Gewalt im JugendfußballPulheimer schlägt Brühler Trainer K.o. – Spielabbruch

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Auf dem Foto ist die Hand eines Schiedsrichters zu sehen, der eine rote Karte zeigt.

Die Partie zwischen dem Pulheimer SC und der SpVgg. 1921/29 Vochem ist nach einem tätlichen Angriff eines Pulheimer Verantwortlichen abgebrochen worden.

Erneut ist es bei einem Spiel der C-Jugend des Pulheimer SC zu Gewalttätigkeiten gekommen. Ein Trainer aus Vochem wird verletzt.

Bei einem Jugendfußballspiel zwischen dem Pulheimer SC und der SpVgg. 1921/29 Vochem ist es am Samstag (29. Juni) zu einem gewalttätigen Zwischenfall gekommen. Ein Verantwortlicher der Gastgeber hatte den Vochemer Trainer Dirk Schreiber in der Halbzeitpause K.o. geschlagen.

Schiedsrichter Abdalrasul Sayadi  hat die Partie in der Josef-Balduin-Arena daraufhin beim Stand von 2:1 für die Brühler abgebrochen. Der Fußballverband Mittelrhein (FVM) muss sich nun entscheiden, ob das Spiel zwischen den U15-Teams neu angesetzt oder für Vochem gewertet wird.

Die Polizei war nach Angaben eines Sprechers mit zwei Streifenwagen vor Ort und ermittelt gegen zwei Männer wegen Körperverletzung und Bedrohung. Um wen es sich bei dem zweiten Mann handelt, ist unklar. Namen oder Identitäten gibt die Polizei grundsätzlich nicht preis. Rettungskräfte waren nach Angaben der Leitstelle der Feuerwehr nicht angefordert worden.

Pulheimer Spieler hatte Rot gesehen, danach auch der Co-Trainer

Pikant: Bereits im März war es bei einem Spiel der U15 aus Pulheim gegen den SV Erftstolz Niederaußem zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Ein Co-Trainer hatte sich auf dem Platz mit dem Schiedsrichter ein Wortgefecht geliefert und ihm dabei den Stift aus der Hand geschlagen. Daraufhin hatte der Unparteiische die rote Karte gezückt.

Der Coach war auf den Platz gelaufen, weil sich um einen verletzten Spieler kümmern wollte – der hatte ebenfalls Rot gesehen, weil er sich beim Schiedsrichter nach dessen Auffassung zu heftig über ein Foul beschwert hatte.

FVM leitete ein Verfahren gegen Pulheim und den Coach ein

Der Co-Trainer hatte die Anlage nach Angaben von Zeugen jedoch nicht verlassen, sondern sich von einer Anhöhe aus weiterhin lautstark und mit Kraftausdrücken geäußert haben. Schließlich sei er mit einem Co-Trainer aus Niederaußem aneinandergeraten, bis es beinahe zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei.

Auch dieses Spiel war später wegen fortgesetzter Pöbeleien vonseiten der Pulheimer Trainerbank abgebrochen worden. Der FVM leitete ein Verfahren gegen den Pulheimer SC und dessen Co-Trainer ein, ein Wiederholungsspiel wurde angesetzt. Der Verein hatte sich damals noch hinter seinen Co-Trainer gestellt. Er habe dem Schiedsrichter den Stift unabsichtlich aus der Hand geschlagen.

Ob es sich um denselben Mann handelt, der an diesem Wochenende erneut gewalttätig geworden ist, ist nicht bekannt. Durch eine Stellungnahme des Vorstands des Pulheimer SC liegt dies jedoch nahe. Darin heißt es: Der Mann werde nicht als Trainer des Pulheimer SC beschäftigt. „Er unterliegt momentan sogar einer Sperre und wird seit er erstmals auffällig geworden ist, von Pulheim nicht mehr als Trainer toleriert oder beschäftigt. Warum er dennoch vom Trainerteam unserer U15 vor Ort akzeptiert worden ist, werden wir als Verein intern klären und daraus Konsequenzen ziehen.“

Was in Teilen bereits geschehen ist: Der Verein hat alle Trainer der U15 freigestellt, ein neues Trainerteam übernimmt die Mannschaft. Darüber hinaus behält es sich der Pulheimer SC vor, den Fall zivilrechtlich prüfen zu lassen, „denn so ein Verhalten und auch die Akzeptanz solch eines Verhaltens entspricht in keinster Weise unseren Wertvorstellungen“.

