Durch die Erhöhung der Hebesätze kommen auf viele Familien steuerliche Mehrbelastungen zu. So auch bei dem Ehepaar Tautges aus Sindorf.
Grundsteuer BHebesatzerhöhung sorgt bei Ehepaar aus Kerpen für Ärger
Für Margareta und Dieter Tautges, 73 und 75 Jahre alt, war es ein Schock: Die Hebesätze für die Grundsteuer B legte die Politik im vergangenen Stadtrat auf 832 Prozent in 2025 fest. Und wenn es nach dem aktuellen Haushaltsplanentwurf der Stadt geht, dann finden die Erhöhungen bei diesen Zahlen kein Ende: Denn darin schlägt die Kerpener Verwaltung einen Hebesatz von 1200 Prozent in 2026 und von 1910 Prozent für die Grundsteuer B in 2027 vor. In 2028 soll dieser sogar bei 2050 Prozent liegen - vorausgesetzt, die Politik stimmt dem Haushalt in dieser Form zu.
„Während viele andere Städte die Hebesätze gesenkt haben oder zumindest nicht angehoben haben, werden sie in Kerpen so drastisch erhöht. Wir müssen dieses Jahr das Doppelte zahlen, nächstes Jahr dann vermutlich das Dreifache“, brüskiert sich Teutges, der eigenen Angaben nach von seiner Rente lebt: „Anscheinend braucht die Stadt Kerpen mehr Geld als die anderen Kommunen. Nur wofür, frage ich mich.“
Kerpen: Auch Hebesätze der Grundsteuer A steigen
Auch die Hebesätze der Grundsteuer A will die Stadt erhöhen. Für 2025 hat die Politik zugestimmt, den Hebesatz auf 560 Prozent festzusetzen. Geht es nach dem aktuellen Haushaltsentwurf, steigt der Satz für die Grundsteuer A 2026 auf 800 Prozent, 2027 dann auf 1000 Prozent und schließlich 2028 auf 1100 Prozent.
Hinzu kommt dem Ehepaar Teutges zufolge, dass nicht nur die Hebesätze gestiegen seien: „Der Grundsteuermessbetrag lag bei uns 2024 noch bei knapp 25 Euro, ab diesem Jahr aber bei mehr als 54 Euro. Wie sich das berechnet, ist uns ebenfalls schleierhaft.“
So geht es vermutlich vielen Bürgerinnen und Bürgern. Vor allem, weil der zugrundeliegende Grundstückswert teils innerhalb von Nachbarschaften stark variieren kann: „Unser Grundsteuermessbetrag ist ein ganz anderer als der von anderen Menschen hier, die wir kennen. Wie kann das sein, wenn unsere Häuser nur ein paar Meter voneinander entfernt stehen?“, fragt Teutges.
Familie empfindet aktuelle Regelung als ungerecht
Auch eine Gebührenerhöhung beschloss die Politik in der vergangenen Ratssitzung. Wasser, Straßenreinigung und die Abfallentsorgung - damit kommen auf das Ehepaar Teutges weitere Kosten zu.
„Wir leben von unserer Rente. Wir hätten uns gewünscht, dass die Stadt, statt die Bürger so stark zu belasten, Gewerbe- und Wohngrundstücke gleichzubehandeln“, sagt Teutges. Auch die politische Entscheidung, die Hebesätze durchzuwinken, verärgere ihn: „Ich hoffe, dass die Politik im Rahmen der Haushaltsdebatte wenigstens dafür sorgt, dass diese Zahlen für die kommenden Jahre nicht umgesetzt werden.“
Einspruch habe er ebenfalls bereits eingelegt. Den habe das Finanzamt jedoch abgelehnt. Nun wolle er auf seinen neuen Grundsteuerbescheid warten und womöglich erneut Einspruch einlegen. „Es wäre einfach wünschenswert, wenn sich die Politiker das nächste Mal vorher überlegen, was ihre Entscheidungen bedeuten, statt so etwas lapidar zu beschließen“, resümiert der 75-Jährige.
