Seit zehn JahrenIm Adipositaszentrum Wesseling wird gegen die Kilos gekämpft
Wesseling – Der Kuchen auf dem Tisch ist „gesund“, obwohl er gar nicht danach aussieht. Enthalten sind viele Nüsse, und statt Marzipan gibt es eine Esspapier-Masse als Überzug. Klar und deutlich steht auf dem Kuchen der Anlass für die kleine Feierstunde im Wesselinger Krankenhaus: „10 Jahre Adipositaszentrum“.
Vor zehn Jahren wurde das Adipositaszentrum im Wesselinger Dreifaltigkeits-Krankenhaus von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) als Kompetenzzentrum zertifiziert. Heute ist es eine der führenden Einrichtungen ihrer Art in Nordrhein-Westfalen.
Adipositas bekämpfen bedarf mehr als Bewegung
Um Adipositas – Fettleibigkeit – zu behandeln „ist eine dauerhafte Umstellung des Lebensstils erforderlich“, sagt die stellvertretende Leiterin des Zentrums, Adipositaschirurgin Dr. Ulrike Groß. Dazu gehörten natürlich Bewegung sowie eine Umstellung der Ernährung. Auch Operationen werden im Krankenhaus vorgenommen, beispielsweise Magenverkleinerungen. Das sogenannte Smart XL-Programm des Zentrums kombiniert Bewegungstherapie, Ernährungsberatung und Verhaltensmodifikation und dauert rund zwölf Monate.
Die Geschichte
Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die eine starke Vermehrung des Fettgewebes zur Folge hat. Begünstigt wird dies durch wenig Bewegung, zu viele verarbeitete Lebensmittel, süße Getränke oder einen schlechten Mahlzeitenrhythmus.
Das Zentrum gründeten der heutige Chefarzt der Chirurgie, Professor Dr. Christoph A. Jacobi, und Dr. Katrien Jacobi.
Zum ersten Mal als Kompetenzzentrum zertifiziert wurde es 2012, sechs Jahre später erfolgte die Hochstufung zu einem Referenzzentrum. Daran ist die Erfüllung bestimmter Bedingungen geknüpft wie beispielsweise eine jährliche Anzahl von mehr als 100 Operationen, eine besondere Qualitätssicherung und der Nachweis für Behandlungsergebnisse.
Heidi Kalteier ist 46 Jahre alt und nahm an dem Programm in Wesseling teil. „Angefangen habe ich mit einem Gewicht von über 200 Kilo“, sagt die Brühlerin. Innerhalb von 20 Monaten habe sie mit Hilfe der Therapie 126 Kilo abgenommen und ein Normalgewicht von rund 80 Kilo erreicht. Sie ist eine der wenigen Patienten und Patientinnen, die diesen Erfolg ohne eine OP erzielen konnte. „Es ist in komplett neues Lebensgefühl“, sagt Kalteier strahlend. „Ich habe jetzt viel mehr Spaß an Bewegung und habe mich hier sehr gut aufgehoben gefühlt.“
Lebenslange Einschränkungen durch Magenbypass-OP
Auch Tamara Campanale (51) und Sascha Ullius (44) können auf eine erfolgreiche Therapie zurückblicken. Campanale wog früher 148 Kilo, heute sind es 85. „Ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin“, sagt sie. Sie habe nun gemerkt, dass sie sogar sehr gern Sport mache, vor allem Ballsportarten. „Außerdem habe ich es geschafft, meine Typ 2 Diabetes loszuwerden. Auch meine Schlafapnoe von damals ist weg.“ Sie habe sich einer Magenbypass-OP unterzogen, nach der nur ein kleiner Rest des ursprünglichen Magens übrig bleibt. So werde sie schneller satt und esse allgemein weniger.
„Unverträglichkeiten habe ich überhaupt keine“, sagt Campanale. Jedoch muss sie ein Leben lang gewisse Einschränkungen erdulden. „Ich trinke nichts mehr mit Kohlensäure und auch keinen Alkohol“ sagt die 51-Jährige. Essen und Trinken gehe auch nur im Halbstundentakt. Gewicht habe sie ordentlich verloren, deshalb verfolge sie beim Sport aktuell ein Ganzkörpertraining, um vermehrt die Muskeln aufzubauen.
Sascha Ullius unterzog sich lediglich einer OP im Adipositaszentrum Wesseling. Am Smart XL Programm nahm er nicht teil. Doch auch damit hat er große Erfolge erzielt. 85 Kilo habe er abgenommen. Seine Kleidergröße sei von „5-mal XL zu M geschrumpft“. Geschafft habe er das vor allem mit Sport und einer Umstellung der Ernährung.
„Ich trinke überhaupt keine Zuckergetränke mehr. Keine Cola, keine Limo, keinen Eistee“, sagt Ullius. Und er halte sich an den Leitfaden, den das Krankenhaus ihm nach der OP gegeben habe. „Man muss konsequent dran bleiben“, sagt Ullius. Natürlich falle ihm das nicht immer leicht. „Aber mein Ziel war es, mal zu einem aktiven Opa zu werden. Auf dem Weg bin ich jetzt.“