Die Stadtverordneten nannten zahlreiche Gründe, warum sie dem Haushalt aktuell noch nicht zustimmen wollten.
Diskussion im RatStadt Kerpen hat immer noch keinen Haushalt

Die Sitzung fand wieder in der Jahnhalle in Kerpen statt.
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Noch immer hat der Rat der Stadt Kerpen keinen Haushalt für das Jahr 2025 beschlossen. Obgleich eine Abstimmung in der jüngsten Sitzung in der Jahnhalle anstand, wurde im Laufe der Haushaltsdebatte nach und nach deutlich, dass bis auf die CDU keine der Fraktionen und Fraktionslosen dem Haushalt zustimmen wollte.
Kerpen: SPD sieht Versäumnis beim Land
Die SPD nannte neben ihrer vielen nicht durchgesetzten Anträge die Grundsteuer-Problematik als Grund in einer anschließenden Pressemeldung: „Der Haushalt, insbesondere alle Probleme in der Festsetzung der Grundsteuer und deren Eskalation, ist durch Entscheidungen des Landes belastet. Die Rechtsunsicherheit einer gesplitteten Grundsteuer ist ein Versäumnis der Landesregierung in NRW. Die fehlenden Investitionsförderungen für Schulbauten kommen hier verschärfend hinzu. Außerdem trübt die schwierige Lage der Wirtschaft in Deutschland die Grundsteuerprognosen.“
Weiter heißt es: „Ohne Verbesserungen in der Schulsozialarbeit, Einführung einer Lenkungssteuer gegen Verpackungsmüll im öffentlichen Raum, Einführung einer Steuer auf Grundstücksspekulationen oder den Erhalt der Musikschule La Musica, war der Haushalt für uns nicht zustimmungsfähig.“
Die Linke lässt in ihrer Haushaltsrede, die die Vertreter an diesem Abend nicht vorlasen - wie auch alle anderen Fraktionen nicht -, verlauten: „Wir halten eine Erhöhung der Grundsteuer für nicht angebracht. Es kann nicht sein, dass wir Steuern erhöhen, weil wir nicht in der Lage sind, ganz klar und transparent und ehrlich zu sagen: Hallo Bund, hallo Land, ihr gebt uns Aufgaben, wir erfüllen sie und ihr bezahlt nicht.“
Fraktionen wollen wegen Grundsteuer B und C noch nicht zustimmen
Die Grünen erklärten noch in der Ratssitzung, für sie sei der Haushalt vor allem aufgrund der hohen Grundsteuer nicht annehmbar. David Held (BBK) kritisierte die internen Abläufe der Verwaltung in einer Pressemitteilung: „Die Arbeitsprozesse innerhalb der Verwaltung müssen dringend auf den Prüfstand.“ Bezüglich der städtischen Ausgaben fordere er eine sachliche Analyse „ohne Populismus“. Er plädiere dafür, dass dringend Gespräche zwischen den Fraktionen auch ohne die Verwaltung stattfinden müssten.
Die FDP beschwerte sich in einer Pressemeldung über zu geringe Sparmaßnahmen: „Die Personalkosten klettern Jahr für Jahr - und das bei gleichzeitig ausbleibenden strukturellen Reformen. Fragwürdige Großprojekte binden weiterhin erhebliche Mittel.“
CDU verärgert über die restlichen Fraktionen
Und die CDU vertrat die Meinung, dass jeder, der gegen den Haushalt stimme, für einen Stillstand in der Kolpingstadt sorge. „Offensichtlich haben noch nicht alle den berechtigten Protest der Bürgerinnen und Bürger zur Haushaltsentwicklung verstanden“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Ripp einer Pressemeldung zufolge nach der Diskussion: „Die Notwendigkeit zu sparen und auch das abzulehnen, was sinnvoll wäre aber nicht zu bezahlen ist, wird leider nicht von allen unterstützt. Es ist mehr als bedauerlich, dass die ersten Sparansätze nicht von einer Mehrheit im Stadtrat getragen werden.“
„Es ist unglaublich, dass heute schon wieder nichts beschlossen wurde“, sagte auch ein Kerpener aus dem Publikum gegenüber der Redaktion.