Wir wünschen Dirk Schreiber schnelle körperliche und seelische Genesung
Vorstand Pulheimer SC

Und weiter heißt es: „Wir akzeptieren keinerlei Gewalt, weder verbal noch körperlich und legen größten Wert auf einen respektvollen Umgang mit gegnerischen Trainerinnen und Trainern und Spielerinnen und Spielern, mannschafts- und vereinsintern untereinander und mit Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern.“

Die Pulheimer Verantwortlichen sprechen Dirk Schreiber zudem ihr „aufrichtigstes Bedauern“ aus und wünschen ihm „schnelle körperliche und seelische Genesung“.

Allerweltsfoul war aus Sicht der Vochemer Auslöser für die Eskalation 

Das hatte die sportliche Leitung der Vochemer bereits am Samstag getan. Sie zeigte sich „total schockiert über diesen Vorfall“. Solche Trainer seien absolut keine Vorbilder und hätten im Fußball nichts zu suchen. Der Pulheimer Trainer habe sich bereits vorab überaus unsportlich verhalten, da er das Qualifikationsspiel noch nicht einmal für eine Stunde verlegen wollte, da er sonst nicht antreten könne. „Somit war unser Trainer nicht beim Spiel mit dabei“, heißt es in einer Stellungnahme.

Auslöser für die Eskalation auf neutralem Boden in Bedburg war ein ein vermeintliches Allerweltsfoul, so jedenfalls sahen es die Vochemer. „Es war nichts Schlimmes“, versichert Trainer Yaschar Hayit (35).  Er ist bei der SpVgg. Hauptvorstand, Jugendleiter und Trainer der C-Junioren. 

Die Ereignisse seien danach nicht mehr zu kontrollieren gewesen, drei Trainer der Pulheimer hätten den Schiedsrichter „massiv unter Druck“ gesetzt und forderten eine Rote Karte für den Vochemer Nachwuchsspieler. Der Schiedsrichter war mit der Spielleitung auf sich gestellt, hatte keine Assistenten an der Seitenlinie und ermahnte den Spieler schließlich wegen seines Vergehens.

Ich bin seit 18 Jahren Trainer, aber so etwas habe ich noch nie erlebt
Yaschar Hayit

Die Gemengelage aus aufgebrachten Eltern, Trainern und Spielern ließ die Situation außer Kontrolle geraten, so dass der Unparteiische das Spiel in der Pause abbrach. „Die Kinder waren traumatisiert und wollten nicht mehr weiterspielen, alle Beteiligten haben zur Negativstimmung beigetragen. Die Bedrohung und Aggressionen sind immer mehr hochgekocht“, berichtete Hayit.

Hayits Brühler Trainerkollege Dirk Schreiber ging nach einem Schlag auf den Hals-/Brustbereich zu Boden und war kurzeitig benommen. Schreiber wollte sich zu den Vorgängen am Samstag öffentlich nicht mehr äußern, da die Reaktionen auf Social Media nicht aufhören. Er kann von Glück sagen, dass er mit seinem Kopf „nur“ auf dem Kunstrasen landete.

Auf dem Foto ist der Fußballtrainer Yaschar Hayit zu sehen.

Yaschar Hayit ist Jugendleiter bei den Vochemern.

Die Konsequenzen für die Spielvereinigung aus Brühl liegen auf der Hand. Hayit: „Wir hoffen, dass wir kein Wiederholungsspiel haben, die Kinder wollen das auch gar nicht. Das würde dann nach den Ferien ausgetragen und damit hätten wir keine Planungssicherheit, was die Vorbereitung angeht.“ Was bei Hayit bleibt, ist großer Frust. „Ich bin seit 18 Jahren Trainer, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich bin einfach enttäuscht, zumal ich auf der Gegenseite keine Kooperationsbereitschaft festgestellt habe.“

Der Spielabbruch landet nun zur Bewertung auf dem Schreibtisch von Kurt Schallehn. Der Leiter des Kreisjugendsportgerichts und Vorstand des SC Brühl teilte aus seinem Urlaub mit, dass er sich mit dem Sachverhalt erst vertraut machen müsse, bevor er zu einem Urteil kommen könne.

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