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Geld aus PensionsfondsRhein-Erft-Kreis verliert durch Wirecard-Pleite fast 400.000 Euro

Lesezeit 3 Minuten
Das Logo der insolventen Firma Wirecard hängt an der Fassade des Unternehmens in Aschheim bei München. Das Foto wurde vor drei Jahren aufgenommen.

Das Logo der insolventen Firma Wirecard hängt an der Fassade des Unternehmens in Aschheim bei München. Das Foto wurde vor drei Jahren aufgenommen.

Die Kreisverwaltung will sich einer Sammelklage anschließen, um zumindest einen Teil des Geldes noch wiederzuerlangen.

Die betrügerische Pleite des Finanzdienstleisters Wirecard hat auch den Rhein-Erft-Kreis eine Stange Geld gekostet. Knapp 400.000 Euro, die der Rhein-Erft-Kreis in Anleihen des Unternehmens angelegt hatte, sind im Rahmen der Insolvenz verloren gegangen. Das Wertpapierdepot gehörte zum Pensionsfonds des Kreises.

Wie die Kreisverwaltung am Donnerstag (1. Juni) im nichtöffentlichen Teil der Sitzung dem Kreistag mitgeteilt hat, wolle man sich einer Sammelklage anschließen, um zumindest einen Teil des Geldes noch wiederzuerlangen.

„Der Rhein-Erft-Kreis ist nach wie vor bemüht, den Schaden, der damals entstanden ist, so gering wie möglich zu halten“, sagt Kreiskämmerer Martin Gawrisch. Jedoch: „Wir haben zwar unsere Forderung in einer Insolvenztabelle angemeldet, bei Wirecard selbst kann aber offenkundig nichts mehr geltend gemacht werden.“

Kosten für die Klage sollen dem Vernehmen nach vierstellig sein

Die Sammelklage, der der Kreis nun beitreten will, richtet sich denn auch nicht gegen das Unternehmen, sondern gegen die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young. Es soll nachgewiesen werden, dass die Prüfer, wenn sie denn genauer hingeschaut hätten, Unstimmigkeiten bei Wirecard deutlich früher hätten sehen können und müssen. Die Kosten für den Kreis sollen sich bei der Klage dem Vernehmen nach im vierstelligen Bereich liegen.

Das Foto zeigt Martin Gawrisch. Er ist als Kämmerer für die Finanzen des Rhein-Erft-Kreises verantwortlich.

Martin Gawrisch ist als Kämmerer für die Finanzen des Rhein-Erft-Kreises verantwortlich.

Der Pensionsfonds des Kreises wurde 2007 angelegt, unter anderem gefüttert mit Geld aus dem Verkauf des kreiseigenen Tafelsilbers, den RWE-Aktien. Ziels des Fonds: Belastungen aus den Pensionszahlungen für frühere Beamte abzufedern.

Auf rund 30 Millionen Euro ist der Fonds inzwischen angewachsen, und er arbeitet dem Vernehmen nach profitabel mit einer Rendite von zuletzt vier Prozent. Das Geld wird auf unterschiedliche Weise angelegt, sei es in Wertpapieren, in Immobilien- oder Rentenfonds. Hinzu kommen Zuzahlungen vom Kreis für neu eingestellte Beamte, die den Pensionsfonds beständig wachsen lassen.

Im Juni 2020 wurde die Inolvenz des Finanzdienstleisters bekannt

Der Anteil der Aktienfonds am Gesamttopf liegt seit vorigem Jahr nach Beschluss des Kreistags bei 40 Prozent, vorher war der maximale Anteil auf 30 Prozent gedeckelt. Da aber mit Rentenpapieren nicht genug Rendite zu machen war, setzt der Kreis nun mehr auf Wertpapiere. Für den Ankauf von Wertpapieren gelten allerdings Auflagen: Sie müssen ein hohes Rating aufweisen.

Im Fall von Wirecard habe dieses vorgelegen, sagt Gawrisch. Die Wirecard-Anleihen, die von der Kreissparkasse Köln für den Kreis verwaltet wurden, sind laut Unterlagen des Kreises erstmals im Oktober 2019 gekauft, später mit Gewinn wieder verkauft und dann wieder angekauft worden. Im Juni 2020 dann wurde die Insolvenz des Finanzdienstleisters bekannt – tags darauf veräußerte die Kreissparkasse das gesamte Depot, allerdings mit einem Verlust von 395.000 Euro. Abzüglich des zwischenzeitlichen Gewinns bleibt ein Minus von 350.000 Euro.


Die Wirecard AG mit Sitz in Aschheim war bis zur Insolvenz Mitte 2020 ein börsennotierter Zahlungsabwickler und Finanzdienstleister. Das Unternehmen bot Lösungen für elektronischen Zahlungsverkehr, Risikomanagement sowie Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten an.

Das Geschäft solcher Unternehmen läuft so: Wenn ein Kunde mit Kreditkarte zahlt, fließt das Geld nicht direkt an den Händler, sondern zuerst an Finanzdienstleister wie Wirecard, die das Geld dann an den Händler weiterleiten. Finanzdienstleister verdienen Provisionen dafür, dass sie das Risiko tragen und dafür garantieren, dass das Geld auch beim Empfänger ankommt.

Zunächst feierte Wirecard große Erfolge und gelangte 2018 sogar in den DAX, Deutschlands Aktienindex für die 30 wichtigsten Unternehmen. Dann aber kamen Berichte auf, wonach Wirecard in Asien Zahlen fingiert haben soll. 1,9 Milliarden Euro, die auf asiatischen Konten liegen sollten, gab es offenbar gar nicht. Die Bilanzprüfer von Ernst & Young verweigerten Wirecard das Testat. Der Aktienkurs stürzte ab, die Insolvenz folgte. (dv)