Vor zahlreichen Zuschauern lieferten sich die Fraktionen einen ausufernden verbalen Schlagabtausch und langanhaltende Diskussionen. Denn vor allem die UWG und Alessa Flohe (fraktionslos/Piraten) reichten noch zahlreiche Änderungsanträge für den Haushalt ein.
SPD bekommt ihre zwei Schulsozialarbeiter nicht
Zu einer ersten Diskussion kam es, als die SPD auf zwei Schulsozialarbeiterstellen bestand. Klaus Ripp (CDU) betonte, dass die Schulsozialarbeit eigentlich Aufgabe des Landes sei und nun auf die Stadt abgewälzt werde. Anetta Ristow (Linke) bemerkte daraufhin: „Ihre Partei ist doch im Landtag, Herr Ripp. Dann tragen Sie das Anliegen bitte nach Düsseldorf.“
Den SPD-Antrag unterstützten die Linke, die BBK und Alessa Flohe (fraktionslos/Piraten). Nicht zustimmen wollten neben der CDU die Grünen, weil die Schulsozialarbeit bereits im vergangenen Jahr verstärkt worden sei und Rebecca Neumann (UWG), um „Druck beim Land aufzubauen“. Der Antrag wurde entsprechend abgelehnt. Dafür genehmigten die Stadtverordneten bei einer Enthaltung der AfD den Stellenplan insgesamt mit den bereits im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellten 6,55 neuen Stellen. Auch ein spontaner Antrag der SPD, in der Musikschule La Musica zu verbleiben, wurde nicht angenommen.
Der neu ermittelte Raumbedarf der Gesamtschule im Schulzentrum Horrem-Sindorf von acht beziehungsweise zwölf neuen Räumen stellte die Stadtverordneten vor die Frage, wie viel Geld für eine entsprechende Planung vorzusehen sei. Immerhin sei noch nicht einmal bekannt, wie dieser Raumbedarf zu decken sei, sagte Andreas Lipp (SPD). Man einigte sich auf 50.000 Euro. Ein erster Vorschlag aus dem Gebäudemanagement von Fernanda Barbato betrug 500.000 Euro. Bernd Krings (Grüne) kommentierte: „Wir sind hier nicht auf dem Basar.“
Alessa Flohe (fraktionslos/Piraten) wollte im Rahmen der Änderungsanträge für den Haushalt den Grünschnitt-Standard zurückfahren – der sei, wie die CDU kritisierte, bereits in der Vergangenheit auf ein gerade noch erträgliches Maß beschränkt worden.
Es folgte eine langatmige Diskussion um den Betriebskostenzuschuss für die Sportvereine der Stadt. SPD und CDU beantragten 20.000 Euro statt 9.300 Euro. Die Stadt schlug 15.000 Euro mit einem Sperrvermerk für weitere 5000 Euro vor. Auf diese Summe konnten sich die Anwesenden einigen.
Für eine Debatte sorgte zudem ein Sparantrag von Rebecca Neumann (UWG) für die Fraktionen. Sie sollten etwa auf ihre Fraktionsbüros verzichten. Peter Abels (Grüne) nannte es „befremdlich“, kurz vor Ende der Haushaltsdebatte einen solchen Antrag zu stellen. Klaus Ripp (CDU) warf ihr Populismus vor. Neumann wies den Vorwurf von sich und schlug plötzlich der AfD vor, freiwillig auf ihre Fraktionsbüros zu verzichten, weil diese zuvor leichte Sympathie für die Idee gezeigt hatte, ihr aber aus Rücksicht gegenüber den großen Fraktionen nicht zustimmen wollte. Der Antrag wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt.