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Beckerhof in NiederkasselEin fahrbarer Hühnerstall für eine artgerechte Haltung

Lesezeit 3 Minuten

Der mobile Hühnerstall auf dem Beckerhof ermöglicht eine artgerechte Haltung.

Niederkassel – Einsperren ist keine Alternative. Davon ist Julia Becker überzeugt. „Wenn ich Hühner halte, um Eier zu produzieren, dann auf eine Weise, hinter der ich auch uneingeschränkt stehen kann.“ Die 30 Jahre alte Diplom-Agraringenieurin betreibt mit ihrem Mann Andreas am Rande des kleinen Ortsteils Uckendorf den Beckerhof. Auf einer Fläche von 220 Hektar bauen die Beckers Zuckerrüben, Getreide und Raps an. Als die Familie im vergangenen Jahr überlegte, ihr Angebot zu erweitern, entschied sie sich für die Eierproduktion. „Für mich war dabei sehr wichtig, dass wir auf unserem Hof die Aspekte einer ökologischen und artgerechten Tierhaltung berücksichtigen“, schildert Julia Becker, die sich im Studium an der Bonner Universität schwerpunktmäßig mit Tierwissenschaften beschäftigte.

Bei der Recherche im Internet stieß sie auf das „Hühnermobil“, einen fahrbaren Stall, der eine artgerechte Tierhaltung ermöglicht. „Wir haben uns das vor Ort bei anderen Höfen angeschaut und uns dann für diese Form der Freilandhaltung entschieden.“

Seit Ende Februar steht das 30 000 Euro teure Hühnermobil auf einer rund 0,7 Hektar großen Wiese des Beckerhofs. Seitdem gehen dort 250 für Freilandhaltung besonders geeignete Hybrid-Legehennen und sechs Hähne ihrer Arbeit nach. Das Prinzip des zweigeschossigen Hühnermobils ist einfach: Nachts schlafen die Hennen oben auf der Stange; ab fünf Uhr morgens, wenn das Licht angeht, flattern sie eine Etage tiefer und legen ihre Eier in Gruppennester. Um zehn Uhr, wenn etwa 98 Prozent aller Eier gelegt sind, öffnen sich die Klappen des fahrbaren Stalls und die Hühner können tagsüber im Freien picken. Gesteuert wird die Technik des Stalls elektronisch, Energie liefert eine kleine Photovoltaikanlage auf dem Dach.

„Rund eine Woche lang steht das Mobil an einer Stelle, dann wird es umgesetzt“, erklärt Julia Becker. So wird der mit Kleegras bewachsene Boden von den Krallen und Schnäbeln der Tiere nicht allzu sehr strapaziert. „Bliebe der Stall an einer Stelle, würden die pickenden und scharrenden Hühner die Wiese bald in einen Acker verwandeln, auf dem sich bei Regen Schlammpfützen bilden.“

Um das zu verhindern, wird regelmäßig ein Traktor vor das Hühnermobil gespannt und der Wagen versetzt.

Frühestens nach einem halben Jahr kehrt der Stall an die gleiche Stelle zurück. Bis dahin ist buchstäblich wieder Gras über die Sache gewachsen. „Dieser Wechsel verhindert auch, dass der Boden mit den Ausscheidungen der Hühner belastet wird und wir Probleme mit Parasiten und Wurmbefall bekommen“, sagt Becker. „Im Idealfall führt das dazu, dass wir die Hühner einmal impfen und sie dann im Rest des Jahres nicht ein einziges Mal den Tierarzt zu Gesicht bekommen.“ So könne auf den umstrittenen Einsatz von Antibiotika und anderen Medikamenten verzichtet werden. „Das ist wichtig, weil die Verbraucher immer kritischer werden.“ Gleiches gelte für die Fütterung. Auf dem Beckerhof bekommen die Hennen vor allem Weizen von eigenen Feldern, zugefüttert wird ein Mischfutter aus Mais, Vitaminen und Eiweißen.

Beim Verkauf ihrer Eier setzen die Beckers ganz auf Selbstvermarktung: An der Hofeinfahrt steht ein „Regiomat“, ein klimatisierter Verkaufsautomat, an dem Kunden an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr neben frischen – zurzeit auch gekochten und gefärbten – Eiern Honig eines Imkers kaufen können, der seine Bienen in die Rapsfelder des Beckerhofes ausschwärmen lässt. Für die Freiland-Eier muss man allerdings tiefer in die Tasche greifen als für Discounter-Ware: Vier Euro kostet der Zehnerpack zurzeit. Die Beckers sind überzeugt, dass die Kunden den höheren Preis akzeptieren. „Das ist es ihnen wert, wenn sie wissen, unter welchen Bedingungen die Eier produziert werden“, glaubt Julia Becker.