Vor elf Jahren hat Kultgastwirt Josef Mohr seine Gaststätte an der Hans-Böckler-Straße in Hürth-Kalscheuren geschlossen und sich in den Ruhestand verabschiedet. Verändert wurde dort seitdem nichts. Noch immer hängen die Fotos der zahlreichen Prominenten aus Film und Fernsehen, die dort einst ein und aus gegangen sind, an den Wänden. Am Veilchendienstag ist „Mohrs Jupp“, wie seine Gäste den Wirt liebevoll nannten, im Alter von 92 Jahren gestorben.

50 Jahre lang stand Mohr fast täglich von früh bis spät hinter der holzvertäfelten Theke, außer dienstags, da war Ruhetag. Die Gaststätte hatte der gebürtige Kalscheurener im Mai 1964 übernommen. Wie lange es sie schon gab, konnte der Wirt selbst nicht sagen. Solange er denken könne, habe es sie schon gegeben, erinnerte sich Mohr. Der Bahnhof und die Gaststätte seien die ersten Gebäude in Kalscheuren gewesen.

Hürth: Gaststätte Mohr war die erste Adresse für die Vereine

Viele Jahrzehnte war die Gaststätte Mohr im Ort erste Adresse für die Vereine. Im Saal wurden die Kalscheurener Tollitäten im Karneval proklamiert. Die Kicker des SC Kalscheuren, den Mohr 1949 mitgegründet hatte und der inzwischen im FC Hürth aufgegangen ist, feierten dort ihre Siege. Elf Kegelclubs, der Radsport- und der Taubenverein hatten an der Hans-Böckler-Straße einmal ihr Stammlokal bei Jupp Mohr, der von seiner Frau Rosemarie und seiner Tochter Andrea unterstützt wurde.

Aus der Dorfgaststätte wurde eine Promi-Kneipe mit Kultfaktor, als Mitte der 90er-Jahre die TV-Studios auf der anderen Straßenseite gebaut wurden. Thomas Koschwitz ging dort 1994 mit seiner Late-Night-Show auf Sendung, die er von Thomas Gottschalk übernommen hatte. Mit den Talkshow-Gästen kam er anschließend herüber zu Mohr.

In zwei dicken Gästebüchern haben sich Gäste wie der Comedian Ingo Appelt, die Sängerin Nena, Moderator Kai Pflaume und der Komiker Karl Dall mit Fotos und netten Zeilen verewigt. Jürgen von der Lippe hinterließ den Satz: „Die Fritten sind Granate!“ Inge Meysel schrieb: „Sowie ich nach Köln komme, ist es selbstverständlich, dass ich hier vorbeikomme.“ Die US-Schauspieler Ken Kercheval und Charlene Tilton (Cliff Barnes und Lucy Ewing aus der TV-Serie „Dallas“) standen bei Mohr an der Theke. Rudi Carrell feierte im Saal seinen 60. Geburtstag. Und Heino flipperte mit seiner Frau Hannelore am Automaten.

Viele Fernsehteams haben in der Gaststätte in Kalscheuren gedreht

Viele Fernsehteams haben im Schankraum und im Saal gedreht, Jupp Mohr war mehrfach selbst Gast im Fernsehstudio. Als die Talkshow 1995 eingestellt wurde, wurde es ruhiger bei Mohr. Aber es schauten immer mal wieder prominente Gäste vorbei. Und die Stammgäste blieben dem Wirt treu.

Im Januar 2014 drehte Jupp Mohr, inzwischen 81 Jahre alt, den Zapfhahn zu. „Ich spüre mein Alter in allen Knochen“, sagte der Wirt, der an der Theke selbst keinen Alkohol trank. Trotzdem war er anfangs noch jeden Tag in seiner Gaststätte, erinnert sich seine Tochter Andrea Mohr: „Er konnte schlecht loslassen und wollte auch nicht, dass etwas verändert wurde.“ Auch deshalb habe es nie einen neuen Pächter gegeben.

Der Saal wird aber seit 2016 von einem Verein als Tanzsport-Zentrum genutzt. Und im verwaisten Gastraum trifft sich einmal im Monat die Nachbarschaft. Die Trauerfeier für Josef Mohr ist am Dienstag, 25. März, um 11 Uhr auf dem Friedhof in Kendenich.