Von Lkw überrolltWas sich seit dem Tod des zehnjährigen Henry in Pulheim verändert hat

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Ein weiß lackiertes Fahrrad ist an einem Laternenmast befestigt.

Ein weiß lackiertes Geisterfahrrad erinnert an den tödlich verunglückten Henry.

Pulheim hat am Schulzentrum und an der Grundschule Am Buschweg Halteverbote eingerichtet und eine Haltestelle für Elterntaxis eingerichtet.

Am Fuß des Baums liegen Plüschtiere in vielen Größen und Farben und kleine Tafeln mit Sprüchen. „Du bist nicht mehr da, wo du warst, aber du bist überall w0 wir sind“ und „Erinnerungen sind kleine Sterne, die tröstend in das Dunkel unserer Trauer leuchten“ ist darauf geschrieben. Mittendrin und an den Seiten stehen batteriebetriebene Kerzen und Grablichter, Töpfe mit Blumen und Kräutern.

Ein paar Meter entfernt steht ein weiß lackiertes Fahrrad. Aufgestellt zum Abschluss einer Gedenkfahrt am 24. November, erinnert es alle, die den Paul-Decker-Platz passieren, an einen Unfall, der im vergangenen Jahr viele Menschen erschüttert hat. Dort hatte ein Lkw am 18. September den zehn Jahre alten Henry überrollt.

Rhein-Erft-Kreis sah keinen dringenden Handlungsbedarf

Der Junge, der das Geschwister-Scholl-Gymnasium besucht hat, starb wenige Stunden später in einem Krankenhaus. Das Geisterrad sei Mahnmal für verunglückte und getötete Radfahrerinnen und Radfahrer und solle auf mögliche Gefahrenpunkte hinweisen, ist auf einem DIN-A-4-Blatt zu lesen, das, durch eine Klarsichtfolie geschützt, daran befestigt ist.

Noch ist nicht aufgeklärt, was genau an der Unfallstelle gegenüber der Barbara-Kapelle geschehen ist. „Hier dauern die Ermittlungen noch an“, teilt der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer mit. In der Pressestelle der Kreisverwaltung ist dies zu erfahren: Bei einem Ortstermin der Baulastträger mit den verkehrslenkenden Behörden hätten sich keine Hinweise auf einen sofortigen Handlungsbedarf ergeben.

Der Lastwagen, unter den der Junge geraten war.

Henry geriet am Paul-Decker-Platz unter einen Lastwagen.

„Auf Anregung des Rhein-Erft-Kreises wurde dann vereinbart, den Knotenpunkt durch ein externes Gutachten prüfen zu lassen. Ob daraus Maßnahmen wie bauliche Veränderungen oder Markierungsarbeiten resultieren, wird sich noch zeigen“, teilt Kreissprecher Thomas Schweinsburg mit. Die Empfehlungen würden demnächst im Verkehrsausschuss vorgestellt.

Erste Änderungen hatte die Stadt Pulheim schon vor dem schrecklichen Unfall in die Wege geleitet. Auf Drängen der Schulpflegschaft an der Katholischen Grundschule Am Buschweg. Diese hatte Anfang 2023 auf das immer größer werdende Verkehrschaos und gefährliche Situationen vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtsschluss hingewiesen.

Pulheim hat Haltestelle für Elterntaxis eingerichtet

Seit Mitte Dezember 2023 dürfen Elterntaxis weder vor der Grundschule noch an der Haltestelle vor dem Schulzentrum an der Hackenbroicher Straße halten. Sie können nur noch bis zum Parkplatz am Vereinsheim der St.-Sebastianus-Schützen, Am Sportzentrum 24, fahren. Von dieser Elternhaltestelle können die Kinder und Jugendlichen, die die Grundschule, die Marion-Dönhoff-Realschule oder das Geschwister-Scholl-Gymnasium besuchen, zu den Schulen laufen.