Harald Stingl, Pressesprecher der Stadt Kerpen, betont auf Redaktionsanfrage: „Zu den Hebesätzen wurde dem Stadtrat noch kein Beschlussentwurf der Verwaltung vorgelegt. Bisher wurde der Politik ausschließlich ein Haushaltsplanentwurf vorgelegt, der nunmehr in den Fraktionen und Ausschüssen beraten wird.“
Stadt verteidigt sich mit angespannter Finanzlage
Der Kämmerer habe den Entwurf so aufgestellt, dass er, würde er unverändert beschlossen, eine Chance auf eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde hätte, führt Stingl aus: „In Kerpen ist das Gewerbesteueraufkommen im vergangenen Jahr deutlich eingebrochen, von 86,7 Millionen Euro in 2023 auf 41,2 Millionen Euro in 2024. Auch für 2025 und die Folgejahre ist keine deutliche Erholung zu erwarten. Hier rechne ich mit den vom Land vorgeschlagenen Steigerungsraten, den sogenannten Orientierungsdaten. Allein dieser Faktor zeigt schon den Druck auf den Kerpener Haushalt an.“
Zudem hätten sich auch die Kosten für die Stadt erhöht, „beispielsweise deutlich gestiegene Personalkosten aufgrund der Tarifabschlüsse und Besoldungserhöhungen. Daneben sind die Kommunen auch bei den Sachkosten von der starken Inflation in den letzten Jahren betroffen“, erklärt Stingl. Auch stünden Investitionen für diverse Bauprojekte an, in den Bereichen Schulen, Brandschutz, Rettungsdienst und beim Baubetriebshof.
Er betont, dass die Möglichkeiten der Stadt, an anderer Stelle Geld einzunehmen, begrenzt seien. Stingl wirft aber auch ein: „Es wurde allerdings ab 2026 auch erstmals seit mehr als zehn Jahren eine Erhöhung des Hebesatzes für Gewerbesteuer vorgeschlagen und eingerechnet.“
Warum ausgerechnet in Kerpen der Hebesatz im Gegensatz zu anderen Kommunen im Kreis so hoch sei, vermag Stingl nicht zu beantworten: „Die Haushaltslage in anderen Kommunen kann von hier aus nicht im Detail beurteilt werden, es wäre unredlich, über die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in anderen Städten zu sprechen.“
Er ergänzt: „Die Zahlen für Kerpen liegen allerdings so vor und zeigen derzeit ein klares Bild: Ohne entsprechende Steuererhöhung ab 2026 und in den Folgejahren scheint derzeit ein genehmigungsfähiger Haushalt nicht möglich. Bei Besserung der Konjunktur kann das in zwei Jahren allerdings schon wieder freundlicher aussehen, dass die Erhöhungen womöglich nicht ganz so hoch ausfallen müssen wie im derzeitigen Entwurf vorgeschlagen und eingerechnet.“
So sieht es in den anderen Städten aus
Auch die anderen Städte im Kreis legten kürzlich die neuen Hebesätze für die Grundsteuer B fest oder haben sie im Haushaltsentwurf vorgeschlagen.
Bedburg In Bedburg liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B in 2025 bei 973 Prozent. Im Vorjahr lag er bei 850 Prozent.
Bergheim Der Hebesatz der Grundsteuer B erhöhen sich von 760 Prozent auf 897 Prozent in 2025.
Brühl Erst 2027 soll der Hebesatz der Grundsteuer B in Brühl von 700 Prozent auf 900 Prozent angehoben werden.
Erftstadt In Erftstadt liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B ab dem Jahr 2025 bei 635 Prozent.
Elsdorf Von allen Städten im Kreis hat Elsdorf den höchsten Hebesatz im Jahr 2025, und er war vorher schon hoch: Er wurde von 913 Prozent auf 1010 Prozent angehoben.
Frechen Der Frechener Rat beschloss, den Hebesatz für die Grundsteuer B in 2025 einen Prozentpunkt zu senken: von 520 auf 519.
Hürth Der Haushaltsentwurf sieht eine Senkung des Hebesatzes für die Grundsteuer B in 2025 von 480 auf 446 vor.
Pulheim Der Stadtrat hat den einheitlichen, aufkommensneutralen Hebesatz für die Grundsteuer B beschlossen. Er liegt bei 467 in 2025. Zuvor waren es 555 Prozentpunkte.
Wesseling Der Hebesatz der Grundsteuer B steigt 2025 auf 865 Prozent an.