Landwirte im Rhein-Erft-Kreis machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Vor allem der steigende Mindestlohn bereitet ihnen Kopfzerbrechen.
Rhein-Erft-KreisUkrainische Spargelernte-Helfer leben jetzt dauerhaft auf Kerpener Hof

Von Hand müssen die Spargelstangen aus den Dämmen gestochen werden.
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Darauf hatte der Spargel gewartet. Sonne satt. Täglich sind die Erntehelfer jetzt in den Feldern. Von Hand, Stange für Stange, muss er aus den Dämmen gestochen werden.
Landwirt Klaus Langen aus Kerpen-Buir hat 25 Erntehelfer aus der Ukraine im Einsatz. Seine Vorarbeiter sind Polen, die teils seit Jahrzehnten fest angestellt sind. „Der Dienstälteste ist seit 32 Jahren bei uns“, sagt Langen. Für die Erdbeerernte brauche er aber dringend weitere etwa 100 Erntehelfer. „Über 90 Prozent unserer Saisonkräfte kommen aus den Kriegsgebieten in der Ukraine“, sagt er. Jederzeit könne da etwas passieren. Die Situation sei für alle fürchterlich.
2021 hat Langen mangels Erntehelfern Teile seiner Felder ungeerntet umpflügen müssen. Damals sei noch hinzugekommen, dass die Verbraucher regionale Produkte zugunsten von Billigprodukten aus dem Ausland verschmäht hätten.
Etliche Ukrainer leben dauerhaft auf dem Hof in Kerpen
Was seine Saisonkräfte angeht, arbeitet Langen mit einer universitätsnahen Arbeitsvermittlung in der Ukraine zusammen. „Denen waren im vergangenen Jahr die Hände gebunden, es gab einfach keine Erntehelferinnen und -helfer.“ Männer dürften die Ukraine auch jetzt nicht verlassen.

Auch Landwirt Klaus Langen packt immer noch selber tüchtig mit an.
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Als der Krieg im Februar 2022 ausbrach, habe er noch einige Ukrainer auf dem Hof gehabt. „Ihnen habe ich angeboten zu bleiben, und alle haben das Angebot dankend angenommen. Seitdem leben sie dauerhaft bei uns am Hof“, berichtet Langen. Die meisten hätten Familien, mit denen sie täglich telefonierten und denen sie Geld schickten. Weil es im Winter nicht genug Arbeit gab, vermittelte Langen die Ukrainer weiter.
Hürther Landwirt hat zahlreiche Erntehelferinnen und -helfer gefunden
Probleme, Erntehelferinnen und -helfer zu finden, hat Landwirt Alexander Thomas von der Dom Spargel OHG aus Hürth-Fischenich nicht. Schon jetzt sind auf seinen Spargelfeldern mehr als 100 Erntehelfer beschäftigt. „Wir arbeiten mit rumänischen Saisonkräften zusammen“, berichtet er.
Die meisten kämen seit vielen Jahren. Eine Agentur zur Arbeitsvermittlung brauche er nicht. „Wir besuchen die jeweiligen Gruppenchefs, die dann ihre Mannschaften dann zusammenstellen, zu Hause und buchen sie vor Ort“, sagt Thomas. Das sorge für eine Begegnung auf einer ganz anderen Ebene. „Die Rumänen waren wirklich sehr froh, gastfreundlich und fühlten sich ernst und wahrgenommen.“
Hürther Landwirt macht sich wegen des steigenden Mindestlohns Sorgen
Wegen des Preisdumpings mit Billigprodukten hat allerdings auch er die Ernte 2021 abgebrochen. „Unter Produktionskosten gebe ich meine Erzeugnisse nicht ab.“ Wenn er die Direktvermarktung an den Verkaufsständen nicht hätte, könne er den Betrieb dichtmachen.
Doch auch dafür gebe es zu wenig Leute. Er würde Geflüchtete einstellen und ihnen sogar einen Euro mehr als Mindestlohn zahlen. Doch viele winken ab, weil sie durch staatliche Hilfe fast genau so viel Geld bekämen, ganz ohne Arbeit. „Da ist der Fehler im System“, sagt Thomas.

Saisonkräfte sortieren den Spargel auch von Hand.
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Sollte der Mindestlohn weiter steigen, befürchtet Thomas, dass es bald keine Landwirte mehr gibt, die sich den Anbau von Obst und Gemüse leisten könnten. „Dann geht es wirklich vielen an die Existenz“, befürchtet auch Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands der rheinischen Obst- und Gemüsebauern. Deutsche Landwirte stünden in Konkurrenz zu sehr viel niedrigeren Arbeitslöhnen im Ausland.
So liege der Mindestlohn in Spanien bei 6,50, in Portugal bei 4,50, in der Türkei bei 3 Euro und in Südafrika bei 1,30 Euro. „Die Verbraucher wollen Klimaschutz und eine regionale und saisonale Ernährung“, sagt Muß. Das koste dann aber auch mehr. Und von politischer Seite werde den Landwirten jede Möglichkeit genommen, wirtschaftlich arbeiten zu können.