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Vorwürfe gegen Pfarrer aus Erftstadt„Wir haben die Vorwürfe genau geprüft“

Lesezeit 4 Minuten

Sind Sie überrascht ob der Vielzahl der Reaktionen in der Pfarrei?

Pfarrer Jansen ist in Erftstadt sehr beliebt, und auch ich schätze ihn sehr. Und das weiß er auch. Umso mehr war die Nachricht für die Menschen ein Schock. Ich habe die Pfarrei als eine sehr lebendige erlebt, in der viele Menschen aktiv sind. Beides zusammen erklärt für mich die Vielzahl der Reaktionen.

Haben Sie mit dieser Heftigkeit gerechnet?

Pfarrer Jansen hat in den Jahrzehnten in Erftstadt Wundervolles geleistet, weswegen ihm die Menschen so verbunden sind. Das Engagement der Menschen für ihren Pfarrer ist eine absolut verdiente Wertschätzung für Pfarrer Jansen. Ich kann nachvollziehen, dass es nun schwierig ist, auch den Vorwurf zu akzeptieren. Genau in dieser schwierigen Situation stecken alle Familien, in denen zum Beispiel der Onkel plötzlich unter den Verdacht des sexuellen Missbrauchs gerät. In diesen Situationen müssen wir sehr sensibel sein, um die Opfer wirklich zu hören.

Wie gehen Sie als Amtskirche damit um?

Wir haben die Vorwürfe an Pfarrer Jansen sehr genau geprüft. Der Vorwurf lautet, dass es über viele Monate zu schwerem und eindeutig sexuell grenzverletzendem Verhalten gekommen sein soll. Einen solchen Vorwurf müssen wir trotz aller Verdienste von Pfarrer Jansen sehr ernst nehmen. Gerade mit Blick auf die Opfer dürfen auf keinen Fall in der Kirche solche Vorwürfe bagatellisiert werden. Für Pfarrer Jansen haben wir nun entsprechend den Richtlinien ein Verfahren eröffnet, welches sich streng an die Richtlinien hält. Obwohl es Gespräche mit Pfarrer Jansen gab, nehmen wir dennoch die Kritik an dem Verfahren sehr ernst und schauen, wo wir auch mit Betroffenen noch besser umgehen können. Die Mitarbeiter aus dem Generalvikariat haben mir gegenüber noch einmal betont, dass sie für alle Beteiligten gesprächsbereit sind und bleiben.

Wir werten Sie die Reaktionen?

Ich will hier nicht werten, sondern muss wahrnehmen, was mir berichtet wurde. Die Reaktionen für Pfarrer Jansen zeigen, wie sehr er durch sein pastorales Wirken die Menschen erreicht hat. Ich sehe aber auch Verunsicherung, Wut und Trauer. Ich habe selbst mit Pfarrer Jansen Kontakt aufgenommen.

Ist vielleicht eine weitere Informationsveranstaltung oder ein Gesprächsabend von Ihrer Seite mit der Pfarrgemeinde geplant?

Wir wollen unbedingt im Gespräch mit allen Gemeindemitgliedern bleiben. Dabei ist uns eine Offenheit wichtig, die die unterschiedlichen Berichte über Pfarrer Jansen akzeptiert und zunächst einmal stehen lässt. Denn es gibt auch Fälle, in denen sich noch weitere Betroffene gemeldet haben. Deshalb bitte ich alle Menschen in Erftstadt, dazu beizutragen, dass eine Atmosphäre entsteht, die ein ehrliches und rücksichtsvolles Gespräch möglich macht.

Wurden wegen Pfarrer Jansen schon Kirchenaustritte angedroht?

In manchen E-Mails ist davon die Rede. Aber in diesem Fall sind gerade die Menschen getroffen, die in der Pfarrei von Pfarrer Jansen eine Heimat gefunden haben. Viele Menschen berichten uns davon, wie sie durch Pfarrer Jansen zum Glauben fanden. Sie erzählen von Taufen oder Hochzeiten, die Pfarrer Jansen mit ihnen gefeiert hat und die zu ihrem Lebensweg gehören. Ich hoffe sehr und bete auch dafür, dass diese Menschen weiter den Glauben in der Kirche leben wollen.

Viele Gläubige kritisieren die Strenge des Verfahrens. Gab es keine Alternative, etwa die frühzeitige Versetzung Jansens in den Ruhestand?

Wir haben als katholische Kirche gelernt. Wir nehmen Opfer ernst und verhalten uns entsprechend unseren Richtlinien. Pfarrer Jansen hat ja sogar selbst eingeräumt, dass sein Verhalten damals nicht in Ordnung war. Dies muss nun in einem Verfahren geprüft werden. Eine stillschweigende Versetzung in den Ruhestand wäre eine Vertuschung, die es nicht mehr in der Kirche geben darf und die auch nicht zu halten wäre.

Viele kritisieren, die Vorwürfe seien zu vage. Kann man nicht konkreter werden?

Zum Schutz von beiden Seiten benennen wir die Vorwürfe nicht konkret. Vorgeworfen werden aber schwere sexuelle Grenzverletzungen über den Zeitraum von mehreren Jahren.

Muss das Verfahren in Rom geführt werden?

Rom erachtet solche Vorwürfe zurecht als so schwerwiegend, dass es diese Verfahren an sich zieht, das entspricht der weltlichen Gerichtsbarkeit, wo bestimmte Delikte auch von höheren und höchsten Instanzen bearbeitet werden.

Wie muss man sich das weitere Verfahren vorstellen? Wie soll geklärt werden, was vor 40 Jahren geschehen ist?

Die Vorwürfe werden nun noch einmal sehr genau geprüft, soweit es nach 40 Jahren noch möglich ist. Wir wollen ein faires Verfahren für Pfarrer Jansen. Unser Ziel ist Gerechtigkeit auf Erden. Letztlich müssen wir aber auf Gottes Gerechtigkeit und seine Güte bauen. In meinen Gebeten bitte ich für alle Beteiligten und um Kraft, für diesen Prozess.