An der Sindorfer Mühlenfeldschule stand Demokratie auf dem Stundenplan. Kinderbuchautor Ahmet Özdemir war für eine Stunde Gastlehrer.
BildungKerpener Kinderbuchautor Ahmet Özdemir gibt Nachhilfe in Demokratie
Demokratie ist nicht immer leicht zu verstehen. Statt einer Person entscheiden viele. Mal gibt es Streit, mal gibt es Konsens. Und auch dann, wenn sich die andere Meinung am Ende durchsetzt, ist die Sicht des Unterlegenen wichtig. Diese Grundlagen der Demokratie vermittelt Kinderbuchautor Ahmet Özdemir auf seinen Workshops in Grundschulen. Die Redaktion hat ihn bei einem Workshop in der Mühlenfeldschule begleitet.
Als Özdemir die Klasse betritt, wissen die Drittklässler von nichts. Sie hatten gerade Schwimmunterricht. Es ist also ruhig in der Klasse. Einige spielen mit Mäppchen oder Stiften, andere kichern ein wenig. Ihre Lehrerin hat ihnen nicht erzählt, was in der nächsten Stunde passiert. Das spielt dem Kerpener Kinderbuchautor in die Hände.
Kinder dürfen über Klassenregeln diskutieren
Özdemir liest ein Kapitel aus seinem Kinderbuch „Ali und Anton: Voll ungerecht“ vor. Es geht um unterschiedliche Meinungen. Als Özdemir das Buch wieder zuklappt, wird es ernst – jetzt müssen die Kinder mitdenken. „Wisst ihr eigentlich, was Demokratie ist?“, fragt Özdemir. Ein Junge meldet sich. Er habe ein Video auf Youtube gesehen, sagt er. Das Wort komme aus dem Griechischen und habe etwas mit Wahlen zu tun. Ein anderer sagt, Demokratie bedeute Meinungsverschiedenheiten.
Es folgen weitere Kapitel aus Ali und Anton. Die Mäppchen auf den Tischen werden uninteressanter für die Kinder. Es geht um Regeln für die Klasse. Spätestens jetzt hat Özdemir die Aufmerksamkeit der Kinder. Wer einen Vorschlag machen möchte, fragt Özdemir. Die Kinder fordern zum Beispiel: Keine Beleidigungen, keine Gewalt und Fußballpausen. Ein Mädchen schlägt vor, dass jeder Schüler freitags sein Haustier mitbringen könne. Auch für schulfreie Wochen plädieren die Schüler. „Ihr dürft alle Ideen äußern, die ihr habt“, sagt Özdemir. „Aber die Klasse muss mit den Lehrern gemeinsam entscheiden, welche Idee sie umsetzen kann. Nicht alles ist in Ordnung. So ähnlich funktioniert das auch in einer Demokratie.“
Sindorfer Schüler kennen sich mit Demokratie aus
Als Özdemir fragt, wer Klassensprecher werden wolle, gehen fast alle Hände nach oben. Sie alle wollen für ihre Mitschüler im Klassenparlament sprechen. Der amtierende Klassensprecher scheint überwältigt von den vielen Herausforderern. Er kündigt an, wieder antreten zu wollen – und verspricht gleich, dass er beim nächsten Mal noch mehr organisieren werde.
Schulleiterin Heike Fuchs ist nicht überrascht davon, wie gut sich ihre Schützlinge in Özdemirs Workshop schlagen. „Alle Kinder an unserer Schule haben Vorbildung in Sachen Demokratie“, sagt Fuchs. Die Klassensprecher zum Beispiel würden sogar Wahlkampf machen, sich und ihre Ideen auf Plakaten vorstellen. „Die Kinder beweisen ein erstaunliches Gespür dafür, welche Kandidaten ihre Interessen gut vertreten“, sagt Fuchs.
Heutzutage sei es wegen der sozialen Medien besonders wichtig, Kinder zu befähigen, demokratische Inhalte selbst zu filtern und demokratisch zu handeln, erläutert die Schulleiterin. „Das lernen sie bei uns im Schülerparlament.“ Das Schülerparlament vertritt die Interessen der Schüler gegenüber den Lehrern – und das oft mit Erfolg. Auf einige der Ideen aus dem Schülerparlament ist Fuchs besonders stolz. So hätten die Schüler etwa für Wohlfühltage gekämpft. Zweimal im Schuljahr gibt es statt Unterricht Yoga, Meditation oder Kuscheltiere in der Klasse. „Wenn Kinder merken, dass ihre Interessen berücksichtigt werden, ist der Lernerfolg größer.“
Beim abschließenden Demokratiequiz erweisen sich die Kinder als demokratiefest. Sogar ihre Lehrerin schlagen sie einmal beim Quiz. Özdemir ist zufrieden. „Jetzt dürft ihr sagen, wie der Workshop euch gefallen hat“, sagt er zu den Kindern. „Auch wenn ihr ihn langweilig fandet. Das ist schließlich auch eine Meinung, die in einer Demokratie in Ordnung ist.“ Das ist nicht der Fall. Alle Daumen gehen nach oben.