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„Wie im Mittelalter“So bereiten sich Schulen im Kreis auf die Wiedereröffnung vor

Lesezeit 3 Minuten

Das Europagymnasium Kerpen bereitet sich auf die Wiedereröffnung vor. Alle Lehrer packen mit an.

  1. Am Donnerstag kommen die ersten Jahrgänge zurück in die Schulgebäude.
  2. Auch wenn alle Schulleiter sicher sind, dass sie den Neustart mit Erfindergeist und hohem Engagement des Kollegiums erst einmal hinkriegen, bleibt doch Ratlosigkeit und Unsicherheit.
  3. Denn schon bald soll der nächste Jahrgang auch wieder unterrichtet werden.

Rhein-Erft-Kreis – Es ist ein Tasten und Testen, ein Suchen nach dem richtigen, zumindest nach einem gangbaren Weg. Am Donnerstag werden die ersten Jugendlichen nach der Corona-Zwangspause zurückkehren in die weiterführenden Schulen – für Schulleiter und Lehrerkollegien heißt das, eine Lösung zu finden für Unterricht ohne Ansteckungsgefahr. Und diese Lösungen sehen durchaus unterschiedlich aus.

Mit Mundschutz ausgerüstet, sind Lehrerinnen und Lehrer im Kerpener Europagymnasium, mit etwa 2000 Schülern der größten Schule des Rhein-Erft-Kreises, dabei, Flatterbänder zu spannen, Laufwege mit Pfeilen zu markieren und Tische zu rücken. Wie Schulleiterin Tatjana Strucken berichtet, werden zunächst nur die Abiturienten zum Unterricht erwartet. Für die anderen Kinder und Jugendlichen geht die Pause vorerst weiter.

Maskenpflicht in Hürth

Abstandsmarkierungen werden aufgeklebt, Tische so gestellt, dass die Jugendlichen automatisch einen Mindestabstand einhalten. „Das größte Problem sind derzeit die Pausen. Wir müssen schauen, dass wir auch da die Mindestabstände einhalten. Leider gibt es vom Schulträger derzeit keine Atemschutzmasken“, berichtet die Schulleiterin.

Abstände und Laufrichtungen sind im Kerpener Gymnasium vorgegeben, um Mindestabstände einzuhalten.

In Sachen Masken hat Thorsten Jürgensen-Engl die Initiative ergriffen. Über Kontakte von Eltern hat er genügend besorgt, um die Schüler damit ausrüsten zu können. Denn am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hürth herrscht Maskenpflicht. Die Schulkonferenz habe das befürwortet, sagt der Schulleiter, „und auf Grundlage unseres Hausrechts können wir das umsetzen“. Am Eingang bekomme am Donnerstag jeder eine Maske, für den einmaligen Gebrauch, ab Monat gebe es dann waschbare.

Kein Bedarf an Unterricht bei Abiturienten

Im Abteigymnasium in Pulheim Brauweiler stellt sich dieses Problem nicht – weil keine Schüler kommen werden. „Wir haben bei allen Abiturienten nachgehört, keiner hat noch Bedarf an Präsenzunterricht“, sagt Schulleiter Martin Sina.

Für die Abiturienten herrscht keine Schulpflicht mehr. Deshalb weißt Karin Freiburg, Leiterin des Lechenicher Gymnasiums, noch gar nicht, wie viele der rund 100 betroffenen Schüler am Donnerstag kommen werden. Seife und Papierhandtücher gebe es genug, die Stadt habe zugesagt, dass bis Donnerstag auch genügend Desinfektionsmittel da sei.

Darauf hofft auch Alexandra Tiesarzik. Die Leiterin des Liblarer Ville-Gymnasiums berichtet, dass die Räume in der Schule nun täglich gereinigt und desinfiziert würden.

Klassenzimmer „wie im Mittelalter“

An Real- und Hauptschulen ist die Lage anders als an den Gymnasien, die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen müssen kommen, sofern sie keiner Risikogruppe angehören. „Wir mussten den Unterricht im Schweinsgalopp sicherstellen“, formuliert es Walburga Hövel, die die Pulheimer Marion-Dönhoff-Realschule leitet. Sie besetzt die Klassen mit höchstens 15 Schülern und hat eine Wegeführung in der Schule erarbeitet, die Abstandhalten ermöglichen soll – beispielsweise mit einer „Einbahnstraßenregelung“ in Richtung Toilette und zurück. Gruppenarbeit im Unterricht gebe es nicht.

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Das beklagt auch Monika Azizmohammadi, Leiterin der die Frechener Hauptschule Herbertskaul. „Wie im Mittelalter“ werde es aussehen, klagt sie: Die Schüler – maximal zehn – säßen im Raum verteilt an Einzeltischen, die restlichen Tische seien zu einer Art Barriere vor dem Lehrerpult aufgebaut. „Total schlimm“ findet das Azizmohammadi. Die Türen blieben offen, vor der Toilette gebe es eine markierte Wartezone.

Viele Lehrer gehören zu Risikogruppen

Auch wenn alle Schulleiter sicher sind, dass sie den Neustart mit Erfindergeist und hohem Engagement des Kollegiums erst einmal hinkriegen, bleibt doch Ratlosigkeit und Unsicherheit. Denn schon bald soll der nächste Jahrgang auch wieder unterrichtet werden. „Wenn wir weiterhin nur halbe Klassen unterrichten, bekomme ich gerade noch eine Stufe hier untergebracht“, sagt Hövel.

Und Sina weist auf ein weiteres Problem hin: Viele Lehrer gehörten zu Risikogruppen. Die Pädagogen über 60 dürften zwar noch entscheiden, ob sie unterrichten, wer vorerkrankt sei, müsse aber zu Hause bleiben.