Armee-Konvoi, Hurrikan, 5000 MenschenWie ein Kerpener 700 Fußball-Trikots sammelte

Sascha Düerkop hat rund 700 Fußball-Trikots gesammelt – und wohl als erster Deutscher Trikots von allen 211 Fifa-Nationen in einer Kollektion.
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- Der Kerpener Sascha Düerkop hat rund 700 Fußball-Trikots gesammelt und wohl als erster Deutscher alle 211 Fifa-Nationen in seiner Kollektion vereint.
- Um an alle Trikots zu kommen, hat er geschätzt mit 5000 Menschen geredet, einen Hurrikan überwunden und über Umwege einen US-Armee-Konvoi umleiten lassen.
- Er erklärt seine Leidenschaft, warum der Afrika-Cup besser ist als die WM und welches das wertvollste Trikot in seiner Sammlung ist.
Kerpen/Köln – Djibuti, Nordkorea, Guatemala – Sascha Düerkop hat sie alle. Der Kerpener hat wohl als erster Deutscher Trikots von allen 211 Nationen gesammelt, die vom Fußball-Weltverband Fifa anerkannt werden. Was wie der Stoff gewordene Panini-Album-Traum eines jeden Fußball-Liebhabers klingt, war für den 35-Jährigen viel Arbeit – sogar ein Hurrikan wurde zum Hindernis für die Sammlung.
„Angefangen hat das schon als Kind, als ich im Ausland Trikots bekommen habe, damals häufig noch Fakes“, sagt Düerkop, als er sich an die Anfänge seiner Leidenschaft zurückerinnert. Mittlerweile füllt seine Trikot-Sammlung, die rund 700 Stücke umfasst, einen eigenen begehbaren Kleiderschrank. „Ich hatte eine ähnliche Sammelaktion bei einem Engländer gesehen. Als ich dann die ersten 20 eigenen Trikots zusammen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören“, erzählt er.
So richtig los ging es mit der Sammel-Leidenschaft vor zehn Jahren. „Da hatte ich bestimmt schon Trikots von Klassikern wie Deutschland, Spanien und viele Fakes, aber das erste für die Kollektion war dann Guatemala, weil das besonders billig war. Als Student hatte ich ja kein Geld und auf Ebay gab es Trikots unter zehn Euro. Ein Shirt von Moldawien habe ich für einen Euro geschossen.“
Tauschen, kaufen und viele Gespräche zur Trikot-Sammlung

Mit dem Trikot des ostafrikanischen Djibuti vervollständigte der Kerpener seine Sammlung.
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Einfach ein Trikot zu kaufen, ist aber für die besondere Sammlung von Düerkop nur der einfachste Weg gewesen. Um wirklich an alle 211 Trikots der Fifa-Nationen zu kommen, musste er viele Umwege gehen: „Ich habe mal überschlagen und habe vermutlich 5000 Menschen kennengelernt.“ Denn in vielen Ländern gibt es schlichtweg keinen Markt für Fußball-Trikots. „Sie werden nicht beworben, eigentlich muss man die Trikots den Spielern direkt vom Leib reißen, um daran zu kommen“, so Düerkop. Über die Jahre hat er so mit Spielern und Trainern, aber auch mit Soldaten, Botschaftern und jedem anderen gesprochen, immer in der Hoffnung, das fehlende Stück zu ergattern.
Und um seine Sammlung zu vervollständigen, hat er einige Hürden genommen. „Um an das Trikot von Djibuti zu kommen, habe ich wohl mit 500 Menschen gesprochen“, sagt Düerkop. „Von deutschen Soldaten, die dort stationiert sind bis zu Vertretern des örtlichen Kajak-Verbands, ich habe jeden angeschrieben. Am Ende wollte es ein amerikanischer Soldat besorgen. Er war in einer Position, in der er Militär-Konvois koordinierte, und um an das Trikot zu kommen, hat der ganze Konvoi einen Umweg eingelegt. Leider hat es so nicht geklappt, aber das fand ich schon bemerkenswert.“ Das Trikot des ostafrikanischen Lands ist aber mittlerweile auch in seiner Sammlung.

