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Millionen-Projekt in MuchBürger können von Solarpark auf der grünen Wiese profitieren

Lesezeit 4 Minuten
9,5 Hektar groß wird die erste Freiflächen-Photovoltaikanlage der Bürgerenergiegenossenschaft Rhein-Sieg.

9,5 Hektar groß wird die erste Freiflächen-Photovoltaikanlage der Bürgerenergiegenossenschaft Rhein-Sieg. (Visualisierung)

Sieben Millionen Euro sollen in den Solarpark Much fließen, ein Genossenschaftsprojekt, von dem die Bürger profitieren sollen, auch finanziell.

Photovoltaikanlagen auf der grünen Wiese sind umstritten. Von dem ersten derartigen Projekt der Energiegenossenschaft Rhein-Sieg in Much könnte die Umwelt aber profitieren, sagen die Vorstandsmitglieder Thomas Schmitz und Dietmar Hansen. Finanziell gewinnen würden auch die Gemeinde sowie - über ein Beteiligungsmodell - die Bürger. Wie funktioniert das?  

Kann jeder mitmachen?

Jeder kann mitmachen. Sieben Millionen Euro kostet das Projekt, die Bürgergenossenschaft mit Sitz in Siegburg wird rund zwei Millionen aus Eigenkapital aufbringen. Das wiederum stellen Bürger zur Verfügung, die im Gegenzug für ihr Nachrangdarlehen Zinsen erhalten. Dieser werde fest, aber nicht exorbitant hoch sein, genaue Zahlen dürfe man aus rechtlichen Gründen jetzt noch nicht nennen. Voraussetzung für die Beteiligung: Die privaten Geldgeber müssen schon Mitglied sein oder Mitglied werden, ein Genossenschaftsanteil kostet 250 Euro, plus Bearbeitungsgebühr von 30 Euro. Mit 1000 Euro kann man ins Projekt einsteigen, der höchste Anlagebetrag liegt bei 100.000 Euro pro Person.

Können sich auch die Kommunen beteiligen?

Städte und Gemeinden, Energieversorger wie Stadtwerke und andere Genossenschaften können als Gesellschafter einsteigen. Die Bürgerenergie Rhein-Sieg bleibt aber Hauptgesellschafter mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent.

Sinkt der Strompreis?

Könnte sein. Die Bürgerenergie habe das Ziel, den Strom nicht nur einzuspeisen, sondern direkt zu vermarkten, so könnten Firmen aus der Region ein Stück vom Kuchen abbekommen.

Wie hoch ist das Risiko eines Nachrangdarlehens? In Köln hat kürzlich eine Energiegenossenschaft Insolvenz angemeldet.

Die Bürgerenergie plant  für das Projekt Müllerhof östlich von Marienfeld an der L 350 die Gründung einer GmbH & Co KG, die in Much ansässig ist. Zum anderen habe ihre Genossenschaft, anders als die Kölner, keine immensen Personalkosten, so Schmitz. Die Banken, die etwa 70 Prozent der Freiflächen-PV finanzieren, würden das Projekt auf seine Wirtschaftlichkeit abklopfen.   

Der Hügel ist eine frühere Mülldeponie, über die Gras gewachsen ist. Unter den PV-Modulen könnten künftig Schafe weiden.

Der Hügel ist eine frühere Erddeponie, über die Gras gewachsen ist. Unter den PV-Modulen könnten künftig Schafe weiden.

Hat die Gemeinde Much auch etwas davon?

Solarstrom ist ein Mosaikstein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die neuneinhalb Hektar große Anlage erzeugt mit ihrem Jahresertrag von zehn bis elf Megawattstunden rechnerisch erneuerbaren Energie für etwa 3500 Haushalte. Und spart etwa 4200 Tonnen CO2 ein im Jahr. Zum Vergleich: Die erste Freiflächen-PV im Kreis in Troisdorf-Oberlar hat nur eine Leistung von drei Megawattstunden. Die Gemeinde Much erhält pro Kilowattstunde eine Abgabe von 0,2 Cent, das wären pro Jahr rund 20.000 Euro. Außerdem Gewerbesteuern, vermutlich nicht in den ersten sieben Jahren, aber in den folgenden 23 Jahren, das Projekt ist auf 30 Jahre ausgelegt.

Wird das Grünland durch die Module versiegelt, droht eine Verödung?

Die frühere Erddeponie könne weiter als Weide genutzt werden, zum Beispiel für Schafe. Die Paneele werden in einem 15-Grad-Winkel aufgestellt, der tiefste Punkt liegt bei 80 Zentimetern, der höchste bei fast zwei Metern. Die Leitungen werden gegen Verbiss geschützt. Zwischen den Reihen und drumherum soll auf einer bunten Wiese Artenvielfalt entstehen.  

Stellt die Einspeisung ein Problem dar?

Die Anschlussleitung von 2,2 km ist in Bezug auf die Größe des Parks durchaus eine gängige und wirtschaftlich nicht problematische Größe. Über die Anbindung eines Batteriespeichers wird intensiv nachgedacht, jedoch stellt der Batteriespeicher ein eigenes, vom Solarpark losgelöstes Geschäftsfeld dar. Insofern ist die Nachrüstung denkbar. Ob der Speicher auf dem Gelände des Solarparks oder direkt am Netzverknüpfungspunkt errichtet wird, ist noch nicht entschieden. In Lohmar haben die Stadtwerke eine Freiflächen-Anlage wegen der unzureichenden Einspeisungsmöglichkeit auf Eis gelegt.

Wie wird die PV-Anlage geschützt?

Zäune allein werden vermutlich nicht reichen. Die wertvollen Kupferkabel - insgesamt einige Kilometer lang - werden 80 Zentimeter tief in der Erde vergraben. Eine hohe Hürde für Edelmetalldiebe. 

Wann beginnt der Bau?

Die Zustimmung des Gemeinderates ist noch nicht erfolgt. Sie wird im Sommer 2025 erwartet. Aktuell sind die Unterlagen in einem Offenlegungsverfahren für die Bevölkerung einsehbar. Die Baugenehmigung wird für das dritte Quartal 2025 erwartet, dann werden die Aufträge vergeben, es gebe schon drei Interessenten.  Im Frühjahr 2026 könnte die Anlage den ersten Solarstrom produzieren.

Plant die Bürgerenergie Rhein-Sieg weitere solche Projekte?

Zeitgleich mit Much könnte eine Freiflächenanlage in rheinland-pfälzischen Sinzig in Betrieb gehen. In Meckenheim und Bornheim im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis ist die Genossenschaft in der Planungsphase. In Meckenheim habe man sich überraschend gegen sieben Projektentwickler durchgesetzt, so Schmitz: „Der Stadt gefällt unsere Bürgernähe.“


Rund 400 Mitglieder

Gegründet 2011, hat die Bürgerenergie Rhein-Sieg mittlerweile rund 400 Mitglieder. Neben Beteiligungen an Solar- und Windanlagen bietet sie vergünstigtes Carsharing und künftig auch Ladestrom an sieben Stationen.