Außerdem gelten an Schultagen (Montag bis Freitag) zwischen dem Bussardweg und dem Merianweg von 7.30 bis 8.15 Uhr sowie von 13 bis 16 Uhr auf beiden Seiten des Buschweges Halteverbote. Auch auf der Hackenbroicher Straße in Höhe der Parkplätze der Marion-Dönhoff-Realschule hat die Stadtverwaltung ein Halteverbot eingerichtet, um zu verhindern, dass Eltern ihre Kinder dort aus- und einsteigen lassen.

So gab es beispielsweise von Januar bis April 117 Verwarnungen am Buschweg, da trotz Halteverbots dort geparkt wurde
Ruht Henn, Sprecherin der Stadt Pulheim

Offensichtlich tun sich viele Eltern mit der Regelung schwer. Es sei schon jetzt festzustellen, dass die Haltestelle für Elterntaxis häufiger genutzt werden könnte, antwortet Stadtsprecherin Ruth Henn auf eine Anfrage. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außendienstes des Ordnungsamtes seien morgens und nachmittags häufig vor Ort und müssten nach wie vor Verwarnungen erteilen.

„So gab es beispielsweise von Januar bis April 117 Verwarnungen am Buschweg, da trotz Halteverbots dort geparkt wurde. Auch hat sich der Hol- und Bringverkehr teilweise in die umliegenden Straßen verlagert.“ Darunter dürften auch Eltern sein, die sich nach dem Unfall der Petition „Sichere Schulwege für Pulheim“ vom Kidicall Mass Aktionsbündnis angeschlossen haben. Unterm Strich waren es 10 375 Unterstützer.

An der Unfallstelle liegen Plüschtiere und andere Gegenstände, wie etwa batteriebetriebene Kerzen.

Ein Ort der Trauer: An der Unfallstelle liegen Plüschtiere in vielen Farben und Größen, kleine Tafeln mit Sprüchen, mittendrin und an den Seiten stehen batteriebetriebene Kerzen, Grablichter, Laternen, aber auch Töpfe mit Blumen und Kräutern.

Zudem habe das Ordnungsamt festgestellt, dass jetzt Autos häufig auf der Hackenbroicher Straße hielten, damit Schülerinnen und Schüler aussteigen könnten. Henn: „Somit wird der fließende Verkehr behindert. Aus diesem Grund sollen die Halteverbote im Nahbereich der Schule noch ergänzt werden.“

Eine weitreichende Änderung – eine Fahrradstraße – hat der Stadtrat Mitte Dezember beschlossen. Sie soll vom Norden der Hackenbroicher Straße über die Escher Straße, die Straße Am Jürgenshof, ein kurzes Stück über die Venloer Straße und weiter über die Johannisstraße bis zur Kreuzung Johannisstraße/Steinstraße führen.

Pulheim plant eine Fahrradstraße

Henn: „Derzeit plant die Verwaltung, wie die Umgestaltung aussehen könnte.“ Diese Pläne würden dann dem Ausschuss für Tiefbau und Verkehr zur Entscheidung vorgelegt. Axel Fell, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Rhein-Erft, hatte die Gedenkfahrt für Henry mit 750 Kindern, Jugendlichen und Lehrern aus fünf Pulheimer Schulen sowie Eltern mit einem Lastenfahrrad angeführt. Darauf befestigt war das Geisterfahrrad.

Er sagt, es sei seit dem Unfall doch etwas passiert. „Es gab an mehreren Schulen die Tote-Winkel-Aktion.“ Die Polizei Rhein-Erft und die Feuerwehren aus Pulheim und Kerpen haben das Programm auf die Beine gestellt, um Kinder, Jugendliche und Eltern für die lebensgefährlichen Gefahren des toten Winkels zu sensibilisieren.

Für einen „sinnvollen und logischen Ansatz“ hält Fell die geplante Fahrradstraße. Sie meide neuralgische Punkte, führe über privilegierte Straßen mitten durch den Ort und nicht durch die Pampa. „Wenn sie umgesetzt und gut gemacht ist, wäre eine gute, dauerhafte und nachhaltige Lösung gefunden“, sagt Axel Fell.

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