Besondere Trikots: Das Uganda-Shirt (l.) ist Düerkops Lieblings-Trikot, mit dem Trikot von Guetemala begann seine Sammelleidenschaft.
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„Die verrückteste Geschichte, bei der es am Ende auch mit einem Trikot geklappt hat, passierte bei den Turks- und Caicosinseln, die in der Nähe von den Bahamas liegen. Über den kleinen Fußball-Verband hatte ich das Trikot schon organisiert, doch dann fegte ein Hurrikan über die Inseln und verwüstete auch das Verbands-Gebäude, inklusive des Trikots. Ich habe gespendet für den Wiederaufbau, habe mich immer wieder mit den Verantwortlichen ausgetauscht“, erzählt Düerkop. Und am Ende hat es geklappt: Das Trikot der Inselgruppe, auf der knapp 40.000 Menschen wohnen – aber auch Fußball spielen – ist nun in der Sammlung des Kerpeners.
„Und das macht auch den großen Reiz aus“, sagt Düerkop. „Die große Sammlung ist das Eine, aber die Geschichten hinter den Trikots, das macht den Spaß aus.“
Sammler wollte Klose-Trikot für tausende Euro kaufen
Neben dem Djibuti-Trikot, was viel Aufwand erforderte und das letzte war, um Düerkops Sammlung zu vervollständigen, hat der Kerpener auch einige besondere Stücke in seiner Sammlung. Die Kollektion, wenn man alle Trikots kaufen würde, schätzt er auf mindestens 10.000 Euro. „Für ein Trikot von Miroslav Klose wurde mir einmal eine vierstellige Summe angeboten“, sagt Düerkop. Der Stürmer trug das Shirt in seinem zweiten Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft und schoss nach der Einwechslung zwei Tore. Das Klose-Trikot hatte Düerkop früher selbst für ein Shirt von Belarus ertauscht.

Das wertvollste Trikot ist wohl ein Shirt von DFB-Stürmer Miroslav Klose, das er bei seinem zweiten Einsatz trug.
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„Früher war das noch viel mehr Flohmarkt-Mentalität“, erzählt Düerkop, „da ging gar nichts ohne tauschen und austauschen mit anderen Sammlern. Mittlerweile gibt es eine große Szene und viele Trikots lassen sich auch einfacher kaufen.“
Freut sich der Trikot-Sammler auf die WM in Katar?
Düerkop, der Forscher am Fraunhofer-Institut in Euskirchen ist, hat in seiner Sammlung nur Trikots von Nationalmannschaften, für Vereinsfußball konnte er sich nie begeistern: „Ich gucke ein bisschen auf Sankt Pauli, aber spannender fand ich immer die Nationalmannschaften.“ Viele Trikots könnte er auch bei der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar sehen.
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„Ich finde diese WM einfach nicht so spannend, aus vielen Gründen. Boykott klingt etwas zu groß, aber es ist einfach nicht interessant.“ Viel mehr sagt ihm da der Afrika-Cup zu: „Beim Afrika-Cup gibt es eine spannende Mischung aus Profis und Amateuren. Ich habe nie verstanden, warum man international und Amateur nicht auch in Europa geht. Es hat doch etwas, wenn Stürmer-Star Pierre-Emerick Aubameyang neben einem gabunischen Landsmann steht, der erst vor sechs Monaten begonnen haben soll, Fußball zu spielen.“
Ohnehin haben vor allem die afrikanischen Trikots es ihm angetan, das seien bunte und mutige Trikots und nicht so „langweilige weiße Lappen, wie bei vielen anderen Nationen“.
Trikot-Sammlung ist komplett – was nun?
Sascha Düerkop hat seine Sammlung vervollständigt – vorerst. Aber an ein Ende des Sammelns denkt er nicht: „Ich kann mich nicht so gut von Dingen trennen“, sagt er grinsend. „Und es gibt noch einige besondere Trikot-Perlen, die ich gerne noch in die Sammlung aufnehmen möchte.“
Ein bisschen Platz gibt es jedenfalls noch im begehbaren Kleiderschrank. Und auch immer wieder neue Trikots.