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Frauenberatungsstelle in PulheimNach Corona setzte Ansturm ein

Lesezeit 2 Minuten
Zu sehen ist eine gestellte Szene: Mit Gewalt hält ein Mann die Arme einer Frau fest.

Viele Hilfesuchende, die sich 2022 in der Frauenberatungsstelle gemeldet haben, hatten Gewalt erfahren.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat die Frauenberatungsstelle im Café F. in Pulheim so viele Hilfesuchende begleitet wie zuletzt 2016.

Das hatte Birgit Floßdorf von der Frauenberatungsstelle im Café F. nicht erwartet. „Obwohl die Pandemie in 2022 weitestgehend schon beendet war, haben wir erfahren müssen, dass der Ansturm auf Beratungen erst richtig losging“, sagt die Fachberaterin für Psychotraumatologie mit Blick auf den Jahresbericht 2022. Die Probleme hätten sich während der Pandemie angestaut. „Sie drängten komplexer denn je an die Oberfläche, so dass sehr oft eine längerfristige Begleitung zur Krisenintervention und Stabilisierung nötig war.“

Im Laufe des Jahres 2022 haben Birgit Floßdorf und ihre inzwischen ausgeschiedene Kollegin Marlis Klöckner 80 Frauen, 64 von ihnen mit Wohnsitz in Pulheim, 161-mal beraten. Das sei, so Birgit Floßdorf, die höchste Zahl an Beratungen seit dem Jahr 2016. Einige Frauen hätten sie bis zu eineinhalb Jahre begleitet. „Über die Hälfte der Frauen hatte Gewalt erfahren, sie waren schwer traumatisiert.“

Viele der schwer traumatisierten Frauen sind in einem emotionalen Ausnahmezustand
Birgit Floßdorf, Fachberaterin für Psychotraumatologie

Um ihre innere und durch eine Trennung ihre äußere Sicherheit wiederherzustellen, benötigten sie neben einer Therapie und einer Rechtsberatung eine längerfristige Begleitung. „Hier nahmen wir als Beraterinnen eine wichtige Brückenfunktion auf dem Weg in ein gewaltsames Leben ein.“ Viele der schwer traumatisierten Frauen, die sich aus einer von Gewalt geprägten Beziehung lösen, seien in einem emotionalen Ausnahmezustand.

„Für sie ist es schwierig, ihr Anliegen überhaupt adäquat zu äußern.“ Die Frauenberatungsstelle hilft ihnen, die richtigen Ansprechpartner zu finden und die vielen dann anfallenden Termine bei Anwälten, in Jugend- und Sozialämtern vorzubereiten. „Wir sind sehr gut vernetzt in Pulheim, im Rhein-Erft-Kreis und in Köln“, sagte die Fachfrau mit Beratungsschwerpunkt Gewaltschutz.

Die Frauenberatungsstelle kooperiere mit PariSozial Rhein-Erft-Kreis, der Beratungsstelle für Schwangerschaft, Sexualität und Familie. „Wir sind außerdem Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt in Zusammenarbeit mit der Polizeidienststelle Frechen und den Opferschutzbeauftragten der Polizei des Rhein-Erft-Kreises.“ Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei sehr gut. „Das spiegeln auch die Frauen zurück, sie fühlen sich ernst genommen.“

Worte des Dankes richtet Birgit Floßdorf an die Stadt Pulheim und den Rhein-Erft-Kreis, die die Frauenberatungsstelle auch 2022 finanziell unterstützt hätten. Der Stadtrat bewilligte 5000 Euro, der Kreistag 3000 Euro. Spenden erhielt die Einrichtung vom Rotary Club Pulheim und der Karin-Burmeister-Stiftung. „Ohne diese Unterstützung könnten wir unsere Beratungsstelle nicht weiterführen.“

Birgit Floßdorf ist dienstags, ihre neue Kollegin Daniela Boúe donnerstags, jeweils von 10 bis 14 Uhr, sowie bei Bedarf auch nachmittags, dann nach Vereinbarung, in der Frauenberatungsstelle im Café F., Venloer Straße 135, anzutreffen. Erreichbar sind sie unter 02238/81452 sowie per E-Mail.