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Wald im Rhein-Erft-KreisGroße Schäden durch Trockenheit und Borkenkäfer-Plage

Lesezeit 4 Minuten
Fichten

Wo noch im Mai Fichten mit stattlichen grünen Kronen zu sehen waren, stehen nun Bäume mit vertrockneten braunen Nadeln. Diese Fichten werden absterben.

Rhein-Erft-Kreis – Uwe Schölmerich blickt mit Sorge und Anspannung auf das kommende Frühjahr. Dann erst werde klar, wie arg die Trockenheit des zurückliegenden Jahrhundertsommers und die Borkenkäfer-Plage den Bäumen in den Wäldern des Kreises zugesetzt habe, sagt der Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft.

Doch bereits jetzt zeichnet sich ab, dass insbesondere der wenige Millimeter große braune Käfer immensen Schaden angerichtet hat. „So schlimm war der Befall meiner Erinnerung nach noch nie“, sagt der Förster des Reviers Ville-Seen, Frank Pechtheyden. Unweit von Erftstadt-Liblar, wo im Mai noch Fichten mit sattgrünen Kronen standen, sind nun Bäume zu sehen, die nur noch wenige braune Nadeln tragen. „So sieht das aus, wenn der Borkenkäfer zugeschlagen hat. Diese Bäume sterben ab“, sagt Pechtheyden. Neu ist das Problem nicht. Mit diesem Schädling, der nahezu ausschließlich Fichten befällt, habe man immer zu tun gehabt, betont er. Aber eben nicht in diesem Ausmaß.

frank pechtheyden

Frank Pechtheyden ist der Förster des Reviers Ville-Seen.

Dafür gibt es drei entscheidende Ursachen: Einerseits hinterließen die Stürme des Winters viel Bruchholz, was angesichts teils unpassierbarer Forstwege, begrenzter Kapazitäten bei Arbeitern und Maschinen nicht vollends aus dem Wald gebracht werden konnte, bevor Anfang April die Fortpflanzungszeit des Käfers beginnt. Es gab also Lebensraum in Hülle und Fülle. Andererseits setzte der trockene Sommer den Bäumen zu. Während gesunde Fichten die Bohrlöcher des Borkenkäfers mit Harz verschließen und so dem Befall Einhalt gebieten können, gelingt dies geschwächten Bäumen kaum.

Hitze kommt Käfern recht

Das anhaltend warme Wetter begünstigte außerdem die Vermehrung des Schädlings. „In diesem Jahr gab es gleich drei Generationen“, sagt Pechtheyden. Ein einziges Weibchen konnte so für sage und schreibe 100 000 Nachkommen sorgen. Ist ein Baum einmal befallen, ist er kaum noch zu retten. Larven und Käfer zerstören gewissermaßen die Wasserleitungen des Baumes zwischen Borke und Bast. Die Versorgung der Krone mit Nährstoffen und Flüssigkeit kommt zum Erliegen, der Baum stirbt.

Unter der Borke haben die Käfer und Larven Gänge gebohrt.

Danach ist Eile geboten. Befallene Bäume müssen zügig gefällt und aus dem Wald gebracht werden, um eine weitere Ausbreitung des Schädlings zu verhindern. „Im Sauerland und Teilen der Eifel ist das ein noch größeres Problem, weil es dort große Fichtenkulturen und arge Engpässe bei der Aufarbeitung des Holzes gibt“, sagt Pechtheyden. In den Wäldern des Rhein-Erft-Kreises ist die Situation nicht ganz so dramatisch. „Lediglich fünf Prozent des hiesigen Waldes ist von Fichten bestanden“, erklärt Schölmerich. Solche Flächen gibt es vor allem im Brühler und Frechener Umland.

Keine Zukunft für die Fichte

Doch das Ende dieser Bestände scheint nur eine Frage der Zeit. „Die Auswirkungen der Borkenkäferplage wird den Trend zum Laubwald sicherlich verstärken“, sagt Schölmerich, „die Fichte hat hier keine Zukunft.“ Bevor jedoch Küstentanne, Douglasie, Buche und Eiche die Fichte ablösen, müssen die Mitarbeiter der Forstverwaltung noch einige Probleme lösen. Da wäre beispielsweise der Preisverfall. Angesichts der großen Menge Fichtenholzes, die in Deutschland den Markt flutet, können derzeit bestenfalls noch rund 60 Euro für den Kubikmeter erlöst werden. Vor den Stürmen im Januar waren es noch 90 Euro. Wenn der Schädlingsbefall auch noch Verfärbungen des Holzes hinterlässt, sinkt der Preis weiter. Angesichts von deutschlandweit Millionen betroffenen Bäumen rechnen Waldbesitzer insgesamt mit Schäden in Milliardenhöhe. „Außerdem müssen die Flächen aufgeforstet werden, was ebenfalls Geld kostet“, sagt Schölmerich.

Um bessere Zeiten am Markt abzuwarten, lässt er daher an einigen Stellen tote Fichten vorerst stehen. „Wenn die Rinde sich durch den Befall abgelöst hat, ist das unproblematisch, weil dann keine Vermehrung mehr möglich ist“, sagt Schölmerich. Den Wandel des hiesigen Waldes hält das selbstverständlich nicht auf. „Wir werden uns umstellen müssen und das können wir auch. Ich hätte mir die Veränderung nur etwas sanfter gewünscht.“

Der Borkenkäfer

Nur wenige Millimeter groß ist der Borkenkäfer. In Europa gibt es 154 Arten, den hiesigen Fichten setzen vor allem Buchdrucker und Kupferstecher zu. Chemische Schädlingsbekämpfung eignet sich kaum. Daher werden befallenen Bäume meist aus dem Forst entfernt. Fichtenholz wird wegen seiner langen, geraden Stämme vor allem in der Bauwirtschaft eingesetzt, aber auch in der Möbel-, Verpackungs- und Parkettindustrie. (wok)