Verkehr im RheinlandHGK erweitert Netzleitzentrale in Hürth für 3,5 Millionen Euro
- Die Häfen und Güterverkehr Köln AG baut das Stellwerk Kendenich aus.
- Aus Hürth wird künftig das Netz rund um Köln und Bonn kontrolliert.
- Was es braucht, um ein 247 Kilometer langes Netz rund um Köln und Bonn zu überwachen.
Hürth – In einem Backstein-Zweckbau an den Gleisen in unmittelbarer Nähe des Bahnübergangs Ursulastraße schlägt das Herz der Häfen und Güterverkehr Köln AG. Im von außen unscheinbaren Stellwerk Kendenich ist die Netzleitzentrale untergebracht. Gut 30 Mitarbeiter steuern und überwachen in drei Schichten rund um die Uhr den Stadtbahn- und Güterzugverkehr auf den 247 Kilometern HGK-Gleisen zwischen Köln und Bonn.
Doch inzwischen ist es eng geworden auf der Leitstelle, die einmal für vier Fahrdienstleiter ausgelegt war. Für rund 3,5 Millionen Euro lässt die HGK deshalb ans Stellwerk anbauen.
Das Stellwerk in Kendenich habe schon früher zu den modernsten Einrichtungen des Gleisnetzbetreibers und seiner Vorläufer gehört, berichtet Günther Wichum, Leiter der Abteilung Netzbetrieb bei der HGK. Errichtet wurde es ab 1984 für den Stadtbahnbetrieb auf den Gleisen der Vorgebirgsbahn zwischen Köln und Bonn. Das erstes elektronische Stellwerk bei einer deutschen Privatbahn wurde im November 1986 in Betrieb genommen.
Platzbedarf wächst für zentrales Stellwerk
Im Zuge der Aufrüstung der Gleisstrecken mit digitaler Technik entschied sich die HGK im Jahr 2000 dafür, Kendenich zur zentralen Netzleitzentrale auszubauen. Die Fahrdienstleiter auf den früheren Stellwerken in Köln-Niehl, Köln-Bickendorf, Frechen, Brühl-Vochem und Wesseling zogen in den Jahren darauf mit ihren Arbeitsplätzen nach Hürth.
Neue Signaltechnik
247 Kilometer lang sind die Gleise, die zum HGK-Netz gehören. Die Schienen verteilen sich auf 102 Kilometer Strecke. Die Stadtbahnen legen auf den HGK-Gleisen jährlich rund drei Millionen Kilometer zurück. Dazu kommen 186 000 Kilometer im Güterzugverkehr. Parallel zum Ausbau der Netzleitzentrale lässt die HGK aktuell auch die Signaltechnik entlang einiger Gleistrassen erneuern, darunter auch auf der Stadtbahnlinie 18. (aen)
„Mit den Aufgaben wächst der Platzbedarf“, sagt Netzchef Wischum. Zum ersten Mal wurde das Stellwerk in Kendenich 2007 umgebaut. Mitte 2019 begannen dann die Vorbereitungen für die nun vorgesehene Erweiterung, mit der das Stellwerk auch zukunftssicher gemacht werden soll. Denn angesichts von Klimawandel und Verkehrswende werde der Schienenverkehr immer wichtiger.
Die erste „technische Meisterleistung“ sei bereits geschafft, berichtet Wischum. Bei laufendem Bahnbetrieb wurde die Leitwarte in Container verlegt, die vor dem Stellwerksgebäude stehen. Ein Mitarbeiter nach dem anderen zog um, sobald der Arbeitsplatz mit den Servern im Altbau verkabelt war. In einem abgedunkelten provisorischen Großraum sitzen jetzt pro Schicht fünf Fahrdienstleiter und ein Service-Mitarbeiter vor insgesamt 120 Bildschirmen, auf denen Netzpläne und Fahrbewegungen der Stadtbahnlinien 7, 16, 17 und 18 sowie von zahlreichen Güterzügen angezeigt werden. Außerdem flimmern Livebilder von Stadtbahnhaltestellen und Bahnübergängen über die Monitore, die von 200 Kameras erfasst werden. Per Mausklick steuern die Fahrdienstleiter auf ihrer jeweiligen Strecke 634 Signale, 472 Weichen und die Schranken oder Lichtzeichen an 105 Bahnübergängen. Auch das Fahrgastinformationssystem wird zentral aus Hürth bedient.
Neubau auf Stelzen
Unterdessen haben nebenan vor dem Stellwerk die Tiefbauarbeiten für den Anbau begonnen; der Altbau ist bereits teilweise entkernt worden. Der Neubau wird auf vier Stelzen ruhen, die auf einer 80 Zentimeter dicken Betonplatte stehen; so soll das Gebäude erdbebensicher gemacht werden. Die neue Leitstelle wird über doppelt so viel Fläche verfügen.
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Die Arbeitsplätze sind geräumiger, die Büromöbel Spezialanfertigungen. Viel Wert werde auf Raumklima und Beleuchtung gelegt, sagt Wischum. „Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen, schließlich gehen sie einer sehr verantwortungsvollen Tätigkeit nach“, sagt der Netzchef. Ihnen obliege die Sicherheit der Fahrgäste und Güter. Wischum vergleicht den Beruf des Fahrdienstleiters mit dem des Fluglotsen. „Nur, dass viele nicht wissen, was hier im Stellwerk geleistet wird.“
Durch den Neubau soll das Stellwerk mit Fahrstuhl barrierefrei werden. Die Parkplätze werden mit Ladesäulen für Elektrofahrzeuge und Abstellplätze für Fahrräder errichtet – denn mit der Bahn ist der Arbeitsplatz im Stellwerk nicht leicht zu erreichen. Ende des Jahres soll der Neubau fertiggestellt werden, anschließend werden das Gebäude eingerichtet und die Technik installiert. Unter anderem werde es eine Videowand geben, auf der größere Netzabschnitte dargestellt werden können, so Wischum. Nach Karneval 2021 soll die Netzleitzentrale in Betrieb gehen.