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Flutkatastrophe im Juli 2021Frühe Warnung? Behörden weisen Vorwurf zurück

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Blessem Kiesgrube

Die Kiesgrube in Erftstadt-Blessem nach der Flut im Juli 2021 

Erftstadt – Erftstadt. Die Menschen in Erftstadt-Blessem hatten schon vor der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 immer wieder Hinweise gegeben, die Kiesgrube sei zu tief, die Böschungen zu steil. Zwei unabhängige Gutachten, die nach der Flut in Auftrag gegeben wurden, bestätigten dann ihre Einschätzung, dass der Hochwasserschutzwall absolut fehlerhaft konstruiert war (die Rundschau berichtete).Nun sorgte am Freitag zunächst ein Bericht des WDR für weiteren Zündstoff. So sollte der Geologische Dienst NRW die Bergbaubehörde in Arnsberg schon seit 2011 wegen des mangelhaften Hochwasserschutzes der Kiesgrube gewarnt haben. In dem Schreiben vom 9. Februar 2021 hatte der Geologische Dienst (GD) als zentrale geowissenschaftliche Einrichtung im Zuständigkeitsbereich des Landes-Wirtschaftsministeriums, also rund fünf Monate vor der Hochwasserkatastrophe, gegenüber der Bezirksregierung Arnsberg „starke Bedenken gegen die Standsicherheit des mit Datum 21.01.1998 planfestgestellten Aufbaus des Böschungssystems“ der Kiesgrube bei aufsteigendem Grundwasser geäußert. Und weiter heißt es in der Stellungnahme: „Die Standsicherheit ist durch keins der bisher eingereichten Gutachten nachgewiesen worden. Alle Gutachten sind hinsichtlich des Baugrundaufbaus, der angesetzten bodenmechanischen Kennwerte, der angesetzten Erdbebenlasten, der betrachteten Geometrie und der Berücksichtigung möglicher ungünstiger Zwischenzustände beim Wiederanstieg des Grundwassers lücken- bzw. fehlerhaft“.Zudem weist der Geologe darauf hin, dass er bereits 2011 und 2012 erhebliche Bedenken gegen den Hauptbetriebsplan geäußert habe. Als Maßnahme schlug der Experte vor, „je nach Verfügbarkeit und Qualität des Materials die Rand- und die Endböschung deutlich flacher als im Rahmenbetriebsplan festgelegt anzulegen. Es sollten zur Erhöhung der Standsicherheit Zwischenbermen geplant werden“.Behörden: Es ging um Planungen und nicht um den aktuellen ZustandAm Freitagabend antworten GD und Bezirksregierung Arnsberg dann auf die Vorwürfe. Demnach stünden die abgegebenen Stellungnahmen in keinerlei Sachzusammenhang zu den während des Hochwassers im Juli 2021 erfolgten Vorfällen und Abläufen sowie den bestehenden Böschungen des Tagebaus. Gegenstand sei allein eine Beurteilung der Standsicherheit der Böschungen für den Zeitraum nach Beendigung der Abbautätigkeit. Zur Standsicherheit bereits bestehender Böschungen, insbesondere auch nicht der Südböschung des Sedimentationsbeckens des Tagebaus, habe der GD keine Beurteilung abgegeben, so der Landesbetrieb.Die Bezirksregierung Arnsberg ergänzte, dass sie die „im Rahmen der Beteiligung am Genehmigungsverfahren zum 4. Hauptbetriebsplan vom Geologischen Dienst abgegebenen Stellungnahmen berücksichtigt und die Zulassung des 4. Hauptbetriebsplans nur für den Teil 1 erteilt, der noch keine endgültige Anlage von Endböschungen vorsieht“.Hintergrund sei, dass die Kiesgrube Blessem im Einflussbereich der im Rheinischen Revier betriebenen Sümpfungsmaßnahmen liege. Nach Beendigung des Tagebaus werde auch der „trockene“ Tagebau Blessem vom ansteigenden Grundwasserspiegel betroffen sein. In dem Zusammenhang werde bereits jetzt die Standsicherheit der künftigen Rand- und Endböschungen für den entstehenden See beurteilt, so die Behörde.Im Zusammenhang mit dem Einsturz der Kiesgrube ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft seit Januar gegen vier Beschuldigte der Bergbaubehörde, sowie den Eigentümer und Verpächter des Tagebaus und fünf Beschuldigte des Betreibers. Es geht um den Verdacht, des fahrlässigen Herbeiführens einer Überschwemmung durch Unterlassen, der Baugefährdung sowie des Verstoßes gegen das Bundesberggesetz.Der Hochwasserschutzwall sei offenbar auf lose angeschüttetem Material gebaut worden, das von der Flut weggespült wurde, hatte Gutachter Lutz-Heinrich Benner festgestellt. Gutachter Dr. Michael Clostermann kam im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg zum Fazit, dass die südliche Hochwasserschutzanlage zulassungskonform 2015 abgenommen, aber „zum Zeitpunkt des Schadeneintritts nicht den Anforderungen an ein technisches Hochwasserschutzbauwerk nach dem Stand der Technik“ entsprach.

See für Blessem

Die Kiesgrube in Erftstadt-Blessem wird nicht wieder ausgebeutet und soll langfristig ein Naherholungsgebiet mit einem See werden. Darauf verständigten sich Anfang April die Stadt Erftstadt und der Rhein-Erft-Kreis in Gesprächen mit dem Besitzer und den Betreibern.

Es werde sicher zehn Jahre dauern, bis die Grube verfüllt sei, sagte im April die Erftstädter Bürgermeisterin Carolin Weitzel (CDU). Und noch einmal fünf Jahre, bis der See fertig ist. (eb)