nur die Becken.“ Nun macht sie die Pommes für die Kleinen, in der Regel einmal die Woche für drei Stunden – wenn genug Leute da wären.
„In diesem Jahr komme ich mehrmals die Woche, muss ständig irgendwo einspringen“, sagt sie achselzuckend. „Wenn die Schlange draußen bis zur Behindertentoilette reicht, ist es gut, eine zweite Person zu haben, die die Kasse macht. Und man langweilt sich nicht.“
Zurück an die Fritteuse: „Eben war der Bus hier, deswegen habe ich schon mal ein paar Würstchen und Frikadellen vorbereitet“, sagt sie und meint den großen Andrang zur Mittagszeit. Auch die Nuggets hat sie bereits frittiert, wenn sie jemand bestellt, soll ich sie einfach nur nochmal kurz in das heiße Fett tauchen. „Das ist wichtig, wenn die Leute draußen Schlange stehen und es schnell gehen muss.“ Gebongt.
Das Kassensystem habe ich schnell begriffen: Die einzelnen Gerichte stehen bereits auf dem Tastenfeld, die Kasse errechnet automatisch den Endbetrag. Nur zahlt leider kaum jemand passend, das Wechselgeld muss ich im Kopf ausrechnen – großartig, wo ich doch so gut in Mathe bin. Pommes mit Mayo, mit Ketchup, mit Currywurst.
Am Kiosk kaufen vor allem Kinder mit dem Geld der Eltern ein
„Ruf mir einfach rüber, was die Leute bestellen“, sagt Ceylan. Die Pommesbude ist der richtige Ort für alle, die schon immer mal eine Currywurst in eine Currywurst-Schnibbel-Maschine stecken wollten.
Der Kiosk, wo Eis, Süßigkeiten und Getränke verkauft werden, liegt für die Mitarbeitenden nur einen Schritt weiter. Die Kundschaft: vor allem Kinder, die Mamas oder Papas Portemonnaie in die Hand gedrückt bekommen haben oder ihr Taschengeld auf den Kopf hauen.
„Was heißt Erdbeere auf Englisch?“, frage ich einen Schüler, um mich zu vergewissern, dass ich das richtige Eis erwischt habe. „Ich habe Ferien, ich muss kein Englisch können“, erwidert der. Gut gegeben – er bekommt sein Eis.
Mucher Badegäste schätzen Eiskaffee und Eiskakao
Ehrenfried Keller, der hier die Schicht übernommen hat, kennt einen Trick, um das richtige Eis in der Truhe sofort zu finden: „Guck mal, so, wie die hier auf der Tafel abgebildet sind, liegen sie auch in der Truhe“, sagt er. Okay, das Erdbeereis ist das Zweite von rechts. Aber gibt es einen Unterschied zwischen „Twister Monstaahh“ und dem anderen „Twister“? Die Kids wissen, was sie wollen.
Einfacher ist es mit den Gummibärchen: Die bunten Tütchen haben die Ehrenamtlichen bereits nach süß, sauer oder gemischt vorsortiert – ein Euro, ein Griff ins Regal. Beliebt ist der Eiskaffee oder -kakao, für den ich eine Patrone mit Eis in eine spezielle Maschine stecke, die diese kunstvoll ins Glas drückt.
Hier muss ich daran denken, die Gäste zu fragen, ob sie das Getränk mit auf die Wiese nehmen wollen – wenn ja, bekommen sie es im Plastikbecher. „Ein Eiskakao pro Schicht ist für die Mitarbeiter drin“, sagt Keller – den lasse ich mir natürlich nicht entgehen. So schmeckt der Sommer.
Eine Schicht im Waldfreibad dauert drei Stunden und geht schnell vorbei. Die meisten Ehrenamtlichen werden für Kiosk, Kasse oder Küche eingeteilt, wer immer nur dieselbe Station betreiben möchte, darf auch das. Auch auf der Wiese, bevor die Badegäste kommen, gibt es einiges zu tun: mähen, machen, Mülleimer. „Wir Rentner haben natürlich Zeit, aber es sind auch Jüngere willkommen, sonst gibt es eines Tages gar keine Helfer mehr“, sagt Sigrid Kermelk, der ich an der Kasse helfe.
Am 9. Juli kamen 1100 Gäste ins Mucher Bad – Saisonrekord!
Auch das ist spielend leicht, das System gleicht dem aus dem Kiosk und der Pommesbude, nur dass hier Dinge wie „Tag Erwachsener/Kind“ oder „Schwimmflügel“ auf dem Menü stehen. Gegen Pfand – dafür gibt es eine Extrakasse – verleiht das Freibad Spielzeug wie Tischtennisschläger. Saisonkarten-Inhaberinnen und -Inhaber dürfen einfach passieren.
Kermelk greift über meine Schulter: Ich habe mal wieder vergessen, den Handzähler zu betätigen, der die Zahl der Badegäste an diesem Tag festhält. 444 sind es am späten Nachmittag, den Saisonrekord vom 9. Juli, als 1100 Menschen im Waldfreibad plantschten, werden wir wohl nicht mehr knacken. Ich stelle fest: Es ist schon verdammt cool, ein Freibad zu betreiben.
Wer sich ehrenamtlich drei Stunden pro Woche im Freibad engagieren möchte, kann sich bei Anita Kipshagen von der Bürgerstiftung Waldfreibad per E-Mail oder unter 0160/3310160 melden oder im Freibad die Mitarbeitenden ansprechen.