Ein normaler Unterricht in den Naturwissenschaften an der Kerpener Gesamtschule ist seit fast einem Jahr nicht möglich. Das soll sich ändern.
Nach WasserschadenNaturwissenschaften an Kerpener Gesamtschule bald wieder möglich
Fast ein Jahr ist es her, dass schwere Regenfälle nahezu alle Fachräume der Willy-Brandt-Gesamtschule beschädigt haben. In Physik und Chemie kann seitdem nicht experimentiert werden, in Biologie fehlen die Mikroskope. Und auch die Musiksammlung fiel teilweise dem Wasserschaden zum Opfer. Das alles bezahlen soll der Versicherer eines Dachdeckers, den die Stadt für den Schaden verantwortlich macht. Doch der lässt sich Zeit. Die Stadt will nicht länger warten.
Eine Aussage hinsichtlich der Kostenübernahme durch die Versicherung liege nicht vor, heißt es in einer Vorlage der Verwaltung. Stattdessen soll der Versicherer angekündigt haben, dass erneut ein Sachverständiger den Schaden begutachten solle. Außerdem ist seit März klar, dass sich die Stadt um die Sanierung kümmern muss - entgegen der ursprünglichen Behauptung des Versicherers, dass er selbst verantwortlich sei. Das Fazit der Verwaltung: Es ist unklar, wann und in welcher Höhe der Versicherer Kosten übernimmt.
Kerpen: Fast drei Millionen Euro kostet die Sanierung
Es gebe schlicht zu viele Unwägbarkeiten, erläutert der von der Stadt beauftragte Rechtsanwalt Bernd Altena. „Wir kennen nicht den Vertrag des Dachdeckers mit der Versicherung. Wir wissen nicht, wie hoch die Versicherungssumme ist. Wir wissen nicht, ob er die Prämien überhaupt bezahlt hat.“
2,66 Millionen Euro stellt die Stadt daher außerplanmäßig für die Sanierung der Fachräume bereit. Hinzu kommen weitere 111.500 Euro für die naturwissenschaftliche Ausstattung. Allein 17 Mikroskope und 8 Bunsenbrenner muss sie für die Biologiesammlung neu beschaffen, dazu Rollwagen, Mikroskopierbesteck und ein Messsystem inklusive biologische Sensoren.
Schlimmer hat es die Physiksammlung getroffen: Hier fehlt Equipment im Wert von 92.000 Euro - vor allem Experimentsets, etwa zu den Themen Kinematik, Elektronenbeugung, Radioaktivität oder Elektrik. In den Schätzungen sind die Kosten für neues Musikequipment nicht enthalten.
Schüler sammelten mit Sponsorenlauf Geld für die Gesamtschule
Einen ähnlichen Vorschlag wie ihn nun die Stadt macht, haben vergangenes Jahr bereits die Grünen-Fraktionsmitglieder Peter Abels und Joachim Kupp-Pfefferle präsentiert. Abels sagte im Herbst: „Selbst wenn wir jetzt bestellen, können wir davon ausgehen, dass die Schüler erst in einem halben Jahr neue Räume haben.“ Die Verwaltung lehnte den Vorschlag ab. Die Begründung: Zunächst müsse sie die Kosten für die Sanierung klären.
Auch das BBK hatte im vergangenen Jahr die Stadtverwaltung für ihr zögerliches Handeln in der Sanierungsfrage scharf kritisiert. Der BBK-Vorsitzende David Held sagt nun, er sei umso erfreuter, dass die Stadt endlich reagiere und wichtige Schritte zur Lösung des Problems einleite. „Es war höchste Zeit, dass hier etwas passiert“, sagt Held. „Die Zustände an einigen unserer Schulen sind einfach nicht hinnehmbar. Schüler und Lehrer müssen in einem guten Umfeld lernen und arbeiten können.“
Markus Rixen, Vater eines Schülers der Gesamtschule, ist nach der Entscheidung der Stadt erleichtert. Ganz zufrieden ist er nicht. „Ich freue mich natürlich, dass die Stadt das Geld bereitstellt. Aber mir fehlt immer noch ein klarer Zeithorizont“, sagt Rixen. Die Schüler könnten nicht erst nach den Sommerferien mit dem normalen Naturwissenschaftsunterricht starten. „Ein Jahr lang Unterricht light - das geht nicht. Wenn sie später mal einen technischen Beruf ausüben wollen, müssen sie die Defizite ausbaden.“
Die Schüler haben die Situation selbst mehrmals kritisiert, etwa bei der Eröffnung des Partizipationsbüros in Kerpen. Mit eigenem Engagement versuchten sie, den Missstand zu beheben. Im November etwa fand ein Sponsorenlauf an der Willy-Brandt-Gesamtschule statt, mit dem die Schüler Geld für die Ausstattung ihrer Naturwissenschatsräume gesammelt haben.