Im Kreis gibt es nach Angaben der Unteren Jagdbehörde 1752 gemeldete Jäger mit gültigem Jagdschein, 160 Jagdbezirke sind ausgewiesen.
JagdsaisonDarum ist beim Spaziergang in den Wäldern im Rhein-Erft-Kreis Vorsicht geboten
Die Schuhe sind geschnürt, die Vorfreude auf den Spaziergang ist groß. Doch am Waldweg steht ein dreieckiges, rot umrandetes Schild: heute Jagd. Was tun? Umkehren oder weitergehen? Ist es eine Sperrung oder lediglich eine gutgemeinte Warnung? „Wir können das Betreten des Waldes gar nicht verbieten“, stellt Simon Franz vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft klar. Allerdings könne er Spaziergänger zurückschicken an Stellen, wo es wirklich gefährlich sei.
Dass es knallt in Wald und Feld und dass man bewaffneten Menschen begegnet, kommt im Moment häufiger vor. Der Herbst ist Jagdsaison, vor allem für das, was Fachleute Bewegungsjagden nennen: Drückjagden, bei denen Jäger auf Hochsitzen warten, dass Treiber Wild aus der Deckung scheuchen, oder Treibjagden, bei denen die Schützen am Feldrand stehen oder auch über die Fläche gehen.
Bei der Drückjagd geht es in dieser Region vor allem um Rehe und Wildschweine, bei der Treibjagd um Hasen und Fasane. Vier Drückjagden organisiert Simon Franz in der Ville, er ist dabei Jagdleiter. Und damit auch zuständig für die Sicherheit der Schützen, der Treiber, der Spaziergänger, Radfahrer oder Pilzsammler und der Jagdhunde.
Wo eben noch freies Schussfeld war, kann in der nächsten Sekunde ein Mensch stehen
Zu Beginn jeder Drückjagd wird jeder Teilnehmer auf die Sicherheitsvorschriften hingewiesen. Eine der Grundregeln: Jeder ist für seinen Schuss verantwortlich. Und das heißt vor allem in der Ville, Augen und Ohren offen halten. Wo eben noch freies Schussfeld war, kann in der nächsten Sekunde ein Mensch stehen – denn, wie gesagt, gesperrt ist der Wald nicht, wenn gejagt wird.
Rund ein Drittel des Wildes, das im Jahr in den Ville-Revieren geschossen werde, werde bei Drückjagden erlegt, berichtet Simon Franz: „Mir wäre lieber, es wäre die Hälfte.“ Drückjagden seien effizienter, auch wenn es aufwendig sei, eine Jagd mit vielen Schützen, Treibern und Hunden zu organisieren. Die Stände müssten sorgfältig ausgewählt werden, auch aus Sicherheitsgründen. Kein Schütze werde mehr am Waldweg abgestellt, jeder sitze auf einen Hochsitz oder einem etwas kleineren Drückjagdbock. Dass von oben geschossen wird, sorgt dafür, dass das Geschoss im Boden steckenbleibt, wenn das Wild verfehlt wird.
„Wer eine Bewegungsjagd veranstaltet, ist nicht verpflichtet, dass anzukündigen“, erklärt Franz-Josef Kipshagen. Manchmal sei es aber durchaus sinnvoll, Bescheid zu sagen, findet der Vorsitzende der Kreisjägerschaft: beispielsweise, wenn ein Reitstall in der Nähe ist. Ob es wirklich sinnvoll sei, dort spazieren zu gehen wo gejagt werde, müsse jeder für sich entscheiden. Schließlich müsse man damit rechnen, dass flüchtiges Wild in hohem Tempo die Wege kreuze und auch Jagdhunde frei unterwegs seien.
Eine neue Viruserkrankung droht den Feldhasen
Die Zahl der Treibjagden sei in den vergangenen Jahren rückläufig, berichtet der Fachmann. Denn es gebe immer weniger Feldhasen. Zwar habe sich dieser Trend zuletzt umgekehrt, doch nun drohe den Tieren eine neue Gefahr durch Myxomatose. Bisher hatte die Viruserkrankung ausschließlich Kaninchen befallen und ganze Bestände vernichtet. Nun ist eine neue Variante auf dem Vormarsch, die erstmals 2018 bei Hasen in Spanien und Portugal nachgewiesen wurde. Sie werde vor allem durch Stechmücken übertragen, berichtet Kipshagen. Deshalb stelle sich für viele Pächter in den Feldrevieren die Frage, ob sie überhaupt noch Hasen jagen wollen oder lieber den Bestand schonen.
Beim Schwarzwild stellt sich diese Frage nicht, da ist die Antwort für Experten klar. Gerade weil befürchtet wird, dass die Afrikanische Schweinepest auch den Kreis erreicht, soll der Bestand ausgedünnt werden. Denn die Schweinepest wird von Tier zu Tier übertragen, je weniger Kontakt die Wildschweine untereinander haben, desto geringer ist die Ansteckungsgefahr. Deshalb hofft Simon Franz auf große Strecken bei den Jagden in der Ville. Aber der Fachmann sagt auch: „Das wichtigste ist, dass am Ende des Jagdtags weder Mensch noch Hund zu Schaden gekommen ist.“
Das nordrhein-westfälische NRW-Landwirtschaftsministerium hat die Jagdstrecken-Statistik für das Jagdjahr 2023/24 veröffentlicht. Sie basiert auf den Zahlen, die die Jäger den Unteren Jagdbehörden bei den Kreisen melden. Das Jagdjahr wird jeweils vom 1. April bis zum 31. März des folgenden Jahres gerechnet. Die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung wertet jährlich die Streckenentwicklung aus. Mitgezählt wird auch Fallwild, also Tiere, die nicht erlegt worden sind, sondern auch andere Weise – meist im Straßenverkehr – ums Leben gekommen sind.
Deshalb tauchen in der landesweiten Statistik auch 15 Wildkatzen , 166 Baummarder, ein Fischotter und 57 Mauswiesel auf, alles Tierarten, die nicht bejagt werden dürfen. Die Strecke im Rhein-Erft-Kreis – ebenfalls inklusive Fallwild – sieht wie folgt aus: 34 Stück Damwild (landesweit 5.674), 1.039 Rehwild (132.196), 1.074 Schwarzwild (41.611), vier Baummarder, fünf Mauswiesel, 1.044 Feldhasen (72.737), 1.264 Wildkaninchen (24.740 ), 146 Dachse, 1.740 Füchse (51.062), 71 Steinmarder, zehn Iltisse, vier Hermeline, acht Waschbären (30.023 ), zehn Rebhühner, 396 Fasane, 4.869 Ringeltauben, ein Höckerschwan, 31 Graugänse, 118 Kanadagänse, 363 Nilgänse, 298 Stockenten, 15 Waldschnepfen, ein Blässhuhn, ein Graureiher, drei Habichte, zwölf Mäusebussarde, ein Turmfalke, 1.700 Rabenkrähen, 516 Elstern, 336 Nutrias, 31 Bisam und 67 Kormorane.
Im Rhein-Erft-Kreis gibt es nach Angaben der Unteren Jagdbehörde 1752 gemeldete Jäger mit gültigem Jagdschein, 160 Jagdbezirke sind ausgewiesen.