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Gründe weiter unklarAbgelehnter Asylbewerber stach am Hürth-Park auf Mann ein

Lesezeit 3 Minuten
Der Eingang zum Amts- und Landgericht in Köln

Der Eingang zum Amts- und Landgericht in Köln

Am zweiten Prozesstag schilderte der Angeklagte, wie er sich von Marokko nach Deutschland durchgeschlagen hat. Seine Aussagen verstörten.

„Komm‘ mit nach Deutschland, das ist ein großartiger Staat!“ Das soll ein Freund im Frühjahr 2023 zu dem damals 24-jährigen Marokkaner gesagt haben, der sich jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten muss. Am zweiten Verhandlungstag stand der Lebensweg des Angeklagten, der auf dem Parkplatz neben dem Hürther Einkaufszentrum einen Mann mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben soll, im Blickpunkt.

Ein „Abenteuer“ nannte der Angeklagte seine Tour durch Europa, die am 20. November 2024 in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf endete. In einem mit 15 Personen besetzten Boot hatte der junge Mann aus Dakhla an der Atlantikküste am 17. September 2019 sein Heimatland verlassen. Ein neues Leben habe er beginnen wollen. Im Laufe der Erzählung steigerte sich der Angeklagte in Lachanfälle hinein, besonders, als er angab, durch Internet-Videos von dem „Wow-Leben“ auf den Kanarischen Inseln seien er und seine Freunde „berühmt“ geworden.

Köln: Gutachter hält den Angeklagten für verhandlungsfähig

Die 25. Strafkammer hegte Zweifel am Zustand des Angeklagten, so dass sich die Vorsitzende Dr. Isabel Voßgätter bei dem psychiatrischen Gutachter Stephan- Roloff-Stachel erkundigte, ob der Beschuldigte überhaupt verhandlungsfähig sei. Obwohl sich der trotz niedriger Temperaturen nur mit Muscle-Shirt und kurzer Hose bekleidete Mann, der nach eigenen Angaben nie eine Schule besuchte, „wenig erwachsen und der Situation unangemessen“ verhalte, äußerte der Gutachter keine Bedenken.

Für Irritationen sorgten darüber hinaus die Krücken des jungen Mannes, die zu Beginn der Sitzung krachend zu Boden gefallen waren. Die Beinverletzung will er sich bereits in Frankreich im Verlaufe einer Auseinandersetzung durch einen Tritt in einem Spiegel zugezogen haben.

Auf einem Parkplatz des Hürth-Parks ereignete sich die Tat.

Auf einem Parkplatz des Hürth-Parks ereignete sich die Tat.

Über Stationen in der spanischen Hafenstadt Alicante, wo der Angeklagte gegen Bargeld auf die Hand als Gärtner und Poolreiniger arbeitete und in der französischen Großstadt Rennes, wo er für eine Anstellung in der Baubranche einen gefälschten spanischen Pass vorwies, gelangte der heute 25-Jährige nach Kurzaufenthalten in Belgien und den Niederlanden im April 2023 ins Ruhrgebiet.

In Bochum will er erstmals einen Asylantrag gestellt haben. Zunächst wurde er Bielefeld zugewiesen, im Oktober 2023 dann Hürth. Bis zur Ablehnung seines Asylantrags ein Jahr später soll er 460 Euro Sozialhilfe monatlich bezogen haben.

Am zweiten Prozesstag blieb unklar, warum der Mann ein Messer zückte

Drei vom Amtsgericht übernommene Tatvorwürfe wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz am Ebertplatz in Köln räumte der Angeklagte über seinen Verteidiger Gundo Golla ein. Nicht jedoch einen Raub auf dem Eigelstein.

Ungeklärt bleibt vorerst, warum sich der Angeklagte im November 2024 am Hürth-Park auf den Boden warf, dann ein Messer aus dem Ärmel zog und seinen Kontrahenten lebensgefährlich verletzte. Zuvor waren beide Männer von der Security des Einkaufszentrums verwiesen worden, weil die beiden offenkundig Betrunkenen sich einen lautstarken Streit geliefert hatten.

Der Prozess wird im Mai fortgesetzt. Das Urteil soll am 19. Mai verkündet werden.