Ein wenig Zeit haben Eltern gewonnen, deren Kinder in Kerpen eine städtische Kita besuchen. Doch die Probleme werden damit nur verschoben.
PersonalmangelEltern in Kerpen wütend wegen verkürzter Kita-Betreuungszeiten
Wann hat der Kindergarten morgen geöffnet? Hat er überhaupt geöffnet? Fragen, mit denen sich Kerpener Eltern schon lange herumschlagen müssen. Einige stehen kurz vor dem Punkt, an dem das Unverständnis über die Kita-Personalsituation in Wut umschlägt.
Für Petra Niebergall war dieser erreicht, als es selbst ihrer dreijährigen Tochter zu viel wurde. „Sie hat mich regelrecht angemotzt, warum sie nicht in den Kindergarten darf. Mir ist spontan keine Antwort eingefallen“, sagt Niebergall. Damit soll nun Schluss sein: Die Stadt will den Eltern mit verkürzten Öffnungszeiten die nötige Planungssicherheit geben.
Kitas öffnen und schließen eine halbe Stunde früher als bisher
Ab 27. Februar gelten die verkürzten Öffnungszeiten für alle städtischen Kindergärten. Politik und Verwaltung haben sich im Jugendhilfeausschuss darauf geeinigt, den Eltern 14 Tage Vorlaufzeit zu geben, um sich auf die geänderten Zeiten vorzubereiten. Danach öffnen alle Einrichtungen eine halbe Stunde später und schließen eine halbe Stunde früher.
Die verkürzten Öffnungszeiten seien gedacht, um eine verlässliche Betreuung zu gewährleisten, erläutert Ausschussvorsitzende Lonie Lambertz. „Das ist die letzte Stufe vor der Komplettschließung von Kindergärten.“ Der entsprechende Anteil der Elternbeiträge solle erstattet werden.
SPD forderte, den Vertretungspool von 3 auf 14 zu erhöhen
Doch Petra Niebergall ist nicht zufrieden. „Die Situation ist nicht neu. Sie ist nur jetzt erst eskaliert“, sagt sie. 2018 wies die SPD-Fraktion auf das Problem hin. Sie forderte, die Stellen im Vertretungspool der Erzieher von 3 auf 14 zu erhöhen. Eine Mehrheit lehnte den Antrag ab.
Das war einer der Gründe dafür, dass Niebergall später selbst der SPD beitrat. Aber auch als Mutter engagierte sie sich weiter für sichere Betreuung: 2022 richtete sie eine Petition an die Stadtverwaltung, um erneut auf die schwierige Situation aufmerksam zu machen.
Tatenlos blieb die Verwaltung nicht: Die Erzieher im Vertretungspool werden besser behandelt als in anderen Kommunen, die Verwaltung kann sie unbefristet einstellen. So will die Stadt ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen.
Wegen des Fachkräftemangels sind Erzieherinnen für Kommunen nicht leicht zu finden – und private Anbieter locken oft mit besseren Konditionen. Einen Einfluss kann die Verwaltung allerdings auf Personalakquise und die Art der Stellenausschreibung nehmen. Und das soll laut Lambertz auch geschehen.
Beides gehörte auch zu den Forderungen der Eltern, die im Jugendhilfeausschuss für eine verlässliche Betreuung ihrer Kinder stritten. Sie kritisierten aber vor allem die mangelhafte Kommunikation der Stadt und die kurzfristigen Schließungen. Besonders schwer haben diese in der Vergangenheit Familien wie die von Ramona Börder getroffen. „Wir sind mit unserem Latein am Ende“, sagt die Kerpenerin.
Ihr Kind geht zu den Mühlenbachkindern – die Einrichtung mit den meisten Schließtagen. Die Situation der Familie ist nicht einfach: Börder macht eine Ausbildung zur Pflegefachfrau, ihr Mann ist auf Jobsuche. Ohne verlässliche Betreuung für das Kind sei es aber schwer, eine Stelle zu finden, erläutert Börder. „Verkürzte Öffnungszeiten machen es uns nicht leichter. Wir und andere berufstätige Eltern brauchen Betreuung ab 7 Uhr.“
Die Mühlenbachkinder kommen laut Statistik der Verwaltung auf 36 Schließtage seit August 2022 und sind damit Spitzenreiter unter den 15 Kerpener Kindergärten. Börder und andere Eltern beziffern die Schließtage allerdings auf 59 – fast zwei Monate also. Im Jugendhilfeausschuss damit konfrontiert, antwortete eine Vertreterin der Verwaltung: „Es kann sein, dass nicht alle Tage erfasst sind. Aber aussagekräftig ist die Liste trotzdem.“
Die verkürzten Öffnungszeiten sollen für drei Monate gelten. In dieser Zeit will die Verwaltung an Lösungen arbeiten. „Viele von uns Eltern gehen jetzt davon aus, dass es nach den drei Monaten eine Lösung gibt. Aber das sehe ich noch nicht“, sagt Petra Niebergall. Sie fürchtet, dass sogar weitere Personalprobleme auf die Kindergärten zukommen. Im Sommer etwa läuft das Förderprogramm für die Kita-Assistenten aus.